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USA müssen nationale Übertragungsnetze ausbauen

Ohne weitere Interkonnektoren zwischen nationalen und regionalen Übertragungsnetzen stockt der ökologische Umbau des US-Strommarktes. Doch das Rechtssystem erschwert Investitionen.

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

Der Strommarkt ist in den Vereinigten Staaten äußerst komplex. Mehr als 2.000 private, halböffentliche und öffentliche Betreiber sowie Stromerzeuger unterhalten lokale, regionale und überregionale Verteiler-, Versorgungs- und Übertragungsnetze. Im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien wächst die Betreiberzahl für kleine und intelligente Netze (smart grids) exponentiell.

Fünf der zehn wertvollsten Elektrizitätsversorgungsunternehmen der Welt befanden sich 2021 in den USA, wobei NextEra Energy mit Sitz in Florida die globale Rangliste anführte. Mit der Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung erwirtschaftet die Energiebranche jährlich mehr als 450 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2020 belief sich der Stromabsatz in den USA auf 3,66 Petawattstunden.

Obwohl die USA nach China der weltweit zweitgrößte Stromerzeuger sind, stieg der Bedarf an Stromimporten in den vergangenen zehn Jahren. Im Jahr 2019 kaufte das Land für über 2 Milliarden US-Dollar Strom ein. Größter ausländischer Lieferant war Kanada vor Mexiko.

Die politisch forcierte Senkung des CO2-Ausstoßes in der US-Wirtschaft, insbesondere die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten und der Ausbau der erneuerbaren Energien, erhöht die technischen Anforderungen an die Übertragungs- und Verteilernetze. Zudem muss Elektroenergie im Flächenland USA teilweise über weite Strecken transportiert werden.

Vorhandene Übertragungsnetze reichen nicht mehr aus

Dem sind die vorhandenen Übertragungsnetze nicht mehr gewachsen. Sie entstanden zum großen Teil in den 1950er und 1960er Jahren. Nunmehr müssen Milliardenbeträge in Modernisierungen und den Ausbau auf nationaler und internationaler Ebene fließen.

Die Stromübertragung innerhalb der USA basiert im Wesentlichen auf zwei synchronen Netzen zur Verbundübertragung – eins im Osten und eins im Westen. Hinzu kommen drei getrennte Netze in Alaska, in Texas und im Verbund mit Quebec in Kanada. Parallel dazu betreiben unabhängige Dienstleister und regionale Organisationen eigene Netze, meist innerhalb eines Bundesstaates.

Komplexes Rechtssystem blockiert Investitionen

Das Rechtssystem der USA verhindert einen raschen Ausbau der landesweiten Stromübertragung: In allen 50 Bundesstaaten und sechs Überseeterritorien regulieren bundesstaatliche Verordnungen und Gesetze die Stromverteilung und Stromübertragung.

Auf der Bundesebene befindet sich nachgeordnet zum U.S. Department of Energy (DOE) die Federal Energy Regulatory Commission (FERC). Die FERC reguliert unter anderem die Übertragung in den bestehenden Netzen über die Grenzen der Bundesstaaten hinweg sowie den landesweiten Stromgroßhandel. Bei ihrer Beschlussfassung ist FERC unabhängig und darf dabei gesetzlich vorgeschrieben nicht von der US-Regierung beeinflusst werden. Für ihre regulatorische Tätigkeit erhebt FERC Gebühren von den Netzbetreibern und Stromgroßhändlern.

Verschiedene Industrieverbände und Interessengruppen haben in jüngster Zeit den Druck auf die Bundes- und bundesstaatliche Politik erhöht. Damit soll der tote Punkt im Netzausbau überwunden werden. So hat die Clean Energy Trade Association im Februar 2022 bei der FERC eine Stellungnahme eingereicht. Gründer dieser Organisation sind die American Clean Power Association (ACP), die Advanced Energy Economy (AEE) und die Solar Energy Industries Association (SEIA). In der Stellungnahme fordern die Verbände einen raschen Netzausbau und unverzügliche Verbesserungen bei der Zusammenschaltung des östlichen und westlichen Übertragungsnetzes.

Biden-Regierung koordiniert Ausbauplanung

Um dem nationalen Netzausbau einen Schub zu geben und die unterschiedlichen Ausbauinitiativen erfolgreich zu koordinieren, hat die Biden-Regierung am 17. Juni 2021 die Joint Federal-State Task Force on Electric Transmission ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine Art Bund-Länder-Ausschuss, bestehend aus der FERC und der National Association of Regulatory Utility Commissioners (NARUC), in der die Bundesstaaten vertreten sind.

An den Sitzungen der Task Force nehmen FERC-Kommissare sowie Vertreter aus zehn Bundesstaaten teil. Letzte sind von der NARUC nominiert und von der FERC bestätigt worden. Die Task Force hält Absprachen zur Planung und Finanzierung von Modernisierungsvorhaben sowie zur nicht weniger komplizierten Netzaufschaltung der neuen Stromerzeuger.

Eine Schlüsselrolle beim Ausbau der Interkonnektoren fallen den Netzbetreibern Midcontinent Independent System Operator, Southwest Power Pool und Western Area Power Administration zu. Weitere 20 Versorgungsunternehmen sowie regionale beziehungsweise lokale Netzbetreiber sitzen in den meisten Fällen stets mit am Planungstisch.

Laut der Nichtregierungsorganisation Americans for a Clean Energy Grid hat der Wettbewerb um Übertragungsleitungen weltweit zugenommen. China habe in den letzten Jahren fünfmal mehr Hochspannungsleitungen fertiggestellt als Europa und 80-mal mehr als die USA.

Immerhin würden viele der Technologien und Unternehmen, die an den Projekten in China und Europa beteiligt waren, ursprünglich aus den USA stammen, stellt die Organisation fest. Die USA würden daher über ausreichend eigenes technisches Potenzial verfügen, um sich an die Spitze beim weltweiten Netzausbau setzen zu können. Die Organisation verweist unter anderem auf die Ausbaustudie Interconnections Seam Study, die im Juli 2018 auf dem TransGrid-X 2030-Symposium an der Iowa State University veröffentlicht wurde.

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