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US-Unternehmen starten neue Energieeffizienzoffensiven

Dass US-Konzerne mehr in Nachhaltigkeit investieren, liegt mitunter am Druck der Zivilgesellschaft sowie von Aktionären und Anlegern. Einige liebäugeln auch mit CO2-Speicherung.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

In der Coronakrise trat das Thema Nachhaltigkeit oft in den Hintergrund. Dennoch hat laut einer Studie der Europäischen Investitionsbank (EIB) rund die Hälfte der Unternehmen in den USA 2020 in Energieeffizienzmaßnahmen investiert.

Unternehmen spüren wachsenden Druck zur Nachhaltigkeit

Das ist zum Teil sicher in der Erwartung erneut steigender Energiepreise geschehen. Doch wird ökologische Nachhaltigkeit immer wichtiger. Zahlreiche Firmen und Organisationen wurden 2021 vom US-Umweltbundesamt (U.S. Environmental Protection Agency; EPA) für herausragende Beiträge zum Umweltschutz mit dem Energy Star Award ausgezeichnet (hier die komplette Liste).

Neben der eigenen Überzeugung zum Handeln wächst auch der zivilgesellschaftliche Druck: So befürchten fast 50 Prozent der Mitte 2021 von McKinsey & Company befragten US-Bekleidungsunternehmen, Kunden zu verlieren, wenn sie ihren Sorgfaltspflichten beim Klimaschutz nicht nachkämen.

Viele Unternehmen haben sich Nachhaltigkeitsziele gesetzt und diese mit der Zeit aufgestockt. So gab zum Beispiel General Motors (GM) im September 2021 bekannt, seine US-Standorte bis 2025 komplett mit erneuerbaren Energien zu betreiben - fünf Jahre früher als zuvor angekündigt. Zudem sucht GM gemeinsam mit anderen Unternehmen nach Lösungen, Kohlenstoffemissionen in seinen Fabriken in Echtzeit zu verfolgen.

Um Hersteller zu unterstützen, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern, wird das US-Energieministerium (Department of Energy; DOE) universitären Forschungseinrichtungen (Industrial Assessment Centers; IACs) 60 Millionen US-Dollar (US$) bereitstellen. Die IACs verteilen sich auf 32 Hochschulen in 28 US-Bundesstaaten.

Die Rückgewinnung von Abwärme rückt stärker in den Fokus

Bis zur Hälfte des industriellen Energieeinsatzes geht durch Abwärme verloren. Um dieses Potenzial besser auszuschöpfen, haben die USA im Rahmen des konsolidierten Haushaltsgesetzes 2021 eine Steuervergünstigung für Investitionen in Anlagen zur Energiegewinnung aus Abfällen eingeführt, was die Verstromung von Abwärme einschließt.

So will zum Beispiel der US-Hersteller von Säuglingsnahrung Mead Johnson & Company künftig einen erheblichen Teil des Energiebedarfs seines Werks in Evansville, Indiana, mit Deponiegas decken. Eine Liste mit vielen weiteren Deponiegasprojekten stellt die EPA auf ihrer Website bereit.

Auch immer mehr Start-ups entwickeln hierfür Lösungen: Eine Beteiligungsgesellschaft aus Boulder, Colorado, hat Anfang Oktober 100 Millionen US$ in das Jungunternehmen Vision RNG investiert, das zur Erzeugung von erneuerbarer Energie Methanemissionen auf Mülldeponien in Missouri und Virginia auffangen will.

Öl- und Gassektor bietet große Potenziale für Energieeinsparung

McKinsey zufolge untersuchen auch Öl- und Gasunternehmen Energieeinsparpotenziale, die oft bei 15 bis 25 Prozent lägen. Um sie auszuschöpfen, bedarf es laut der Beratungsgesellschaft meist einer Kombination von Maßnahmen, die sich mitunter schon nach zwei bis fünf Jahren amortisieren.

Die Öl- und Gaskonzerne stehen unter Druck, denn immer mehr Investmentfirmen wollen wissen, wie sie die Nettoemissionen senken wollen. Offenbar sind Investoren dazu bereit, kurzfristige Renditen aufzugeben und ihr Geld stattdessen eher in Unternehmen anzulegen, die Wachstumsperspektiven über viele Jahre bieten. Daher investieren die US-Ölmultis zunehmend in grüne Energien und Technologien zur Entfernung von Treibhausgasen.

Energie-Start-ups profitieren von der Krise der Ölmultis

Das machen sich Start-ups zunutze, die Lösungen für eine saubere Energieversorgung entwickeln. Ölkonzerne gehen oft Partnerschaften mit solchen Jungunternehmen ein, die in spezialisierten Technologie- und Gründerzentren entstanden sind, und investieren in diese. Einige betreiben auch firmeninterne Inkubatoren, um umweltfreundliche Technologien zu entwickeln.

Halliburton kooperiert gleich mit acht Cleantech-Start-ups. Darüber hinaus will der US-Ölfelddienstleister einen Start-up-Accelerator aufbauen, der in Firmen wie PowerWell investieren könnte: Die Tochtergesellschaft von Moonflower Technologies will aufgegebene Ölbohrlöcher in Energiespeicher umwandeln. Neben Halliburton hat auch Konkurrent Baker Hughes an dem Start-up Interesse. Baker Hughes arbeitet bereits mit dem Inkubator Greentown zusammen, um einen Fuß in den Markt für neue Technologien zu bekommen.

Nach dem US-Datenbankanbieter Crunchbase haben US-Cleantech-Start-ups vom 1. bis 3. Quartal 2021 bereits 11 Milliarden US-Dollar (US$) an Wagniskapital eingesammelt, also fast das Doppelte als im Gesamtjahr 2020.

CCUS gewinnt Freunde in der Öl- und Zementindustrie

Ölriesen wie Chevron und ExxonMobil, die ihr Portfolio bislang nicht in Richtung Erneuerbarer diversifiziert haben, liebäugeln offenbar zusehends mit Technologien zur Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlenstoff (Carbon Capture, Utilisation and Storage; CCUS). Chevron hat in CCUS-Forschungs- und Entwicklungsprojekte (FuE) bereits über 1 Milliarde US$ investiert. ExxonMobil prüft weltweit gerade etwa 20 neue CCUS-Vorhaben. Occidental Petroleum arbeitet zudem an DACCS-Konzepten (Direct Air Carbon Capture and Storage) zur direkten CO2-Abscheidung aus der Luft.

Auch die US-Zementindustrie setzt auf CCUS-Technologien: So hofft der US-Zementverband PSC (Portland Cement Association), dass sich CO2 nach seiner Abscheidung im Zementwerk zur schnelleren Aushärtung von Beton wiederverwenden lässt. Obwohl die mit CCUS verbundenen Prozesse sehr energieintensiv sind, könnten solche Technologien in Zukunft mehr Fürsprecher bekommen, weil dadurch CO2-Emissionen, die sich in manchen Sektoren nur bedingt einsparen lassen, zumindest neutralisiert werden können.

Ganz neue CCUS-Anwendungen demonstriert das New Yorker Start-up Air Company: Es destilliert Vodka mit aus der Luft abgeschiedenem CO. Statt mit fermentiertem Mais und Kartoffeln wird bei dem Produkt reines Ethanol mit Wasser gemischt. Mit diesem Verfahren will Air Company nun auch Parfüms in limitierter Menge herstellen.

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