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Bevölkerungswachstum lässt Trabantenstädte gedeihen
Stadtentwicklungsprojekte haben in Usbekistan Hochkonjunktur. Die im Ferganatal gelegene Stadt Andischan wird in ihren Außenbezirken großzügig erweitert.
20.09.2021
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die südöstlichste Großstadt Usbekistans Andischan, 475 Kilometer östlich der Hauptstadt Taschkent gelegen, platzt aus allen Nähten. Wohnungen sind mehr als knapp.
In den letzten zehn Jahren ist die Einwohnerzahl der Provinzmetropole um 16 Prozent auf 450.000 Menschen gestiegen (Stand: 1. Januar 2021). Es ist nicht zu erwarten, dass der Bevölkerungszuwachs abflacht, denn ein hoher Anteil von 52 Prozent der Bewohner sind jünger als 30 Jahre. Obwohl die Provinz Andischan nur 1 Prozent der Landesfläche einnimmt, lebt hier fast jeder zehnte der rund 34,6 Millionen Einwohner Usbekistans (Stand: 1. Januar 2021).
Das Verwaltungszentrum der gleichnamigen Provinz soll in den kommenden Jahren um eine große Trabantenstadt erweitert werden. Neu-Andischan wird voraussichtlich genauso viele Einwohner zählen wie die heutige Regionalhauptstadt, heißt es in einer Regierungserklärung.
Die geplante Trabantenstadt, deren Grundstein am 17. Juni 2021 gelegt wurde, entsteht auf einem nordwestlich der Provinzhauptstadt gelegenen hügeligen Gelände im benachbarten Landkreis Andischan. Im Frühjahr 2022 soll Neu-Andischan als Stadtbezirk der lokalen Hauptstadt eingemeindet werden.
Geplante Bauzeit | 2021 bis 2041 |
Geplante Einwohnerzahl | 440.000 |
Geplante Bauetappen | 8 |
Gesamtfläche der Stadt (in ha), davon | 3.981 |
130.000 Wohnungen, soziale und Dienstleistungsobjekte sowie Gewerbegebiete | 1.662 |
Parks und andere Grünflächen | 1.820 |
Straßen und Wege | 499 |
1. Bauetappe | |
Baufläche, insgesamt (in ha) | 718 |
Anzahl der mehretagigen Wohnhäuser | 170 |
Anzahl der geplanten Wohnungen | 3.310 |
Baufläche für die erste Bauphase (in ha; 60 Wohnhäuser mit 5 bis 6 Etagen, Schule, Kindergarten, Poliklinik) | 42 |
Geplante Einwohnerzahl | 121.000 |
Ausländische Partner für die Projektumsetzung gefragt
Das Projektgeschehen in der neuen Stadt koordiniert eine interministerielle Kommission unter dem Vorsitz von Premierminister Аbdulla Aripow. Die Gesamtaufsicht und Kontrolle über das Projekt liegt in den Händen einer Arbeitsgruppe, die der erste stellvertretende Minister für Bauwirtschaft, Adilor Davronjon, leitet.
Hauptauftraggeber für lokale Infrastrukturprojekte und den Bau und Betrieb sozialer Objekte in der Trabantenstadt ist eine bei der Verwaltung der Provinz Andischan angesiedelte Direktion. Sie ist befugt, ausländische Experten für die Projektierung, Planung und Bauaufsicht mit ins Boot zu holen.
Die Regierung hat das türkische Stadtplanungsbüro Keym Kentsel Yenileme Merkezi А.S. mit der städtebaulichen Planung beauftragt. Das Unternehmen hat bereits einen Masterplan für das Projekt erstellt. Lokaler Kooperationspartner ist das staatliche usbekische Projektierungsinstitut für Städtebau O'zshaharsozlik Liti.
Mit der Erstellung von Planungsunterlagen für die Versorgungs- und Transportinfrastruktur werden unter anderem folgende spezialisierte staatliche Stellen betraut:
- O'zbekkommunalloyixaqurilish (Wasserver- und Abwasserentsorgung; Kontakt über das Ministerium für Wohnungs- und Kommunalwirtschaft),
- Yo´l Loyiha Byurosi (Straßenbau)
- Uzyulloyixa (Straßenbau),
- einige Institute des Ministeriums für Energiewirtschaft (Strom-, Gas- und Wärmeversorgung).
Darüber hinaus sollen unabhängige Ingenieur- und Beratungsunternehmen aus dem In- und Ausland in die Planung miteinbezogen werden.
Staat fördert Infrastrukturprojekte finanziell
Finanziert werden soll „Neu-Andischan“ mit Geldern aus verschiedenen Quellen, darunter aus:
- dem Staatshaushalt,
- der lokalen öffentlichen Haushaltskasse,
- dem zentralen Fonds für Wiederaufbau und Entwicklung Usbekistans (FWEU),
- Krediten lokaler Geschäftsbanken,
- privaten Investitionen.
Die erste Bauetappe fördert der FWEU mit 100 Millionen US-Dollar (US$). Durch die Finanzspritze sollen Objekte der Versorgungs- und Transportinfrastruktur und wichtige soziale Bauten errichtet werden. Weitere 80 Millionen US$ stellt der Fonds zur Finanzierung von Projekten kleiner und mittlerer Unternehmen in der Provinz Andischan bereit.
Komfortabler ÖPNV zwischen dem alten und neuen Andischan geplant
Für den öffentlichen Personennahverkehr zwischen der Provinzhauptstadt Andischan und der künftigen Trabantenstadt gibt es drei Projektvorschläge. Sie umfassen den Bau einer oberirdischen Metrotrasse, die Errichtung eines Schnellbussystems nach dem BRT-Busverkehrssystem (Bus Rapid Transport) und die Idee einer Straßenbahnstrecke. Die zentralen Planer des Transportministeriums werden die verschiedenen Varianten für eine schnelle und komfortable Verbindung nun eingehend prüfen.
Auf jeden Fall soll auf Kleinbus-Sammeltaxis verzichtet werden. Die in der Regel wenig komfortablen und oft auch ökologisch bedenklichen privaten Routentaxis prägen bislang in erheblichen Maße das ÖPNV-Angebot in Usbekistan.