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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Außenhandel, Struktur

EU-Nachbarn werden zu immer wichtigeren Handelspartnern

Der russische Angriffskrieg hat die Struktur des ukrainischen Außenhandels weiter verändert. Russland spielt keine Rolle mehr, die Bedeutung der Europäischen Union ist immens.

Von Verena Matschoß | Bonn

Die dramatischen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die ukrainische Wirtschaft zeigen sich auch beim Außenhandel. Im vergangenen Jahr ist der Warenumsatz um 27 Prozent gesunken. Hätten die beiden Vorkriegsmonate Januar und Februar 2022 nicht vergleichsweise gute Ergebnisse gebracht, wäre der Einbruch noch größer gewesen. Während die Ausfuhren weiter zurückgehen, stabilisierte sich in den ersten vier Monaten 2023 zumindest der Einfuhrwert. 

Importe nehmen wieder zu

Von Januar bis April 2023 stieg der ukrainische Importwert laut ukrainischem Zoll um ein Fünftel. Vor allem die anziehenden Lieferungen von Maschinen, Fahrzeugen, chemischen Produkten, Lebensmitteln und sonstigen Warengruppen stützten dieses Ergebnis. Aufgrund der allmählich steigenden Nachfrage im Inland wird sich der Trend vermutlich im Gesamtjahr fortsetzen. Im Jahr 2022 gingen die Importe noch um 19 Prozent zurück.

Importe der Ukraine nach wichtigen Warengruppen (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

Warenkategorie

HS-Kapitel

Januar bis April 2023

Veränderung Januar bis April 2023/
Januar bis April 2022

Gesamt

20.342

21

Maschinen, Anlagen, Transportmittel

84-90

5.783

34

Mineralische Brennstoffe

27

4.496

-2

Chemische Produkte, Kunststoff, Kautschuk

28-40

3.763

15

Lebensmittel

1-24

2.336

28

Sonstige Warengruppen

1.511

155

Metalle, Metallwaren

72-83

908

15

Textilien, Textilwaren, Schuhe 

50-67

888

15

Holz, Holzwaren, Papier, Pappe

44-49

320

4

Waren aus Steinen, Keramik, Glas etc.

68-70

184

9

Häute, Felle, Leder

41-43

83

21

Mineralische Produkte

25-26

72

-39

Quelle: Ukrainischer Zoll 2023

Exporte weiter im Sinkflug

Bei den Exporten zeigt sich ein gegensätzliches Bild. In den ersten vier Monaten 2023 ging ihr Wert gegenüber der Vorjahresperiode um ein Fünftel zurück. Damit setzt sich der Abwärtstrend fort. Im Gesamtjahr 2022 sanken die Ausfuhren um über ein Drittel. Der immense Rückgang seit Kriegsbeginn hängt vor allem mit den Problemen in der Metallindustrie und der Blockade der Seehäfen zusammen. Erze und Metalle sind wichtige Exportgüter der Ukraine. Deren Herstellung liegt deutlich unter Vorkriegsniveau, da Produktionsstätten entweder zerstört wurden oder in besetzen Gebieten liegen.

Zudem erschwert die Blockade der Seehäfen generell die Ausfuhr. Während einige Häfen am Schwarzen Meer im Rahmen des Getreideabkommens wieder Agrargüter abfertigen, können weiterhin keine anderen Waren über See transportiert werden. Der Seeweg war vor dem Krieg für die Ukraine der wichtigste Exportkanal. Die schwächere Ernte 2022 wird auch die Getreideexporte dieses Jahr dämpfen. 

Exporte der Ukraine nach wichtigen Warengruppen (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

Warenkategorie

HS-Kapitel

Januar bis April 2023

Veränderung Januar bis April 2023/
Januar bis April 2022

Gesamt

13.334

-20

Lebensmittel

1-24

8.475

15

Metalle, Metallwaren

72-83

1.289

-58

Maschinen, Anlagen, Transportmittel

84-90

1.070

-35

Mineralische Produkte

25-26

646

-63

Holz, Holzwaren, Papier, Pappe

44-49

593

-22

Sonstige Warengruppen

430

12

Chemische Produkte, Kunststoff, Kautschuk

28-40

408

15

Textilien, Textilwaren, Schuhe

50-67

172

-44

Mineralische Brennstoffe

27

127

-59

Waren aus Steinen, Keramik, Glas etc.

68-70

94

-24

Häute, Felle, Leder

41-43

32

-36

Quelle: Ukrainischer Zoll 2023

EU wird als Handelspartner immer wichtiger

Ein Großteil der ukrainischen Waren muss über den Landweg in Richtung Westen transportiert werden. Das stärkt die Position der Europäischen Union als wichtigsten Handelspartner. Die Hälfte der Einfuhren und 60 Prozent der Ausfuhren wickelte die Ukraine in den ersten vier Monaten 2023 laut Zollbehörde mit der EU ab. Durch den kompletten Einbruch des Handels mit Russland und aufgrund der Schwierigkeiten in der Logistik wird die EU immer wichtiger. 

Zudem hat Brüssel die Quotenregelung für ukrainische Agrarprodukte aufgehoben und Solidaritätskorridore eingerichtet, um die ukrainische Wirtschaft zu stützen. Als Folge verdoppelten sich die EU-Einfuhren von ukrainischen Agrarprodukten im vergangenen Jahr. Dank des vertieften Freihandelsabkommen dürfen bereits seit 2016 fast alle Waren zollfrei zwischen der EU und der Ukraine gehandelt werden. 

Dagegen haben sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum einst wichtigsten Handelspartner Russland schon seit dem Euromaidan Ende 2013 stark abgekühlt. Zuvor wickelte die Ukraine rund ein Drittel ihres Handels mit dem Nachbarland ab.

Das Vakuum füllt nicht nur die EU, sondern auch China. Stand das Reich der Mitte 2012 erst für 9 Prozent der ukrainischen Importe und für 3 Prozent der Exporte, so waren es 2021 bereits 15 und 12 Prozent.

China bleibt trotz des Krieges Hauptlieferant

In den ersten vier Monaten 2023 behauptete sich China als wichtigstes Lieferland der Ukraine. Rund 16 Prozent der Einfuhren stammten von dort. Polen folgte an zweiter Stelle mit einem Anteil von rund 10 Prozent an den ukrainischen Importen. Deutschland war von Januar bis April 2023 das viertwichtigste Lieferland, ganz knapp hinter der Türkei. 

Neben den drei EU-Nachbarn Polen, Rumänien und Ungarn schafften es bei den ukrainischen Exporten China und die Türkei in die Top-5 der Hauptabnehmer. Vor allem wegen der Seeblockade haben die Ausfuhren in wichtige Länder außerhalb der EU abgenommen. So verringerten sich die Exporte nach China im Jahr 2022 um etwa 70 Prozent. China stand 2022 nur noch für 6 Prozent der Ausfuhren.

Deutschland unter den Top-5-Lieferländern

Deutschland war 2022 das drittwichtigste Lieferland für die Ukraine. Die deutschen Ausfuhren sind im Kriegsjahr um rund 11 Prozent gesunken, die Einfuhren sogar um 1 Prozent gestiegen.

Für den Anstieg bei den Importen aus der Ukraine waren vor allem Lebensmittel, Rohstoffe, Bekleidung und Elektrotechnik verantwortlich. Die Lieferungen von Getreide wuchsen beispielsweise um über 200 Prozent auf 171 Millionen Euro. Allerdings spielte dabei der Preiseffekt eine Rolle. Die Einfuhren von Holz zum Beispiel stiegen vom Gewicht her nur um 8 Prozent, wertmäßig aber um 56 Prozent. 

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