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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Krieg in der Ukraine

In der Ukraine klettert der Leitzins auf 25 Prozent

Die Nationalbank der Ukraine hat den Leitzins um 15 Prozentpunkte angehoben. Der drastische Zinsschritt soll die Preisstabilität sichern und die Landeswährung stärken.

Von Gerit Schulze | Berlin

Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges hat die Nationalbank der Ukraine (NBU) den Leitzins angehoben. Der Refinanzierungssatz kletterte zum 3. Juni 2022 gleich von 10 auf 25 Prozent. So hoch stand der Leitzins zuletzt im Jahr 2015. Seitdem war er kontinuierlich gesunken und erreichte im Sommer 2020 mit 6 Prozent seinen vorläufig niedrigsten Wert.

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Bei einem Briefing erläuterte Nationalbankchef Kyrylo Schewtschenko den außergewöhnlich starken Zinsschritt. Nach seiner Einschätzung könnten die Marktteilnehmer und Privathaushalte nur auf diese Weise davon überzeugt werden, wieder Spareinlagen zu bilden und Hrywnja-Anleihen zu kaufen. Außerdem hoffe er, damit die Preissteigerungen in den Griff zu bekommen.

Krieg treibt Preise in die Höhe

Die Inflation stieg im April 2022 auf 16,4 Prozent im Jahresvergleich. Nach vorläufigen Schätzungen der NBU legte die Teuerungsrate im Mai nochmals zu. Gründe sind nach Angaben von Währungshüter Schewtschenko die erhöhten Kosten für Transport und Logistik in Kriegszeiten, die erschwerten Einfuhren und geringere Warenproduktion sowie die hohen Energiepreise. Für die nächsten drei Monate erwartet die NBU daher keine Entspannung bei der Inflation.

Wegen der hohen Preissteigerung schichten immer mehr Haushalte ihre Ersparnisse in Devisen um, um so der Geldentwertung zu entkommen. Die Nationalbank muss daher mit ihren Währungsreserven intervenieren. Im März und April 2022 gab die NBU dafür jeweils rund 2 Milliarden US-Dollar (US$) aus, im Mai sogar 3,4 Milliarden US$. Die Gold- und Devisenreserven des Landes sind seit Jahresbeginn bereits um 4 Milliarden US$ geschrumpft.

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Die NBU hatte gleich nach Kriegsbeginn den Wechselkurs der Landeswährung bei 29,25 Hrywnja je US$ fixiert, um eine unkontrollierte Abwertung zu vermeiden. Die Wechselstuben durften davon maximal um 10 Prozent abweichen. Seit 21. Mai 2022 sind diese Beschränkungen aufgehoben, der offizielle Kurs bleibt aber beim vorherigen Wert fixiert. In der Praxis verlangen die Wechselstuben in Kiew zurzeit rund 36 Hrywnja für 1 US-Dollar.

Nationalbank will Vertrauen in Landeswährung stärken

Der hohe Leitzins soll nun nach den Vorstellungen der NBU dafür sorgen, dass die Bevölkerung wieder Vertrauen in die Landeswährung fasst. Denn Spareinlagen in Hrywnja könnten künftig Zinserträge erbringen, die über der Inflationsrate liegen. Aktuell zahlen die ukrainischen Banken laut dem Finanzportal Minfin.com.ua durchschnittlich nur 8,5 Prozent Zinsen, wenn das Geld ein Jahr lang fest angelegt wird. Das ist lediglich die Hälfte der Teuerungsrate.

Die Nationalbank hofft außerdem, dass die ukrainischen Staatsanleihen durch höhere Zinssätze wieder attraktiver für Anleger werden. Zugleich verteuert sich aber auch die Kreditvergabe an Unternehmen, was der ohnehin angeschlagenen Wirtschaft weiteren Schaden zufügen könnte.

Die Betriebe müssen daher verstärkt auf subventionierte Kreditlinien des Staates zurückgreifen. Schon im Mai 2022 verzeichnete das ukrainische Wirtschaftsministerium einen Rekordansturm auf ein Staatsprogramm, das erschwingliche Darlehen mit Zinssätzen von 5, 7 und 9 Prozent pro Jahr ermöglicht. Die Hälfte der Antragsteller kam aus der Agrarwirtschaft.

Erste Bank zahlungsunfähig

Die Nationalbank der Ukraine hat am 2. Juni 2022 die Charkiwer Megabank für zahlungsunfähig erklärt. Die Entscheidung hänge mit der Kreditvergabe vor Kriegsbeginn und mit Verstößen gegen Auflagen zusammen, teilte die Notenbank mit. Die Megabank gehört mehrheitlich dem Unternehmer Viktor Subbotin. Mit jeweils 11,3 Prozent sind auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie die deutsche Förderbank KfW beteiligt. Das Geldinstitut ist die Nummer 24 der 69 aktiven ukrainischen Banken. Anfang 2022 hatte die Megabank 154 Filialen im Land und knapp 730.000 Kunden.

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