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Branchen | USA | Wasserstoff
Nirgendwo in den USA fahren so viele Autos mit Wasserstoff wie in Kalifornien. Weiter sinkende Gestehungskosten bei Ökostrom dürften den Trend zu grünem Wasserstoff beflügeln.
11.12.2020
Von Heiko Steinacher | San Francisco
In Kalifornien entsteht gerade die weltweit größte Produktionsanlage für grünen Wasserstoff: Mittels einer Technologie auf Basis von Plasmafackeln und recycelten Abfallrohstoffen will das Cleantech-Start-up SGH2 in Lancaster nördlich von Los Angeles 3.800 Tonnen Hydrogen pro Jahr herstellen. Der Wasserstoff des Unternehmens, das Teil der Solena Group ist, soll an speziellen Tankstellen im ganzen US-Bundesstaat sowohl für leichte als auch schwere Brennstoffzellenfahrzeuge zur Verfügung stehen.
Der Industriegasekonzern Linde produziert in Kalifornien bereits seit November grünen Wasserstoff. Gewonnen wird dieser aus Methan aus einer Mülldeponie. Nach Konzerngaben sollen damit täglich bis zu 1.600 Fahrzeuge CO2-frei fahren können. Davor erzeugte Linde nur grauen Wasserstoff aus Erdgas in seinem Werk in Ontario, Kalifornien.
Dass immer mehr Wasserstoff aus Ökostrom produziert wird, ist kein Zufall: Die US-Bank Morgan Stanley erwartet, dass grüner Wasserstoff bereits 2023 so günstig sein könnte wie grauer aus fossilen Brennstoffen. Denn die Erzeugungskosten für Wind- und Solarenergie sinken weiterhin stark.
Beispiel Mittlerer Westen und Texas: Die Stromgestehungskosten dortiger Onshorewindparks könnten laut Morgan Stanley bis 2023 unter Einrechnung bestehender Steuervergünstigungen für erneuerbare Energien auf 5 bis 7 US-Dollar (US$) pro Megawattstunde sinken, wodurch ein Kilogramm grüner Wasserstoff dann für 1 bis 2 US$ zu haben wäre. Im Herbst 2020 lag der Preis dafür nach Angaben des US-Energieministeriums DOE (U.S. Department of Energy) zwischen 5 und 6 US$.
Unter den US-Herstellern von Industriegasen profitiert von dem Trend vor allem Air Products & Chemicals aus Allentown, Pennsylvania. Im Juli hat der US-Konzern eine strategische Partnerschaft mit Thyssenkrupp geschlossen: Gemeinsam wollen beide Unternehmen die vom deutschen Partner entwickelte Wasserelektrolysetechnologie für den Bau von Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff nutzen.
Auch dass viele Projekte ausgerechnet in Kalifornien gestartet werden, ist kein Zufall. Denn der Westküstenstaat gilt in den USA als Vorreiter in der Brennstoffzellentechnologie. Er zählt neben Massachusetts und Washington zu den wenigen US-Bundesstaaten, die einen Emissionshandel eingeführt haben. Erst Mitte November 2020 hob die New York Times die Dynamik Kaliforniens bei der Umstellung auf den Energieträger Wasserstoff hervor.
Kalifornien stellt von 2021 bis 2024 bis zu 115,7 Millionen US$ zur Unterstützung von Infrastrukturprojekten für die Wasserstoffbetankung bereit. Außerdem investiert der Sonnenstaat jährlich rund 100 Millionen US$ in Projekte für den Transport alternativer Brennstoffe. Darüber hinaus gewährt Kalifornien Rabatte in Höhe von bis zu 4.500 US$ für den Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge, darunter mit Brennstoffzellenantrieb. Ende 2019 gab es in dem Westküstenstaat bereits rund 40 Wasserstofftankstellen; bis 2025 soll deren Zahl auf 200 anwachsen.
Das US-Forschungslabor NREL (National Renewable Energy Laboratory) hat im Oktober bei der US-Niederlassung des norwegischen Unternehmens NEL einen Elektrolyseur im Wert von rund 2,7 Millionen US$ bestellt. Die Vorrichtung zur Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff soll in einem Forschungsprojekt für integrierte Energiesysteme eingesetzt werden. Das nächste Millionenprojekt für die Norweger ließ nicht lange auf sich warten: Im November gab die US-Tochter des japanischen Iwatani-Konzerns bei NEL einen Auftrag über 14 Wasserstofftankstellen in Kalifornien für Brennstoffzellenautos in Auftrag. Dessen Wert liegt bei etwa 16,9 Millionen US$.
Die erste Wasserstofftankstelle im Bundesstaat Washington soll dagegen erst Ende 2021 eröffnet werden. Doch verfolgt auch dieser Gliedstaat große Pläne. Das US-Unternehmen Cummins will dort 2021 eine Großanlage in Betrieb nehmen, die Wasserstoff aus erneuerbarer Energie erzeugt. Auch Washington gewährt Zuschüsse für den Ausbau der Infrastruktur für umweltfreundliche Fahrzeuge: Von 2017 bis 2019 vergab der Bundesstaat im äußersten Nordwesten der USA etwa 2,5 Millionen US$ für den Bau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge.
Im Oktober hat ein Team aus öffentlichen und privaten Organisationen aus Oregon und Washington eine Absichtserklärung zur Produktion von Wasserstoff in industriellem Maßstab unterzeichnet. Zu den Partnern zählen unter anderem die Versorgungsunternehmen Eugene Water and Electric Board (EWEB) und die gemeinnützige Bonneville Environmental Foundation.
Öffentlich-private Partnerschaften wie die Western Green Hydrogen Initiative unterstützen interessierte westliche US-Bundesstaaten und zwei kanadische Provinzen beim Aufbau einer umweltfreundlichen Wasserstoffinfrastruktur. Eine weitere ist die California Fuel Cell Partnership (CaFCP), zu deren Vollmitgliedern Volkswagen und Daimler gehören.
In den Klimaschutzplänen von Joe Biden taucht Wasserstoff explizit nur im Zusammenhang mit fossil befeuerten Kraftwerken auf, nicht dagegen mit Transport und Verkehr. Angesichts der ehrgeizigen Umweltziele des neu gewählten US-Präsidenten gehen viele aber davon aus, dass er auch die Herstellung von CO2-armem Wasserstoff und den Bau von Wasserstofftankstellen forcieren wird. Dadurch bekämen Wasserstofftechnologien zusätzlich Auftrieb auch durch die US-Bundespolitik.
Dabei steht auch der Schwerlastverkehr im Fokus: Im November berichteten US-Medien, dass das DOE in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen US$ in die Erforschung von Wasserstoffantrieben für Lkw investieren will. Kalifornien hat bereits im Juni ein Gesetz verabschiedet, wonach Lkw-Bauer ab 2024 schrittweise auf emissionsfreie Antriebe umsteigen müssen. Bis 2045 soll dann jeder neue dort verkaufte Lkw, Transporter und Pick-up emissionsfrei sein.
Anwendung | McKinsey: Basisszenario 1) | McKinsey: Aggressives Szenario 1) | H2@Scale: Reference 2) | H2@Scale: Lowest-Cost Electrolysis 2) | H2@Scale: Serviceable Consumption Potential 2) |
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Ölraffination | 8 | 8 | 7 | 7 | 7 |
Metallveredelung | - | 3 | - | 4 | 12 |
Ammoniakproduktion | 5 | 5 | 4 | 4 | 4 |
Biokraftstoffproduktion | 1 | 1 | 9 | 9 | 9 |
synthetische Kohlenwasserstoffe (Methanol) | 2 | 2 | 2 | - | 6 |
synthetische Kohlenwasserstoffe (MTG-Verfahren) 3) | - | - | - | - | 8 |
Einspeisung ins Gasnetz | - | 13 | - | - | 16 |
Saisonale Stromspeicherung | 1 | 4 | - | - | 15 |
Kraftstoff | 3 | 27 | - | 17 | 29 |