Wirtschaftsumfeld | Ungarn | Konjunktur
Verbrauch und Investitionen treiben Wirtschaftswachstum an
Ungarns Wirtschaft hat die Coronakrise weitgehend überwunden. Die Regierung rechnet für die nächsten Jahre mit hohem Wachstum – dank starken Konsums und hoher Investitionen.
21.01.2022
Von Waldemar Lichter | Budapest
Die ungarische Wirtschaftsleistung wird in den kommenden Jahren kräftiger zulegen als zunächst erwartet. In seiner Ende Dezember 2021 veröffentlichten Wachstumsprognose für die Jahre 2021 bis 2025 geht das Finanzministerium für 2022 von einer realen Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,9 Prozent und in den darauffolgenden Jahren von jeweils über 4 Prozent aus. Ungarns Wachstum wird damit deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegen.
20201) | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
---|---|---|---|---|---|---|
BIP | -4,7 | 6,4 | 5,9 | 4,3 | 4,0 | 4,2 |
Privater Verbrauch | -2,0 | 3,6 | 6,7 | 4,2 | 4,0 | 3,9 |
Bruttoanlageinvestitionen | -6,9 | 8,3 | 7,4 | 5,8 | 4,2 | 4,1 |
Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen | -5,9 | 9.0 | 8,2 | 7,1 | 6,3 | 7,7 |
Einfuhren von Waren und Dienstleistungen | -3,5 | 7,1 | 8,8 | 7,2 | 5,9 | 6,9 |
Kräftiger Konsum
Einen großen Anteil daran wird der Verbrauch privater Haushalte haben. Dazu trägt nicht nur die allgemeine Konjunkturerholung bei. Auch Maßnahmen der Regierung, vor allem umfangreiche steuerliche Erleichterungen und Abgabenentlastungen, wirken sich günstig auf die verfügbaren Einkommen der Privathaushalte aus.
So entfällt beispielsweise für Jugendliche unter 25 Jahren die Einkommensteuer, Familien mit Kindern erhalten Steuerrückerstattungen, die Rentenbezüge steigen und der gesetzliche Mindestlohn wird angehoben. Diese Maßnahmen werden laut Berechnungen des Finanzministeriums 1,63 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum beitragen.
Ungebremste Investitionsdynamik
Ähnlich stark wie der Verbrauch werden in den nächsten Jahren die Investitionen wachsen. Zwar sollen die öffentlichen Investitionen und die staatlichen Fördermaßnahmen 2022 gekürzt werden. Vorgesehen ist, umgerechnet rund 2 Milliarden Euro einzusparen, indem öffentliche Vorhaben verschoben oder auf einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Die Regierung möchte so das Haushaltsdefizit beziehungsweise die Staatsverschuldung verringern und die öffentlichen Finanzreserven erhöhen.
Die hohe Dynamik der Investitionen werde dadurch nach Einschätzung des Finanzministeriums jedoch insgesamt gesehen nicht gedämpft. Ungarn weise eine der höchsten Investitionsquoten in der Europäischen Union (EU) auf, heißt es.
Zudem ist das Land weiterhin ein attraktives Ziel für ausländische Direktinvestitionen. Die staatliche Investitionsförderagentur HIPA meldete für 2021 einen Rekord an neuen ausländischen Direktinvestitionen von 5,9 Milliarden Euro und eine Reihe großer Einzelvorhaben. Dazu gehört beispielsweise der Bau eines Werkes für Batteriezellen durch das südkoreanische Unternehmen SK Innovation für 1,9 Milliarden Euro. Es handelt sich dabei um das größte Greenfieldprojekt in Ungarn aller Zeiten.
Investor | Investitionssumme | Vorhaben/Produkt |
---|---|---|
SK Innovation | 1.910 | Batteriezellen |
LG Chem – Toray | 750 | Batteriekomponenten |
EcoPro BM | 742 | Batteriekomponenten |
Mercedes | 281 | Presswerk, E-Autos |
Vitesco | 221 | Automobilelektronik |
Doosan | 211 | Batteriefolien |
Şişecam | 205 | Glasverpackung |
Semcorp | 184 | Folien für Lithium-Ionen-Batterien |
JYSK | 177 | Logistikzentrum |
Pick Szeged | 170 | Fleischprodukte |
Rheinmetall | 170 | Maschinenbau |
Nestlé | 140 | Tiernahrung |
Lotte Aluminium | 124 | Batteriekomponenten |