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Branchen | Ukraine | Erneuerbare Energie

Erneuerbare Energien genießen Ausbaupriorität

Das Potenzial der Ukraine bei erneuerbaren Energiequellen beläuft sich auf rund 870 Gigawatt. Bereits 2035 soll die Hälfte des erzeugten Stroms grün sein, auch mit deutscher Hilfe.

Von Michał Woźniak | Berlin

Die ukrainische Regierung plant bis 2032 in ihrem Wiederaufbauplan den Bau von 30 Gigawatt Kapazitäten bei erneuerbaren Energiequellen. Im Vergleich zum Januar 2022 - mit einer installierten Kapazität von weniger als 12 Gigawatt - wäre dies beinahe eine Verdreifachung.

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Marktliberalisierung eröffnet Stromproduzenten neue Vertriebskanäle

Am 1. Juli 2023 trat ein Gesetz zur Liberalisierung des Energiemarktes in Kraft. Ein freierer Strommarkt, die Aufhebung von Preisbeschränkungen und der geplante Aufbau einer Exportwirtschaft würden laut dem Stromerzeuger DTEK den Markteintritt von Erzeugern erneuerbarer Energien fördern. Derzeit erhalten diese nur 40 bis 45 Prozent der zustehenden Zahlungen vom Staat. Laut Alexander Podprugin, stellvertretender Leiter des Ukrainischen Windenergieverbandes,

"beträgt die Gesamtkapazität der [Wind-]Projekte, die fast baureif sind und zwischen 2025 und 2027 in Betrieb genommen werden könnten, 6 Gigawatt".

DTEK nutzt bereits die neu eröffneten Verkaufskanäle, um den Strom aus seinem Ende Mai 2023 eröffneten Windpark Tyligulska abzusetzen. Aktuell erzeugen 19 Windräder 144 Megawatt Leistung. In einer zweiten Phase sollen Vestas-Turbinen insgesamt 384 Megawatt generieren. Für das Vorhaben im Wert von bis zu 400 Millionen Euro werden laut Firmenchef Maksym Timchenko Investoren gesucht.

Laut dem Nachrichtenportal Ecopolitic wird in der Region Riwne ein Windpark geplant. Das Unternehmen Vitropark Zahidnyi-R plant den Bau von 54 Windrädern mit jeweils einer Höhe von 160 Metern und einer Gesamtleistung von 320 Megawatt. Die Windkraftanlage befindet sich derzeit in der Projektierungsphase. Der Bau soll 2025 beginnen und 18 Monate dauern.

Deutsche Projektentwickler bei Wind und Solar mit dabei

Mitte September 2023 erneuerte die Potsdamer Firma Notus Energy ihr Commitment zur Ukraine. Die Firma stellte bereits 2019 Pläne für drei Windparks mit insgesamt 270 Megawatt installierter Leistung unweit der Hafenstadt Odessa vor. Am Rande einer Ukrainereise von Außenministerin Annalena Baerbock unterzeichneten Firmenvertreter eine gemeinsame Absichtserklärung mit Vertretern der ukrainischen Regierung sowie Ukrenergo über die Entwicklung eines Windparks in der Sperrzone von Tschernobyl.

Angedacht sind nach einer ersten Machbarkeitsstudie Kapazitäten von bis zu 1 Gigawatt Windenergie. Laut einer offiziellen Stellungnahme des Unternehmens biete der unbewohnte Standort zahlreiche Vorteile. Er sei sozial und ökologisch konfliktarm und könne durch die Modernisierung der alten Kraftwerksinfrastruktur Strom direkt in die Metropolregion Kiew liefern.

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Die Firma Goldbeck Solar gab Anfang 2023 bekannt, binnen fünf Jahren 500 Megawatt Solarkapazitäten in der Ukraine aufbauen zu wollen. Laut der Finanz- und Investitionsleiterin Olga Kovalchuk laufen derzeit Gespräche mit Kreditgebern und Partnern vor Ort. Während der Außenwirtschaftstage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstrich sie die Verbesserung des Investitionsklimas dank der Liberalisierung des Energiemarktes in der Ukraine, sowie der Instrumente zu Investitionsabsicherungen der Bundesregierung.

Stromerzeuger hoffen auf Abbau von Hürden

Aktuell bremsen noch zahlreiche Hürden die Investitionen. Der ukrainische Finanzmarkt unterliegt kriegsbedingten Beschränkungen und bietet daher nur kurzfristige Finanzierungsinstrumente an. Der Rechtsrahmen muss stabiler und transparenter werden. Internationale Förderung und Absicherungsprogramme sollten besser aufeinander abgestimmt werden. Zudem wünscht sich Olga Kovalchuk eine Liste "sicherer Standorte", in denen keine unmittelbaren Kriegshandlungen zu erwarten sind. Dies soll die Prüfung von Anträgen für erneuerbare Quellen beschleunigen.

Auch die Integration der Ukraine ins europäische Emissionshandelssystem wäre von Vorteil, weil sie zur Bankability, also der Finanzierungswürdigkeit des Projekts, beitragen würde, so Olga Kovalchuk. Der noch vor dem Krieg ins Leben gerufene "Garantierte Verkäufer" - ein staatlicher Mittelsmann zwischen Energieerzeugern und -abnehmern, der den Absatz der gesamten grünen Stromproduktion sicherte - hatte im September 2023 rund 840 Millionen Euro Schulden gegenüber den Betreibern von Solar- und Windenergie. Diese muss nun Ukrenergo begleichen, nachdem sie den "Garantierten Verkäufer" übernahm.

Solar läuft in kleinem und großem Maßstab

Sonnenenergie ist auch für DTEK ein wichtiger Baustein seiner Ausbaupläne. Bis 2030 will der private Stromerzeuger seine grünen Kapazitäten auf 2 GW verdoppeln. Das Projekt in Trifanivska in der Region Mykolajiw zeugt dabei von den Gefahren im Krieg. Der 10 MW große Solarpark fiel zeitweise unter russische Besatzung und wurde schwer beschädigt. Die Instandsetzung dauerte vier Monate und beanspruchte einen Großteil des rund 39 Millionen Euro umfassenden Reparaturbudgets für 2023. Weil aber auch ein Umspannwerk und die Netzinfrastruktur unter den russischen Angriffen gelitten haben, konnte weniger als die Hälfte der zu 50 Prozent wiederhergestellten Erzeugerkapazitäten eingespeist werden.

Solarenergie wird auch im kleineren Maßstab erzeugt. In der Stadt Winnyzja, die den landesweit ersten kommunalen grünen Fahrplan mit konkreten Zielen für einzelne Bezirke und finanziellen Hilfen für Firmen verabschiedet hat, installierte Aurora Multimarket auf einem Verteilcenter für rund 500.000 Euro Solarpaneele mit 350 Kilowatt (KW) Leistung. Sie sollen 30 Prozent des eigenen Strombedarfs decken und bei Überproduktion das lokale Stromnetz beliefern. Bereits im Sommer 2023 vollendete die Ladenkette Epicentr K ähnliche Anlagen an zwei Läden in Winnyzja. Zusammen mit drei weiteren in Kiew verfügt sie nun über Kapazitäten von 6 MW.

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