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Branchen | USA | Nahrungsmittel, Getränke

Der Markt für Halal- und koschere Lebensmittel wächst kräftig

Der Umsatz mit Halal- und Koscher-Produkten legt in den USA zu. Beide Segmente bergen hohe Wachstumspotenziale und Chancen, neue Kundengruppen zu erschließen.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Der US-Markt für Halal-Lebensmittel soll von 2019 bis 2024 pro Jahr durchschnittlich um 5 Prozent auf rund 30 Milliarden US-Dollar (US$) Umsatz wachsen. Das geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens Technavio hervor.

Frei zugängliche Volumenangaben für das zweite Marktsegment in diesem Bereich, für koschere Lebensmittel, finden sich bei Technavio dagegen nur zum globalen Markt: Weltweit soll dieser bis 2025 auf rund 45 Milliarden US$ Umsatz steigen. Andere Quellen beziffern ihn sogar auf 60 Milliarden US$ oder noch höher.

Interessant ist, dass der globale Koscher-Markt im Schnitt um 7 Prozent jährlich wachsen soll und damit viel langsamer als der nordamerikanische. Hier erwartet Technavio zwischen 2020 und 2025 ein jährliches Umsatzplus von 54 Prozent. Vor allem in den USA dürfte dieses Segment in den nächsten Jahren neue Geschäftschancen eröffnen.

Nicht nur Menschen jüdischen Glaubens konsumieren koscher

Zwar sind nur rund 2 Prozent der US-Amerikaner jüdisch (etwa 7 Millionen). Doch es gibt auch andere Koscher-Konsumenten: Laut einem Bericht der österreichischen Bauernzeitung ernähren sich rund 1,5 Millionen US-Bürger streng nach jüdischen Speisegesetzen, darüber hinaus kaufen aber 13 Millionen regelmäßig koschere Lebensmittel ein.

Diese Produkte werden als sauberer oder gesünder wahrgenommen. Auch die Lebensmittelsicherheit spielt eine wichtige Rolle: So enthalten koschere Produkte zum Beispiel keine potenziellen Allergene wie Schalentiere. Strenge Vegetarier schätzen zudem, dass vegan anmutende koschere Produkte tatsächlich frei von tierischen Inhaltsstoffen sind.

Zertifizierung ist wichtiges Verkaufsargument

Wegen der zahlreichen Regeln und Kontrollen ist das Koscher-Siegel für viele US-Amerikaner ein Synonym für hohe Qualität. Deshalb ist bei koscheren Produkten die Zertifizierung ein wichtiges Verkaufsargument. Zwar werden in den USA auch Halal-Erzeugnisse zertifiziert. Allerdings hat das nicht denselben Stellenwert, denn bei Halal variieren die zugrundeliegenden Standards stärker.

Daher verwundert es nicht, dass mehr als 40 Prozent aller verpackten Lebensmittel in den USA, dem weltweit größten Markt für koschere Produkte, entsprechend zertifiziert sind. Das berichtet das US-Internetportal Quartz. Oft muss der Produktionsprozess dafür nur geringfügig angepasst werden, wie das Beispiel Coca-Cola zeigt: Seit Baumwollsamen und Kokosöl den ursprünglichen Inhaltsstoff Glycerin und Rübenzucker die zuvor verwendeten Getreidekörner ersetzen, gibt es Coca-Cola auch zum Pessachfest.

Wie teuer eine Zertifizierung ist, hängt von vielen Faktoren ab. Laut Beiträgen in Fachforen von Rabbinern, die bereits Produktionsprozesse überwacht haben, variieren die Preise hierfür zwischen kleinen vierstelligen bis hin zu sechsstelligen US-Dollarbeträgen. Ein Koscher-Zertifikat gilt für ein Jahr.

Ausgabenbereitschaft für koschere Produkte ist höher

Laut einem Bericht der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) verkauften 2015 in den USA rund 16.000 Firmen koscher zertifizierte Lebensmittel. Zu den damals geschätzt 110.000 koscheren Produkten kämen jährlich rund 3.000 dazu. Ferner gaben US-Konsumenten koscherer Lebensmittel laut der DLG damals durchschnittlich 47 Prozent mehr für Speisen und Getränke aus als Konsumenten nicht-koscherer Alternativen. Und im Supermarkt verkauften sich koschere Produkte bei gleicher Regalplatzierung um 20 Prozent besser als vergleichbare nicht-koschere Erzeugnisse. 

Lebensmittelläden, die nach strengen jüdisch-orthodoxen Vorschriften hergestellte Produkte anbieten, kombinieren den Trend zu Nahrungsmitteln mit religiösen Gütesiegeln mit dem zu mehr Komfort. Sie bieten zum Beispiel auch zubereitete Mahlzeiten an. Manche Läden der Kette Evergreen haben einen Bereich für den Vor-Ort-Verzehr: Bis 17 Uhr sind dort parve Produkte (also ohne Fleisch- oder Milchbestandteile) erhältlich, danach Fleischgerichte. Andere machen sich den Trend zu veganer Ernährung zunutze. So sind in den letzten Jahren neue vegane jüdische Feinkostläden entstanden. Der US-Anbieter von koscheren Fleischersatzprodukten Unreal Deli beliefert angesichts der wachsenden Nachfrage seit Anfang 2022 die für ihre Sandwiches bekannte Supermarktkette Publix.

Halal und Koscher in den USA: Grunddaten

Anzahl der in den USA lebenden Muslime

3,45 Millionen 1)

Anzahl der in den USA lebenden Juden 2)

7,5 Millionen 3)

Halal-Zertifizierungsstellen in den USA (Auswahl)

Islamic Food and Nutrition Council of America (IFANCA), Islamic Society of North America (ISNA), Islamic Services of America (ISA), USA Halal Chamber of Commerce, American Halal Foundation

Koschere Zertifizierungsstellen in den USA (Auswahl)

Orthodox Union (OU), OK Kosher Certification, KOF-K Kosher Certification, STAR-K Kosher Certification, Chicago Rabbinical Council (cRc)

1) 2017; 2) einschließlich Kindern, die bei jüdischen Erwachsenen leben und die zumindest teilweise jüdisch erzogen werden; 3) 2020Quelle: Pew Research Center 2018 und 2021, GTAI-Recherchen

US-Markt für islamkonforme Lebensmittel wächst

Nur rund 1 Prozent der Menschen in den USA sind Muslime. Überdurchschnittlich viele leben in den Bundesstaaten New Jersey und New York, doch konzentrieren sie sich insgesamt nicht so stark auf den Nordosten des Landes wie Juden. Der in den nächsten Jahrzehnten erwartete starke Zuwachs der muslimischen US-Bevölkerung wird das Halal-Marktwachstum stützen.

Ebenso wie bei Koscher greifen aber nicht nur Angehörige der betreffenden religiösen Gruppe zu Halal. Als Verbrauchermotiv werden vor allem Bedenken bei anderen Produkten in Bezug auf Hygiene und Gesundheit vermutet. Das machen sich Restaurants und Lebensmittelketten zunutze und führen Halal-Kennzeichnungen ein. Auch immer mehr Einzelhändler lassen wegen der steigenden Nachfrage Halal-Lebensmittel entsprechend zertifizieren.

Nahrungsmittel mit religiösen Gütesiegeln werden in den USA hauptsächlich über moderne Einzelhandelskanäle wie Super-, Verbrauchermärkte und über Nachbarschaftsläden vertrieben. Im Jahr 2016 gab es in den USA laut Technavio mehr als 7.500 Geschäfte, die Halal-Lebensmittel verkauften, im Vergleich zu knapp 200 Läden im Jahr 1998. Angeboten werden sie in einem eigenen Bereich, zum Beispiel auf einer getrennten Regalfläche.

Eine interessante Marktnische könnte zum Beispiel Halal-Ziegenfleisch sein. So gibt es etwa im Mittleren Westen kaum halal-konformes frisches Ziegenfleisch, weshalb es meist gefroren aus Australien und Neuseeland importiert wird.

Die islamische Gemeinschaft hat für Halal-Lebensmittel bisher keine überwachbaren Standards festgelegt. Die für die Kontrolle der meisten Nahrungsmittel verantwortliche Food and Drug Administration (FDA) veröffentlicht auf ihrer Website daher nur die allgemeinen US-Einfuhrbestimmungen.

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