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FinTech-Branche setzt Aufschwung trotz Gegenwind fort

Erst der Kryptomarkt-Einbruch, dann die SVB-Pleite: Viele FinTechs in den USA durchleben eine schwierige Zeit. Langfristig bietet die Branche aber noch viel Potenzial.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Hohe Inflation, gestiegene Kapitalkosten, zunehmende Pleiten von Kryptobörsen und Kryptobanken sowie der Zusammenbruch Silicon Valley Bank (SVB) - nach langen Jahren auf der Erfolgswelle hat sich das Umfeld für die Finanztechnologie-Branche (FinTech) in den USA seit Ende 2022 merklich eingetrübt. Langfristig bleiben die Aussichten aber gut - und einige Teilbereiche spüren die Krise kaum.

Mobile Banking weiter auf dem Vormarsch

Das gilt besonders für das Mobile Banking. Laut den Analysten von Statista summierte sich der Transaktionswert im digitalen Zahlungsverkehr 2022 in den USA auf insgesamt gut 1,8 Billionen US-Dollar (US$). Bis 2027 soll er jährlich im Schnitt um knapp 15 Prozent weiter wachsen auf dann 3,5 Billionen US$.

Eine wichtige Antriebsfeder hierfür war während der Pandemiezeit der Boom im Onlinehandel. Dieser könnte noch eine Weile anhalten: Brian Nowak, Aktienanalyst bei der US-Bank Morgan Stanley, geht davon aus, dass der E-Commerce bis 2026 einen Anteil von rund 27 Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz erreichen wird.

In den vergangenen Jahren verzeichneten Mobile-Banking-Unternehmen in den USA ein rasantes Wachstum, vor allem in kleineren US-Städten. So stieg das Volumen der Zahlungen über den Anbieter Stripe in den letzten fünf Jahren in Columbus (Ohio) um das 40-Fache, in Richmond (Virginia) um das 20-Fache und in Atlanta, Charlotte und Des Moines (Iowa) um mehr als das Fünffache. Laut einer Umfrage von Ipsos und Forbes Advisor im Jahr 2022 erledigen 78 Prozent der Erwachsenen in den USA ihre Bankgeschäfte lieber über eine mobile App oder Website, als persönlich zur Bank zu gehen.

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„Buy Now, Pay Later“-Dienste sprechen vor allem die Generation Z an

So bieten auch Nichtbanken zunehmend Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen an. Immer beliebter werden „Buy Now, Pay Later“-Dienste (BNPL). Mithilfe solcher Apps können Verbraucher ihre Einkäufe kurzfristig finanzieren und zu einem späteren Zeitpunkt begleichen, wie bei einer Ratenzahlung. Die Marktforschenden von Insider Intelligence schätzen das BNPL-Segment 2022 in den USA auf etwa 77 Milliarden US$. Das waren gut 80 Prozent mehr als 2021.

BNPL-Dienste werden voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren noch weiter zunehmen. Wie eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens PYMNTS zeigt, ziehen vor allem jüngere Verbraucher diese Zahlungsoption in verstärktem Maße Kreditkarten vor.

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Amazon hat kürzlich Affirm als Anbieter von BNPL-Diensten für sein Online-Bezahlsystem ausgewählt. Im Herbst 2023 will Apple in den USA mit eigenen BNPL-Services durchstarten. Das BNPL-Angebot soll überall dort gelten, wo das konzerneigene Bezahlsystem schon akzeptiert wird. Gemeinsam mit Goldman Sachs bietet der Tech-Riese zudem seit April 2023 ein Sparkonto für Apple-Card-Nutzer an und drängt damit weiter in den Finanzsektor vor.

Deutsches Plattform-Modell will in den USA wachsen

Auch für BaaS-Anbieter (Banking-as-a-Service) gibt es viel Marktpotenzial. Denn zum einen wollen immer mehr E-Commerce-Unternehmen Finanzfunktionen integrieren, und zum anderen setzen FinTechs zunehmend auf Partner, die selbst eine Bankenlizenz haben.

So will Raisin unter anderem in den USA stärker wachsen. Das für seine Zinsplattform „Weltsparen“ bekannte deutsche Finanz-Start-up startete 2020 mit seiner US-Plattform „SaveBetter by Raisin“ und verwaltet für seine US-Kunden inzwischen mehr als 40 Milliarden US$ Vermögen. Nach oben ist aber noch viel Luft: Raisin konnte in den USA bisher erst sieben Banken als Kunden gewinnen, obwohl die Nische Tages- und Festgeldkonten dort noch nicht stark besetzt ist.

Der B2B-Bereich bietet europäischen FinTechs in den USA Marktchancen

Chancen bieten sich auch im B2B-Bereich (Business-to-business). Denn im Gegensatz zu B2C-Angeboten (Business-to-consumer) unterscheidet sich dieser Bereich nicht so stark zwischen Europa und den USA, meint Maximilian Riege: „Aus meiner Perspektive sind es daher vor allem Angebote im B2B-Bereich, mit denen europäische Anbieter punkten können“, sagte der Co-Chief Executive Officer (Co-CEO) der Berlin Finance Initiative (BFI) gegenüber dem Finanzmagazin Payment & Banking.

Besonders interessant sei, wie sich das Bankgeschäft für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickele. Denn für KMU-Banking sieht Riege in den USA einen großen potenziellen Markt auch für FinTechs. Bisher ist dieser weitgehend nur von klassischen Banken besetzt.

Das letzte Jahr war schwierig für die FinTech-Branche

Hart traf die Branche der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) im Frühjahr 2023. Sie war quasi die Hausbank vieler Tech-Start-ups im Silicon Valley, darunter zahlreicher FinTechs. „Die San Francisco Bay Area ist bekannt für ihre hohe Konzentration an hochwertigen FinTech-Unternehmen (zum Beispiel Stripe, Plaid, Chime), Talenten, FinTech-freundlichen Regeln und hoher Finanzkraft“, zitiert das Finanzmagazin Payment & Banking Alexander Daamen, Leiter der Berlin Finance Initiative (BFI), USA.

Auch Kryptobörsen und Kryptobanken haben in den vergangenen Monaten gelitten. Die Finanzierungen für Krypto-Start-ups sind eingebrochen. Zwar hat sich der Markt für Digitalwährungen wieder ein Stück weit erholt, nachdem im Frühjahr 2023 mehrere US-Regionalbanken zusammenbrachen – was bei einigen Zweifel an der Stabilität des klassischen Banken- und Finanzsystems schürte. Die Stimmung am Kryptomarkt bleibt aber vorerst getrübt. Denn es ist zu erwarten, dass die Aufsichtsbehörden angesichts der Krise versuchen werden, Kryptowährungen strenger zu regulieren als bisher.

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