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Rotorblätter aus amortisierten Windkraftanlagen enthalten wertvolle Rohstoffe. Deutsche Entsorger treffen in diesem Geschäftsfeld 2021 auf einen wachsenden US-Markt.
21.12.2020
Von Ullrich Umann | Washington, D.C.
In den USA wurden die ersten Windkrafträder in den 1970er Jahren aufgestellt, gleich nachdem die Ölkrise zu vorübergehenden Knappheitsverhältnissen bei der Energieversorgung geführt hatte. Seither sind für Windkraftfelder mehrere Aufbauwellen über das Land gezogen, mit einem exponentiellen Anstieg in den letzten zehn Jahren.
Doch wurde bei einer Betriebsdauer von maximal 25 Jahren die umweltgerechte Entsorgung von Altanlangen, insbesondere der glasfaserbeschichteten Rotorblätter, zu einem ernsthaften Problem.
Es gibt verschiede Technologien, um Werkstoffe aus den amortisierten Rotorblättern zurückzugewinnen beziehungsweise um ausgemusterte Windflügel etwa zu ultramodernen Fußbodenbelägen zu verarbeiten. Für deutsche Anbieter entsprechender Technologien bricht 2021 ein äußerst günstiger Zeitraum an, um den amerikanischen Markt zu betreten.
US-Betreiber von Windkraftfeldern suchen seit Jahren nach Möglichkeiten, zehntausende Rotorblätter, deren maximale Betriebsdauer abgelaufen ist oder in den kommenden Jahren ausläuft, nicht einfach auf Mülldeponien zu versenken. Stattdessen sollen sie einem Werkstoffkreis zurückgeführt werden.
Ein wichtiger Grund ist, dass die verbauten Materialien recht wertvoll sind. So hat zum Beispiel die französische Veolia aus der Wiederverwertung ein lukratives Geschäftsfeld aufgebaut. Ihr amerikanisches Tochterunternehmen VNA (Veolia North America) konnte im Spätherbst 2020 einen ersten Vertrag abschließen, und zwar mit dem Hersteller von Windkraftanlagen GE Renewable Energy.
Obwohl GE Renewable Energy genau wie Veolia seine Firmenzentrale in Paris hat, vereinbarten beide Unternehmen die Wiederverwertung ausgemusterter Rotorblätter von GE in den USA. Laut Vertrag wird VNA in einer Anlage in Missouri Altrotoren in ihre Bestandteile zerlegen. Bob Cappadona, Chief Operating Officer für den Bereich Environmental Solutions and Services bei VNA, meinte dazu: “Indem wir die Rotoren von Windkraftanlagen - die hauptsächlich aus Glasfasern bestehen - als Rohstoffersatz der Zementherstellung zuführen, reduzieren wir die Menge an Kohle, Sand und Mineralien, die zur Herstellung des Baustoffes benötigt werden."
Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Quantis hilft Veolias Verfahren, den CO2-Ausstoß bei der Zementproduktion um 27 Prozent und den Wasserverbrauch um 13 Prozent zu reduzieren.
Auch im Nationalen Zentrum für Windtechnologie des NREL (National Renewable Energy Laboratory) wird am Recyceln von Rotorblättern getüftelt. Hier hat man vor, aus den Altrotoren eine Art Harz zu extrahieren, das industriell weiterverwendet werden kann.
Einen anderen Ansatz fährt das Unternehmen Carbon Rivers aus Tennessee, das in dieser Frage mit den Energieversorgern PacifiCorp und MidAmerican Energy kooperiert. Hier liegt Schwerpunkt auf der Wiederverwendung der in den Rotorblättern verbauten Glasfasern. Das DOE (U.S. Department of Energy) unterstützt die Entwicklungsarbeiten finanziell.
Re-wind wurde eine andere Methode getauft, die von Universitäten in den USA, Irland und Nordirland gemeinsam entwickelt wird. Auch hier wird Glasfaser zurückgewonnen und anschließend zur Stromübertragung im Tiefbau beziehungsweise auf Dächern von Notunterkünften, Türmen etc. genutzt.
Aus Rotorblättern können aber auch in Pellets und Platten gewonnen werden. So hat das Unternehmen Global Fiberglass Solutions 2019 in den USA mit der Produktion eines Produkts namens EcoPoly Pellets begonnen. An einer Plattenversion wird derzeit gearbeitet.
Um vor allem den Umweltaspekt beim Verkauf der EcoPoly Pellets hervorzukehren, werden die Pellets mit einem Zertifikat ausgestattet, das auf ihre Herkunft aus stillgelegten Windkraftanlagen hinweist. Eigens kann der Kunde den Recycling-Prozess per Daten aus einem RFID-Chip (Radiofrequenz-Identifikation) nachvollziehen.
EcoPoly Pellets können laut Anbieter zu einer Vielzahl anderer Produkte verarbeitet werden, etwa zu Lagerpaletten, Bodenbelägen oder auch zu Parkpollern. Global Fiberglass Solutions plant inzwischen, jährlich bis zu 7.000 Rotorblätter pro Jahr an seinen zwei Standorten in Texas und Iowa zu verarbeiten.
Was in den USA noch fehlt, sind umweltpolitische Regularien speziell zur Entsorgung ausgedienter Rotorblätter. Das Ganze spielt sich daher freiwillig beziehungsweise in einem gesetzlichen Vakuum ab. Die Anbieter entsprechender Entsorgungsverfahren, aber auch Umweltschützer wünschen sich daher gesetzliche Richtlinien zur Lagerung und Entsorgung von Altanlagen, aber auch Anreizsysteme, um am Ende Mülldeponien zu entlasten.
Zu den Regularien könnte unter anderem eine verlängerte Herstellerverantwortung nicht nur für den gefahrlosen Betrieb der Windkraftanlagen, sondern auch für die umweltgerechte Entsorgung von Altanlagen gehören. Bundesstaaten mit einem größeren Anteil an Windenergie wie zum Beispiel Texas und Iowa sollten sich zudem stärker am Aufbau einer Infrastruktur zum Recyceln der Altrotoren beteiligen.