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Usbekistan rückt als Beschaffungsmarkt mehr ins Visier

Usbekische Zulieferungen und Fertigwaren finden zunehmend Eingang in die Einkaufslisten europäischer Unternehmen. Das noch kleine Lieferangebot wächst von Jahr zu Jahr. 

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Usbekistan war für westliche Firmen bis vor wenigen Jahren fast ein weißer Fleck beim Global Sourcing. Heute nutzen immer mehr Unternehmen das wachsende Lieferspektrum usbekischer Unternehmen. Wirtschaftsförderagenturen, einschließlich Germany Trade & Invest, erhalten vermehrt Anfragen zu potenziellen Lieferungen aus Usbekistan. 

Die in Usbekistan 2017 gestarteten Reformen steigerten das Interesse am Sourcing aus dem zentralasiatischem Land. Sie stehen für wirtschaftliche Liberalisierung, Marktöffnung und private Investitionen. Leitmotiv ist die forcierte Integration in den internationalen Handel. 

Zollpräferenzen beflügeln transparente und wertebasierte Exporte in die EU

Usbekistan profitiert seit dem 10. April 2021 als Handelspartner der Europäischen Union (EU) von besonderen einseitigen Zollpräferenzen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS+). Ende 2023 verlängerte die EU diese Konditionen bis zum 31. Dezember 2027.

Das Präferenzsystem setzt Zölle für zwei Drittel der unter das APS fallenden Produktlinien (6.200 Warenpositionen) vollständig aus - eine Chance für das zentralasiatische Land, seine Exporte auszubauen und zu differenzieren. 

Mit Inkraftsetzung des APS+ stiegen die zollbegünstigten Exporte in die EU im Jahr 2022 auf gut 450 Millionen Euro. In den Jahren bis 2020 waren es im Rahmen des APS nur etwa 100 Millionen Euro und weniger.

Das Allgemeine Präferenzsystem (APS) ist ein Instrument der EU zur Exportförderung von Entwicklungsländern. Besondere Zollerleichterungen für Warenlieferungen in die EU (APS+) können Länder erhalten, die 27 internationale Übereinkommen in den Sektoren Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Umwelt und gute Regierungsführung anwenden. Das APS setzt den Warenursprung im begünstigten Land voraus.

Importe der EU aus Usbekistan ziehen an

Bisher zählt Usbekistan noch nicht zu den ersten Adressen für europäische Beschaffer. Doch deren Interesse an Lieferungen aus dem zentralasiatischen Land steigt stetig. In die EU gingen 2022 etwa 3,8 Prozente aller usbekischen Exporte. 2021 waren es noch 1,2 Prozent gewesen. 

Usbekistan lieferte 2023 Waren und Dienstleistungen für fast 800 Millionen US-Dollar (US$) an seine fünf wichtigsten EU-Importeure, nach 570 Millionen US$ im Vorjahr. Zu dieser Ländergruppe gehören Frankreich, Litauen, Lettland, Polen und Deutschland (76 Millionen US$).

Usbekistan peilt EU-Exporte von 1,2 Milliarden US-Dollar an

Für 2024 hat die usbekische Regierung ambitionierte Ziele für den EU-Export im Rahmen des APS+: 

  1. das Liefervolumen wertmäßig auf 1,2 Milliarden US$ zu steigern (+50 Prozent gegenüber 2022) und 

  2. bis zu 700 Erzeugnisse zu liefern (gegenüber 384 im Jahr 2023). 

Für eine enge Kooperation mit dem Ausland sollen internationale Standards und Qualitätszertifikate schnell in die usbekische Geschäftspraxis integriert werden.  

Entwicklung der Importe der EU aus Usbekistan in Mio. Euro *)

 

2019

2020

2021

2022

Gesamtimporte

172

174

384

720

    Lieferungen im Rahmen von APS+

94

109

240

454

    Anteil am Gesamtimport (in %) 

54,6

62,6

62,5

63,1

* Angaben für 2023 liegen noch nicht vor. Quelle: Eurostat (September 2023)

Vor allem Textilien und Bekleidung locken 

Größtes Beschaffungspotenzial für deutsche Unternehmen bieten vor allem Textilien (Baumwollgarn und -stoffe, Mischgarne- und -stoffe, Heimtextilien) und Bekleidung (Oberbekleidung und Unterwäsche). Zahlreiche Einkäufer, die schon länger auf dem usbekischen Markt aktiv sind, weiten ihr dortiges Engagement aus.

Zu ihnen gehört die Gesellschaft BIMECO Garnhandel, die in Usbekistan Industriegarne bezieht. Der Reformkurs, der Ausbau der Textilcluster und das Allgemeine Präferenzsystem der EU machen Bezüge aus Usbekistan noch interessanter. Das findet Stefan Overbeck, Einkaufsleiter und Prokurist von BIMECO Garnhandel, in einem Interview mit dem Magazin des Außenhandelsverbandes Nordrhein-Westfalen (AHV NRW).

Warenstruktur der zollfreien Importe der EU aus Usbekistan (APS+) im Jahr 2022
Warenstruktur 

Mio. Euro

Waren, insgesamt

454

  Chemische und artverwandte Erzeugnisse (vorwiegend Düngemittel) 

189

  Textilien/Bekleidung 

129

  Kunststoffe 

52

  Basismetalle 

26

  Obst, Gemüse, Nüsse 

23

  Andere Waren 

35

Quelle: Eurostat (2023)

Das Unternehmen Langheinrich, Weberei und Hersteller von Tischwäsche, produziert gänzlich in Usbekistan. Es ist heute Teilhaber an dem Baumwollcluster Zarhal Group in der Stadt Buchara. Von dort aus beliefert es seine Kunden im In- und Ausland, darunter auch die Fluggesellschaft Lufthansa. Im Zuge eines mittelfristigen Programms (2023 bis 2025) soll sich die Provinz Buchara zu einem Zentrum für die Produktion und den Export von Textilien und Bekleidung mausern. Auch die Zarhal Group ist dabei ein wichtiger Player. 

Deutschland führte 2022 Textilien und Bekleidung für insgesamt 29 Millionen US$ aus Usbekistan ein. Die Riege der Importe aus der EU führten allerdings Polen (78 Millionen US$) und Italien (39 Millionen US$) an. Alle drei Länder dürften 2023 ihre Bezüge ausgeweitet haben. 

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Fundgrube für Vor- und Fertigprodukte aus der Nahrungsmittelbranche

In Usbekistan schlummern viele ungenutzte Potenziale für die Beschaffung von Rohwaren (Trockengemüse und -früchte, Nüsse, Süßholzwurzel), Tiefkühlgemüse (Brokkoli, Blumenkohl, Paprika), gefriergetrocknetem Obst sowie gefriergetrockneten Erd-, Him-, Brom- und Johannesbeeren.

Ausländische Unternehmen prüfen Lieferangebote von natürlichen Zutaten für Lebensmittel sowie frischem und verarbeitetem Obst und Gemüse (darunter Zwiebeln, rote Beete, Karotten, Melonen, Konserven und Konfitüre). 

Lieferpotenzial auch in anderen Branchen 

Der massive Ausbau der elektrotechnischen Industrie lässt erwarten, dass auch dieser Industriezweig mehr in den Fokus ausländischer Einkäufer gelangt. Im 1. Halbjahr 2023 erreichten die Branchenexporte in die EU ein Volumen von 33 Millionen US$ gegenüber nur 9 Millionen US$ im Gesamtjahr 2022. Die Lieferung von Kabeln und Leitern dominiert. 

Das Unternehmen Benkam, Teil der Akfa Group, will verstärkt Aluminiumprofile nach Deutschland liefern. Die Stahlhütte Uzmetkombinat lieferte 2023 erstmals emailliertes Stahlgeschirr an einen deutschen Kunden, an die Olymp Handels GmbH. 

Auf der Lieferliste in Richtung EU stehen auch Metalle, andere Metallerzeugnisse, unbearbeitetes Zink und warmgewalzte Stäbe. 

Kontaktadressen 

Kontaktadressen in Deutschland und Usbekistan

Bezeichnung

Anmerkung

Germany Trade & Invest

Außenhandelsinformationen für die deutsche Wirtschaft

Sonderseite "Lieferketten und Beschaffung"Sonderseite von Germany Trade & Invest zu Lieferketten und Beschaffung

Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien, Büro in Usbekistan

 

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen 

GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), Büro Taschkent

Projekte für Nachhaltigkeit und höhere Wertschöpfung in Agrarlieferketten mit besonderem Fokus auf die Baumwoll- und Textilwirtschaft

Gesellschaft für Handelsentwicklung Usbekistan (zz. Neustrukturierung, frühere Agentur für Exportförderung) 

staatliche Exportförderung (unter anderem Bereitstellung von Krediten, Einführung internationaler Standards und Zertifikate) 

Import Promotion Desk (IDP) - Partnerland Usbekistan, Regionalbüro Taschkent

Initiative zur Förderung von Importen aus Usbekistan - Projekt der Entwicklungsorganisation sequa und des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) 

Plattform TextilFinds.com

internationaler dreisprachiger Online-Marktplatz für die Beschaffung von Textilien und Bekleidung in Usbekistan einschließlich von Auftragsvergaben an usbekische Unternehmen (umfasst gegenwärtig 1.600 usbekische Anbieter, mehr als 50 Unternehmen erhielten Exportaufträge) 

Gesamtmasche (Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e.V.), Fachbereich Internationale Projekte & Messen

enge Kooperation mit der Vereinigung der Textil- und Bekleidungsbetriebe Usbekistans Uztextilprom bei der Geschäftsanbahnung (Unterstützung usbekischer Unternehmen bei der Erschließung des europäischen Marktes) und der Aus- und Weiterbildung

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