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Branchen | USA | Elektromobilität

US-Autobauer kündigen neue Batteriefabriken an

Der erwartete E-Auto-Boom in den USA erhöht die Sorge um einen Batteriemangel. Innovative Akkutypen sollen die Abhängigkeit von anderen Ländern reduzieren.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

US-Präsident Joe Biden will die Elektromobilität stärken. Marktforscher verteilen Vorschusslorbeeren: Laut SNE Research wird die US-Nachfrage nach E-Fahrzeugen (305.000 Stück im Jahr 2020) bis 2025 um das Zwölffache auf 3,82 Millionen steigen – deutlich stärker als in China und Europa.

Für viele Vorhaben wird der US-Präsident die Unterstützung der Opposition brauchen. Weitere Hürden sind der Halbleitermangel und die schwache Lieferkette für Batteriematerialien. In den USA gibt es gerade einmal vier Anlagen für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien in industriellem Maßstab. Bis 2030 dürfte ihre Anzahl auf zehn steigen, doch im Vergleich zu China ist das wenig: Dort könnten es laut Prognosen dann bereits 140 sein.

Kurzfristige Batterieknappheit vorerst abgewendet

Für Aufatmen sorgte im April 2021 die Beilegung des milliardenschweren Rechtsstreits zwischen den südkoreanischen Produzenten SK Innovation (SKI) und LG Energy Solution, der Batteriesparte von LG Chem (LG; wir berichteten):  Danach kann SKI nun doch die für die US-Produktion notwendigen Teile einführen. SKI hat bereits 2020 ihre erste Batteriefabrik in Georgia fertiggestellt und baut dort parallel dazu eine zweite. Vor der der außergerichtlichen Einigung hatte SKI in Erwägung gezogen, die 2,7 Milliarden US-Dollar (US$) teuren Anlagen aufzugeben und sich aus dem US-Geschäft zurückzuziehen. Das hätte die Batteriekapazitäten in den USA 2021 um rund 15 Prozent gekappt.

Und es zeigt, wie verwundbar die Branche ist. „Der Vorteil bei SKI ist, dass sie für verschiedene Unternehmen produzieren“, sagte Pat Wilson, Leiter der Wirtschaftsfördergesellschaft des Bundesstaates Georgia. Mit Ausnahme von Volkswagen (VW), dessen Werk in Tennessee SKI-Batterien für E-Fahrzeuge bezieht, und Ford (für sein E-Pick-up F-150) ist SKI nicht an langfristige Verträge mit Autobauern gebunden. Das erleichtert es Newcomern.

Im Gegensatz dazu produziert LG in den USA Autobatterien überwiegend für General Motors (GM) und Panasonic nur für Tesla. Zu diesem Zweck haben sich die Unternehmen jeweils zu einem Joint Venture zusammengeschlossen. LG und GM investieren 2,3 Milliarden US$ in Tennessee in eine zweite Fabrik, noch bevor ihr erstes Batteriezellenwerk in Ohio fertiggestellt ist. Ihre US-Produktionskapazitäten sollen dadurch von derzeit 40 auf 110 Gigawattstunden steigen. Tesla will in seiner neuen Gigafactory in Austin, Texas, seine neuen 4680er-Batteriezellen herstellen. Maschinen für den Bau dieser Zellen liefert das deutsche Unternehmen Saueressig, das sich laut dem Portal Teslamag auch vor Ort, im rund 130 Kilometer entfernten San Antonio, ansiedeln will.

Der dritte koreanische Batteriegigant, Samsung SDI, hat bisher zwar nur ein Montagewerk in Michigan, könnte sich aber ebenfalls bald zu einer Batterieproduktion in den USA entschließen: Wie im April 2021 verlautete, wird er Batteriezellen für die ersten beiden Modelle des US-Elektroauto-Start-ups Rivian liefern.

Lieferkette verwundbar

Diese Ausbaupläne sind aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und das Engpasspotenzial wurzelt viel tiefer: So kommen Batteriezellen und andere Teile für E-Auto-Batterien zu einem großen Teil aus China. Auch Panasonic, LG und SKI fertigen dort Batterieteile.

Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Neben Auftragsabschlüssen in Milliardenhöhe mit SKI investieren Ford und VW daher auch hohe Summen in die Forschung und Entwicklung: So baut Ford im Südosten Michigans für 185 Millionen US$ ein globales Batterie-Kompetenzzentrum (Ford Ion Park) auf. Dort will der US-Autobauer eigene Lithium-Ionen- und Feststoff-Akkus entwickeln und in Kleinserie fertigen. VW errichtet für rund 22 Millionen US$ ein Entwicklungslabor in Tennessee, um eigene Batteriezellen und -packs zu testen. Und GM entwickelt neue Antriebslösungen, um die Reichweite seiner gemeinsam mit LG produzierten Ultium-Akkus zu erhöhen und die Batteriekosten zu senken.

Autobauer investieren in Batterie-Start-ups

Auch Start-ups, die Batterielösungen entwickeln, gedeihen in diesem Umfeld prächtig. Das zeigen zum einen erfolgreiche Börsengänge wie die der kalifornischen Start-ups Sila Nanotechnologies (Silizium-Anoden für höhere Reichweiten) und Romeo Power (Lithium-Ionen-Batteriemodule und -packs für Elektro-Nfz), zum anderen aber auch strategische Investitionen: So haben BMW, Ford und Volta Energy Technologies in einer weiteren Finanzierungsrunde Anfang Mai 2021 zusammen 130 Millionen US$ für Solid Power aufgebracht. Das US-Start-up spezialisiert sich auf Festkörperbatterien für Elektroautos. Die ersten solcher Produkte sollen 2025 auf den Markt kommen.

Diese – löblichen – Entwicklungen dürften dem US-Präsidenten aber nicht weit genug gehen. Denn er will die Abhängigkeiten in den Lieferketten seines Landes, insbesondere von China, deutlich reduzieren: „Wir brauchen eine starke, diversifizierte und widerstandsfähige Lieferkette für Elektrofahrzeugbatterien, die in den USA angesiedelt ist“, sagte er in einer Erklärung zur Einigung im Batteriestreit von SKI und LG. Im Februar 2021 ordnete Biden per Dekret eine hunderttägige Überprüfung an, die Lieferkettenengpässe in Schlüsselindustrien aufdecken soll, darunter auch Halbleiter und E-Auto-Batterien. Für betroffene Industrien könnten infolgedessen bald strengere regulatorische Maßnahmen gelten.

Abhängigkeiten bestehen auch bei mineralischen Rohstoffen – obwohl die USA laut ihrem Geologischen Dienst über mehr Lithiumreserven verfügen als China. Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit werden in den USA dennoch bisher nicht abgebaut, weil der potenzielle Großnachfrager, die US-Autoindustrie, in den letzten Jahren allenfalls  halbherzig auf Elektromobilität umgeschwenkt ist. Tesla hat sich im Bundesstaat Nevada eine 4.000 Hektar große Fläche gesichert, um dort Lithium zu gewinnen. Bis dahin wird es aber wohl noch eine Weile dauern: Erst Anfang 2021 hat die kalifornische E-Auto-Schmiede Tausende Tonnen Lithium bis 2025 gekauft.

US-Importe von Lithium-Ionen-Akkus (in Millionen US$) *)

2017

2018

2019

2020

Insgesamt, davon aus

2.569

3.225

3.690

4.812

   China

1.068

1.510

1.877

2.100

   Südkorea

583

776

736

929

   Japan

534

524

457

637

   Deutschland

74

49

104

271

*) HS-Position 850760Quelle: US-Handelskommission (USITC)

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