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Branchen | USA | Stahlindustrie

Grünere Stahltechnologien sollen den US-Markt dominieren

Stahlkonzerne investieren in emissionsärmere Lichtbogenöfen. Gleichzeitig wird die US-Handelspolitik um Umweltkonditionen erweitert, zusammen mit der EU.

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

US-Stahlkocher investieren Milliarden von US-Dollar in Technologien, die weniger Treibhausgase verursachen. So kündigten sowohl die U.S. Steel Corp als auch die Nucor Corp im September 2021 an, in die Errichtung emissionsarmer Kleinhütten investieren zu wollen, die mit Lichtbogenöfen ausgestattet sein werden.

Wie ein Unternehmenssprecher von Steel Corp den Vorgang kommentierte, soll künftig mehr auf Klasse und weniger auf Masse gesetzt werden. Als Region für die neuen Kleinstahlwerke hat die Steel Corp den Mittleren Westen auserkoren. Die Gesamtinvestition wird mit 3 Milliarden US-Dollar (US$) beziffert. Nucor Corp geht mit seinen Kleinstahlwerken ebenfalls in den Mittleren Westen und wendet zu ihrer Errichtung 2,7 Milliarden US$ auf.

Stahlindustrie sieht sich Klimazwängen ausgesetzt

Beide Stahlkocher wollen dank der Lichtbogenöfen konkurrenzfähig bleiben. Denn der Druck auf die Stahlindustrie, den Emissionsschutz endlich ernst zu nehmen, steigt nicht allein in den USA, sondern weltweit. Die Biden-Regierung hat die Senkung des CO2-Ausstoßes sogar zum Staatsziel erklärt.

Auch Finanzinvestoren aus dem In- und Ausland erwarten von den amerikanischen Stahlkochern in Sachen Klimaschutz aufzuholen. Bewegen sich die Stahlkonzerne in dieser Frage nicht oder zu wenig, drohen finanzkräftige Investoren ihre Anteile an den amerikanischen Stahlhütten herunterzufahren oder ganz abzustoßen.

Dank der aktuell hohen Stahlpreise und Margen fällt die Finanzierung der Kleinhütten relativ leicht. So lag der NYMEX US Hot Rolled Coil Index, der als Benchmark für den Wert von Lieferverträgen für Stahl gilt, am 22.9.2021 bei 1.959 US$ für eine Tonne Stahl. Gegenüber dem Durchschnittspreis von vor einem Jahr, der bei 600 US$/t lag, stellt das eine Steigerung um 226,5 Prozent dar, wie die S&P Global Market Intelligence errechnete.

Neben einer im Vergleich zu herkömmlichen Koksöfen verminderten CO2-Emission werden die Lichtbogenöfen Stahlsorten höherer Qualität liefern können. Außerdem wird der Strom zum Betreiben der Öfen bei wachsender Verfügbarkeit zunehmend aus regenerativen Quellen angeliefert.

Großabnehmer setzten auf saubere Stahlsorten

"Ich glaube nicht, dass eine Produktion auf Basis von Kohle klimafreundlich sein kann", unterstrich Glenn Hurowitz, CEO der Umweltgruppe Mighty Earth, im August 2021 gegenüber S&P Global Market Intelligence: "Unser Ziel ist es, Kohle aus dem Stahlherstellungsprozess vollständig zu eliminieren und zu nachhaltigeren Materialien überzugehen." Hurowitz betonte, dass die Mighty Earth Gespräche mit Autoherstellern führe, um diese zum Kauf ausschließlich sauberer Stahlprodukte zu verpflichten. Darauf möchte sich die US-Stahlindustrie vorbereiten.

Neben umweltpolitischem Druck sieht sich die US-Stahlbranche aber auch einer steigenden Konkurrenz seitens Start-ups gegenüber, die sich technologisch auf dem neuesten Stand befinden. Boston Metal erhält zum Beispiel eine Finanzierung von Bill Gates und arbeitet an einer Lösung zur emissionsfreien Stahlerzeugung.

Inzwischen erwägen immer mehr US-Stahlkonzerne Projekte unter Einsatz von Elektrolichtbogenöfen: Steel Dynamics Inc. baut sogar schon ein Werk in Texas und ein Joint Venture aus luxemburgischer ArcelorMittal und der japanischen Nippon Steel Corp. finanziert eine Elektrolichtbogenanlage des Stahlkochers AM/NS Calvert LLC in Alabama.

USA lässt sauberen EU-Stahl ohne Sondertarife ins Land

Vor dem Hintergrund der Umrüstung der US-Stahlindustrie auf emissionsärmere Technologien ist auch die Bereitschaft der US-Regierung zu sehen, die Einfuhr von Stahl aus der Europäischen Union (EU) innerhalb bestimmter Kontingente (Tariff-Rate-Quota) ohne Zusatzzölle von 25 Prozent gemäß Kapitel 232 zuzulassen. Vom Zeitraum her hat die US-Stahlindustrie ihr Angebot an qualitativ höherwertigen Legierungen inzwischen erhöhen können, zumal der Umweltaspekt bei der Stahlerzeugung als Verkaufsargument an Stärke gewinnt.

Neue Zielrichtung ist es, den amerikanischen und den europäischen Markt von Dumpingstahl, aber auch von Stahl aus umweltverschmutzenden Koksöfen, der aus Asien - darunter aus China - stammt, freizuhalten. Wie die US-Handelsministerin Gina Raimondo mitteilte, produzieren die Vereinigten Staaten und die EU Stahl und Aluminium, die sauberer sind als chinesische Sorten. "Was in China die Herstellungskosten niedrig hält, sind fehlende Umweltstandards, dies führt gleichzeitig zur Klimaerwärmung", so Raimondo. Die Vereinbarung zwischen den USA und der EU ziele auf die Überwindung dieser Herausforderung ab. Ähnliche Vereinbarungen bereiten die USA derzeit mit Großbritannien und mit Japan vor.

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