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Branchen | USA | Chipproduktion

Unternehmen planen neue Halbleiterfabriken

Auch aus Washington sind für das Haushaltsjahr 2021 erste Fördermittel für Halbleiterprojekte vorgesehen. Angesichts der Chipkrise dürften weitere Maßnahmen folgen.

Von Heiko Steinacher, Dominik Baer | San Francisco

Die Bereitschaft der Halbleitergiganten, in den USA zu investieren, steigt: So will der taiwanesische Hersteller TSMC im Bundesstaat Arizona für 12 Milliarden US-Dollar (US$) eine Chipfabrik bauen. Der südkoreanische Samsungkonzern visiert Austin, Texas, für ein rund 17 Milliarden US$ teures Halbleiterwerk an. Der US-Chipkonzern Intel will an seinem Standort in Arizona 20 Milliarden US$ in zwei neue Fabriken investieren – und sich zudem stärker als Auftragsfertiger für Unternehmen wie Nvidia positionieren.

Zahlreiche Pläne für große Übernahmen

Denn Nvidia investiert selbst enorme Summen in den Ausbau seines Halbleitergeschäfts. Der US-Entwickler von Grafikprozessoren will zwei neue Chiptypen auf den Markt bringen und sich den zur japanischen Softbank gehörenden britischen Chipdesigner ARM für sage und schreibe 40 Milliarden US$ einverleiben.

Nvidia ist nicht das einzige Unternehmen auf Einkaufstour: Erzrivale AMD will für 35 Milliarden US$ Xilinx übernehmen, Analog Devices für 20 Milliarden US$ den Wettbewerber Maxim Integrated. Der Münchener Chipkonzern Infineon hat 2020 für rund 10 Milliarden US$ den US-Wettbewerber Cypress zugekauft.

Doch sind es insbesondere die Übernahmepläne von Nvidia, die für Wirbel sorgen. Denn ARM steht nicht direkt im Wettbewerb mit Halbleiter- oder Smartphone-Herstellern, sondern lizenziert seine Technologie. Unter anderem nutzen Apple, Samsung und Qualcomm ARM-Architekturen für Smartphones und Tablets, Apple darüber hinaus bald auch für Mac-Computer. Einige Tech-Unternehmen befürchten daher, dass der Direktkonkurrent Nvidia für sie nach der Übernahme den Zugriff auf ARM-Produkte einschränken könnte.

Chipnachfrage wird weiter steigen

Der Lockdown und anhaltende Lieferkettenunterbrechungen durch das zeitlich versetzte Wiederhochfahren der Produktion in Asien und Amerika fordern ihren Tribut: Der Umsatz mit Leiterplatten und Halbleitertechnologien ist 2020 in den USA laut dem Marktforschungsunternehmen IBISWorld um fast 15 Prozent gesunken. Gleichzeitig trat ein gewaltiger Mangel zutage. Selbst Tech-Giganten wie Apple leiden zunehmend unter Halbleiterengpässen.

Der Bedarf an leistungsfähigen Chips ist im „New Normal“ teilweise sogar noch gestiegen, etwa für datenintensives Video- und Spiele-Streamen. Bandbreitenstarke 5G-Anwendungen für das IoT (Internet of Things) und auf künstlicher Intelligenz basierende Systeme werden bald für noch mehr Nachfrage sorgen.

Prognosen zur Marktentwicklung sind angesichts der gegenwärtigen Unsicherheiten schwierig. Doch deutet die Stimmung in der Branche auf Wachstum. IBISWorld prognostiziert, dass der Umsatz mit Leiterplatten und Halbleitertechnologien in den USA bis 2025 real im Schnitt um 3 Prozent pro Jahr ansteigen wird. Zwar dürften sich einerseits die Rohstoffpreise erhöhen. Andererseits arbeiten die Hersteller aber daran, Transistoren immer kleiner zu machen, was Kosten spart.

Halbleitermangel trifft viele Branchen

Nicht nur Hersteller von Computern, Netzwerkgeräten, Smartphones und Unterhaltungselektronik geraten in Bedrängnis, sondern auch die Autoindustrie. Sie braucht zum Beispiel Chips für moderne Warn- und Assistenzsysteme und befürchtet 2021 enorme Umsatzeinbußen. Anfang April 2021 mussten General Motors und Ford wegen fehlender Bauteile die Produktion in einigen Werken unterbrechen. Auch Anbieter von Medizintechnik fragen immer mehr Chips nach.

Foxconn erwartet, dass der Mangel an Halbleiterchips und Elektronikkomponenten noch bis 2022 anhalten wird. Statt der von Donald Trump einst angepeilten 10-Milliarden-US$-Fabrik hat sich der taiwanische Auftragsfertiger nun mit dem US-Bundesstaat Wisconsin auf einen neuen Vertrag geeinigt: Bei Investitionen in Höhe von 672 Millionen US$ und 1.454 neuen Jobs bis 2025 winken Foxconn Steuervorteile von 80 Millionen US$. Anstelle von Kommunikationsgeräten und Servern könnte das Unternehmen dort aber künftig auch Medizintechnik oder Elektrofahrzeuge fertigen. Eine Entscheidung darüber hat es noch nicht getroffen.

Auch bei den anderen Projekten wird der Staat den Investoren wohl tüchtig unter die Arme greifen. US-Präsident Joe Biden hat die Chipknappheit sogar mit seinem 2,3 Billionen US$ schweren Infrastrukturprogramm („American Jobs Plan“) in Verbindung gebracht und gesagt, dass die USA wieder führend in der Halbleiterherstellung werden müssen. Bis zu 50 Milliarden US$ will er für die Verbesserung der Lieferkettenkapazitäten in kritischen Bereichen wie Halbleiter und saubere Energietechnologien bereitstellen. Kamen 1990 noch etwa 37 Prozent der weltweiten Computerchips aus den USA, ist dieser Anteil durch Auslagerungen nach Asien 30 Jahre später auf 12 Prozent geschrumpft. In der Halbleiter-Forschung und -Entwicklung sind die USA aber weiterhin global führend.

US-Regierung stellt Fördergelder bereit

Im Februar hat die US-Regierung den „CHIPS for America Act“ in das Verteidigungshaushaltsgesetz für das Fiskaljahr 2021 aufgenommen (Title XCIX). Danach können förderungswürdige Unternehmen oder Konsortien Subventionen in Höhe von bis zu 3 Milliarden US$ pro Halbleiterprojekt erhalten (maximal 10 Milliarden US$ pro Unternehmen). Die Initiative konzentriert sich vor allem auf die Rückholung der Produktion, um Abhängigkeiten in der Lieferkette zu reduzieren. Zum Zuge kommen können alle Unternehmen, die nicht in Verbindung mit einem „Foreign Entity of Concern“ stehen und deren Pläne den nationalen Interessen der USA dienen.

Daraufhin ordnete Biden per Dekret eine hunderttägige Überprüfung an, die Lieferkettenengpässe in Schlüsselindustrien aufdecken soll, darunter Halbleiter und Batterien für Elektroautos. Für betroffene Industrien könnten infolgedessen bald strengere regulatorische Maßnahmen gelten.

Dabei dürfte es nicht bleiben. Im April wurde bereits ein weiterer Gesetzentwurf in den US-Senat eingebracht: der Endless Frontier Act, der 100 Milliarden US$ für Wissenschafts- und Technologieinitiativen in Schlüsselindustrien fordert, darunter für die Halbleiterentwicklung.

US-Markt für Leiterplatten und Halbleitertechnologien 1)

Jahr

Verkaufte Produktion 2)

Unternehmen 3)

Binnennachfrage 2)

2012

18.145

166

16.815

2015

17.793

163

12.292

2018

20.318

139

12.084

2019

20.736

138

17.539

2020

22.718

140

13.843

2021 4)

23.732

140

14.140

2022 4)

24.494

140

14.525

2023 4)

25.367

141

14.990

2024 4)

25.784

141

15.181

2025 4)

26.204

142

15.373

1) Ausgewählte Jahre; 2) in Millionen US$; 3) Anzahl; 4) PrognoseQuelle: IBISWorld

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