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Branchen | Ungarn | Landwirtschaft

Marktchancen

Investitionen der Agrarbetriebe und Umstellung auf moderne Technologien bieten Chancen.

Von Waldemar Lichter | Budapest

Der Agrarsektor wird nach Meinung von Fachleuten in den nächsten Jahren einige Herausforderungen meistern müssen. Das wird auch ausländischen Unternehmen Liefer- und Kooperationschancen bieten. Zum einen wird sich die Landwirtschaft auf höhere Anforderungen, etwa bezüglich Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder Tierwohl einstellen müssen. Auch die Auswirkungen von Klimaveränderungen müssen bewältigt werden.

Biolandwirtschaft noch schwach

Zum anderen muss sie auch den veränderten Nachfrage- und Verbraucheranforderungen gerecht werden. Das gilt beispielweise für Produkte höherer Qualität und Erzeugnisse aus biologischem Anbau. Derzeit findet nach Schätzungen auf weniger als 6 Prozent der Agrarflächen biologischer Anbau statt. Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts GKI sind aktuell nur etwa 5.000 Betriebe im ökologischen Landbau tätig. Deren Zahl sei seit 2018 sprunghaft angestiegen, so GKI.

Nach Angaben von Landwirtschaftsminister István Nagy gehöre der biologische Anbau zu einer der Prioritäten der ungarischen Agrarpolitik. Die so bewirtschaftete Anbaufläche soll zwischen 2010 und 2020 bereits um 250 Prozent auf 300.000 Hektar gestiegen sein. Für diesen Bereich werden regelmäßig Fördermittel zur Verfügung gestellt. Für die Kontrolle und Zertifizierung der Bioproduktion in Ungarn ist das Unternehmen Biokontroll Hungária Nonprofit Kft. zuständig.

Zu wichtigen Zukunftsaufgaben des Agrarsektors wird die Verbesserung der Qualität, die Sicherung ausreichender Mengen und der Liefertreue der von ungarischen Agrarbetrieben erzeugen Rohstoffe und Vorprodukte gehören. Die Anforderungen der Kunden, sowohl aus Ungarn als auch aus dem Ausland, werden nur zum Teil erfüllt. Sie beklagen häufig zu schwankende Qualität und zu geringe garantierte Liefermengen.

Digitalisierung wird kommen

Ein großes Zukunftsthema wird die Digitalisierung und die Präzisionslandwirtschaft (precision farming) sein. Im Herbst 2019 verabschiedete die Regierung eine eigene Strategie zur Digitalisierung des Agrarsektors. Ziel ist es, die landwirtschaftlichen Betriebe an die Möglichkeiten und den Einsatz digitaler Instrumente heranzuführen. Dazu gehört auch die Nutzung von Drohnen in der Landwirtschaft. Noch 2022 soll eine Strategie zur Entwicklung der Drohnenindustrie und entsprechender Dienstleistungen verabschiedet werden.

Angepackt werden muss das Thema E-Commerce im Agrarsektor, um den Agrarbetrieben bessere Vermarktungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Die Coronapandemie hat vor Augen geführt, dass dieser alternative Vermarktungsweg ausgebaut werden sollte. Zu den Zielen der Regierungspolitik gehören ferner die Förderung von Junglandwirten und die Unterstützung des Generationswechsels. 

EU-Fördergelder stützen die Modernisierung

Zur Finanzierung von Entwicklungsprogrammen und Investitionen stehen dem ungarischen Agrarsektor umfangreiche Mittel aus dem EU-Haushalt zur Verfügung. Es handelt sich dabei um Gelder, die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Common Agricultural Policy; CAP) an die Mitgliedsländer ausgezahlt werden.

In der EU-Finanzierungsperiode 2021 bis 2027 stehen Ungarn im Rahmen von CAP zum einen rund 8,9 Milliarden Euro aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL; Direktzahlungen und Marktmaßnahmen), zum anderen etwas mehr als 3 Milliarden Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zur Verfügung. Die ungarische Regierung hat beschlossen, die zusätzliche nationale Co-Finanzierung dieser Projekte von 17,5 auf 80 Prozent aufzustocken.

Darüber hinaus legt die Regierung zahlreiche andere eigene aus dem Staatshaushalt finanzierte Programme auf, die entweder ganz oder in deren Rahmen auch Investitions- und Entwicklungsprojekte im Agrarsektor finanzieren. Dazu gehören beispielsweise Vorhaben zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft oder die Förderung von kleinen Agrarbetrieben. 

Betriebsmittel und Investitionen werden auch von einer Reihe ungarischer Banken finanziert. Zu nennen sind die Erste Bank mit ihrem Kompetenzzentrum und die OTP. Der Agrarsektor wird auch zu den Schwerpunkten der kürzlich entstandene Magyar Bankholding gehören, einem Zusammenschluss der drei Institute Takarékbank, MKB Bank and Budapest Bank sowie der staatlichen Förderbank Hungarian Development Bank MFB.

Nach Einschätzung von Fachleuten verfügen die Agrarbetriebe über ausreichend Möglichkeiten, ihre Vorhaben zur Modernisierung oder Erweiterung zu finanzieren. Allerdings würden die vorhandenen Fördermittel häufig nicht zielgerichtet genutzt - etwa zur Steigerung der Effizienz oder Produktionsqualität, sondern für weniger sinnvolle Beschaffungen, wie etwa für teurere Geländefahrzeuge, so Kritiker.

Ungarn verfügt zwar im begrenzten Umfang und Sortiment über eine eigene Produktion von Agrarchemie und Landmaschinen. Der größte Teil des Bedarfs wird jedoch durch Einfuhren gedeckt. So stiegen die Importe von Landmaschinen von rund 318 Millionen Euro 2015 auf 387 Millionen Euro 2020 und die von Ackerschleppern im gleichen Zeitraum von 174 Millionen auf 296 Millionen Euro. Aus Deutschland stammten dabei 2020 rund 38 beziehungsweise 36 Prozent der Einfuhren.

Bei Mineraldünger kann Ungarn nur einen Teil des Bedarfs aus lokaler Produktion decken. Die ungarischen Einfuhren von Mineraldünger sanken zwischen 2015 und 2020 von 335 Millionen auf 300 Millionen Euro. Aus Deutschland stammten dabei 2020 rund 7,6 Prozent der Einfuhren. Die Importe von Pflanzenschutzmitteln legten dagegen im gleichen Zeitraum von 356 Millionen auf 450 Millionen Euro zu. Der Anteil Deutschlands belief sich 2020 auf 10,7 Prozent.

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