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Branchen | Usbekistan | Chemieindustrie

Usbekistans Chemieindustrie investiert viel Geld in neue Projekte

Produktion und Exporte chemischer Erzeugnisse nehmen deutlich zu. Dank neuen Clustern und Modernisierungen sind ausländische Ausrüstungen, Know-how und Kapital gefragt wie nie. 

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Die Chemiebranche Usbekistans setzt ihren Expansionskurs fort. Laufende und geplante Investitionsprojekte bieten ausländischen Anbietern von Zulieferungen verschiedenster Art und ebenso Investoren lohnende Geschäftschancen. Die Coronakrise hat die Umsetzung und Vorbereitung einiger Vorhaben verzögert. Doch jetzt kommt wieder mehr Bewegung in die Branche.

Investitionen könnten höher ausfallen als erwartet

In den Jahren 2017 bis 2021 haben die Betriebe der Branchenvereinigung O'zkimyosanoat gut 1,9 Milliarden US-Dollar (US$) investiert. Im Zeitraum 2022 bis 2027 sollen allein die ausländischen Direktinvestitionen und Kredite für gestartete und geplante Projekte die Eine-Milliarde-US-Dollar-Marke deutlich überschreiten. Das große Projektportfolio in der usbekischen Chemieindustrie lässt vermuten, dass diese Grenze möglicherweise deutlich überschritten wird.

Ausgewählte bedeutende Investitionsprojekte der Chemieindustrie Usbekistans

Projekt

Investitionssumme (in Mio. US$)

Projektstand

Ansprechpartner

Gaschemiekomplex in Karakul (730.000 t Polymere/Jahr, MTO-Verfahren)

 2.500

Projekt in Vorbereitung, Erstellung des FEED und einer Machbarkeitsstudie, Klärung der Finanzierung

Gaschemiekomplex MTO (Projektansprechpartner), Sanoat Energetika Guruhi/SEG (Projektinitiator)

Kapazitätsausbau im Gaschemiekomplex Schurtan (100.000 t Polypropylen, 280.000 t Polyethylen/Jahr und andere Polymere)

1.850

Realisierung: Ende 2021 bis Ende 2024

Gaschemiekomplex Schurtan - SGCC

Ausbau der Produktion von Phosphordünger und Produktion von Stickstoffdünger in der Provinz Taschkent

1.000

Projekt in Vorbereitung, Ausarbeitung der Umweltverträglichkeitserklärung

O‘zkimyosanoat AJ

Modernisierung der Ölraffinerie Fergana, Verdopplung der Kapazität auf 2 Mio. t/Jahr (Produktion von Kraftstoffen nach Euronorm 5 sowie Flüssiggas)

410

Realisierung: Mitte 2020 bis 2023/2024 (Investitionsverpflichtung im Rahmen der Privatisierung) 

Sanoat Energetika Guruhi/SEG

Zweiter Komplex für die Produktion von PVC und kaustischer Soda (120.000 t PVC und 90.000 t kaustische Soda/Jahr), dritter Komplex in der Projektfrühphase   

400 (unter Einschluss eines dritten Komplexes bis zu 1.300)

Realisierung: 2021 bis 2023/2024

O´zkimyosanoat (Auftraggeber), Tatarstan Trade House/Türkei und CC7/China (Auftragnehmer)

Produktion von bis zu 400.000 t Ammoniak und 700.000 t Harnstoff/Jahr in Jangijer (Provinz Syrdarja)

600

Projekt in Vorbereitung, Umsetzung geplant bis etwa 2023/2024

O´zkimyosanaot AJ, Ministerium für Investitionen und Außenhandel


Produktion von Melamin (50.000 t/Jahr)

200

Realisierung: 2022 bis 2024

O‘zkimyosanoat AJ


Kapazitätsausbau im Werk für Reifen (um 2,6 Mio. Stück), Förderbänder (um 100.000 laufende Meter) und andere gummitechnische Erzeugnisse, Freizone Angren

200

Projektfrühphase, geplante Realisierung bis 2024/2025 

O´zbekkimyosanoat

Birinchi Rezinotexnika zavody

Kapazitätsausbau im Sodawerk Kungrad um 250.000 t auf 450.000 t/Jahr (später auf 1 Mio. t/Jahr)

180

Realisierung: 2022 bis 2024

JointV enture Sodawerk Kungrad (NCV International DMCC, VAE; O'zkimyosanoat), Auftragnehmer: Salus, Russland 


Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest

Die Unternehmen von O'zkimyosanoat wollen die Produktion und Exporte um jeweils ein Zehntel gegenüber 2021 ausweiten, auf 1,2 Milliarden US$ beziehungsweise 0,4 Milliarden US$. Zu den Ausfuhren gehören unter anderem 970.000 Tonnen Mineraldünger und 120.000 Tonnen andere chemische Erzeugnisse. Erwartete Umsatzeinbußen im Export durch wegbrechende Geschäfte mit der Ukraine um geschätzte circa 130 Millionen US$ sollen durch die Lieferung an andere Abnehmer ausgeglichen werden.

Kernindikatoren der Chemiebetriebe von Uzkimyosanoat (in Millionen US-Dollar)

2018

2020

2021

2022 *)

Ausstoß

542

810

1.088

1.220

Exporte

185

189

382

425

Realisierte Investitionen

467

389

140

413

*) PrognosenQuelle: Uzkimyosanoat (Tätigkeitsberichte für die Jahre 2018 bis 2021 und Entwicklungsplan für 2022)

Heimische Rohstoffe stützen die Branche

Usbekistans Chemieindustrie hat einen Trumpf in der Hand. Das Land verfügt über eigene Gasreserven, technische Salze, Baumwollzellulose und andere wichtige Ausgangsstoffe. Die Chemiebetriebe sind somit nicht den massiv steigenden Gaspreisen auf dem Weltmarkt ausgesetzt. Zudem kündigte die Regierung 2021 an, Gasexporte im Interesse der inländischen Gasveredelung auf ein Minimum zu reduzieren oder gänzlich einzustellen.

Hauptakteure der Branche sind neben der staatlichen Öl- und Gasgesellschaft O´zbekneftgaz, die Ölprodukte, synthetische Kraftstoffe und Polymere herstellt, die Industriezweigvereinigung Uzkimyosanoat AG, der Produzenten verschiedenster chemischer Erzeugnisse angehören. 

Breites Produktportfolio bei den Branchenriesen

Das Produktionsaufkommen der Öl- und Gasverarbeiter von O´zbekneftgaz bestimmen die Ölraffinerien in Fergana und Buchara sowie die Gaschemiekomplexe Ustjurt und Schurtan (Polyethylen und -propylen sowie Erzeugnisse daraus). Unter dem Dach der Branchenvereinigung  O'zkimyosanoat sind 13 teil- oder gänzlich privatisierte Industriebetriebe mit zahlreichen Produktionsstätten sowie mehrere Dienstleistungsunternehmen tätig.

Entwicklung der Produktion in Usbekistans Chemieindustrie (in Millionen US-Dollar)

2018

2019

2020

2021

Chemieindustrie, insgesamt *)

3.217

3.872

3.896

4.510

  Chemische Industrie

1.868

2.143

2.107

2.643

  Mineralölindustrie

693

1.125

1.092

1.070

  Gummi- und Kunststoffindustrie

656

604

697

797

*) inklusive GasverarbeitungQuelle: Staatliches Statistikkomitee Usbekistans 2022, O´zkimyosanoat AJ 2022

Diese Unternehmen stellen vorrangig Mineraldünger, anorganische und organische Chemieerzeugnisse, chemische Reagenzien, Pflanzenschutzmittel, kalzinierte Soda sowie Kunststoff- und Gummierzeugnisse (inklusive Reifen) her. Gut zwei Drittel der Produktion entfallen auf agrochemische Erzeugnisse. Die Vereinigung nimmt Aufgaben eines Branchenministeriums wahr. Zwei Dokumente bestimmen das Projektgeschehen:

  1. Strategie für die Entwicklung der chemischen Produktion im Zeitraum 2020 bis 2025
  2. Umsetzung eines 2019 verabschiedeten und 2021 aktualisierten und ergänzten Maßnahmenplans für die Reformierung und den Kapazitätsausbau des Industriezweige
Ausstoß ausgewählter bedeutender Chemieerzeugnisse der Unternehmen von Uzkimyosanoat (in Tausend Tonnen)

2018

2022 1) 

Mineraldünger 2) 

1.170.800

1.558.700

  Stickstoffdünger

848.000

1.201.700

  Phosphordünger

140.400

150.000

  Kalidünger

182.400

207.000

Ammonsalpetera

1.366.593

1.707.200

Harnstoff

574.278

1.111.000

Kaliumchlorid

346.232

385.000

Ammoniumsulfat

143.078

190.000

Kalzinierte Soda

188.600

200.000

Superphosphat

119.824

178.200

Ammophos (NP-Dünger)

33.900

250.000

1) Prognosen; 2) 100 % Nährstoffgehalt Quelle: Uzkimyosanoat (Geschäftsberichte 2019 und 2022)

Private Chemiebetriebe, die nicht zu O'zkimyosanoat gehören, engagieren sich in der Produktion von Kunststoff- und Gummiwaren, Farben/Lacke, Kosmetika, Waschmittel und Haushaltschemie. Mehrere Akteure mit einer ausländischen Kapitalbeteiligung sind in freien Wirtschaftszonen tätig. Bei der Umsetzung neuer Projekte in allen Chemiesparten setzt die usbekische Regierung jetzt forciert auf private Direktengagements.  

Leitlinien für die Neuausrichtung und Transformation der Chemieindustrie

- Schaffung leistungsfähiger Wertschöpfungsketten

- Reduzierung von Exporten nicht oder wenig verarbeiteter Rohstoffe

- radikaler Umbau der Wirtschaftslenkung (Reduzierung staatlicher Einflussnahme, Abkehr von überholten Planungs- und Verteilungssystemen)

- deutliche Verringerung des staatlichen Anteils in der Branche durch forcierte Gewinnung privater Investoren und zügige Privatisierung

- beschleunigte digitale Transformation aller Geschäftsbereiche der Betriebe

- Einführung internationaler Standards im Rechnungswesen 

- Umbau und mehr Investitionen in den Sektoren Aus- und Weiterbildung sowie Forschung und Entwicklung


Quelle: Präsidialverordnung für die Reformierung und den Kapazitätsausbau in der Chemieindustrie vom 13. Februar 2021

Auf- und Ausbau von sechs regionalen Chemieclustern geplant

Für neuen Schwung in der Chemiebranche sollen auch die leistungsfähigen chemisch-technologischen Cluster sorgen, die in sechs Regionen des Landes entstehen. Die Mitte 2021 von der Regierung beschlossene Clusterinitiative verfolgt vier Ziele:

  • Ansiedlung zahlreicher neuer Branchenunternehmen,
  • Auf- und Ausbau leistungsfähiger Wertschöpfungsketten,
  • verstärkte Gewinnung ausländischer Unternehmen, 
  • effektive Förderung von Innovationen sowie von Forschung und Entwicklung.
Geplante Gaschemie- und Chemie-Cluster in Usbekistan

Cluster/Standort

Anmerkungen

Nawoi - Cluster auf der Basis (Gelände) des Flaggschiffs der usbekischen chemischen Industrie Navoiyazot AJ (Schwerpunkt Düngemittel) und Herstellers von Pflanzenschutzmitteln Elektrokimyosanoat AJ


Realisierung von mehr als 20 laufenden und neuen Projekten für mindestens  3 Mrd. US$, darunter Produktion von Harn-/Thioharnstoff, flüssigem Mineraldünger, PVC, kaustischer Soda, Zyansalze, Methylchlorid, Kaliumhydroxid sowie Vinylacetat, Essigsäure und Acetaldehyd auf der Basis von Methanol, Chemieerzeugnisse für die Leder-, Möbel- und Bauindustrie

Buchara - gänzlich neuer Gaschemiekomplex (Komplex Karakul), Projekt in Vorbereitung


Produktion von Polymeren, darunter Polyethylenterephtalat (PET), Polyvinylacetat (PVAC), Ethylenvinylacetat (EVA) und Polypropylen

Kaschkadarja - Cluster auf der Basis (Gelände) und in der Nähe des Gaschemiekomplexes Schurtan/SGCC und des Kalidüngerwerkes Dechkanabad

Produktion von Polyethylen, Propylen, Komponenten für die Waschmittelproduktion, haushaltschemischen Erzeugnissen und bimodalen Polyethylen

Fergana - Chemiecluster auf der Basis (Gelände) des Düngemittelwerkes Farg´onaazot und des Ölverarbeitungswerk Farg‘ona NQIZ

Produktion von Laken, Melamin für die Möbelproduktion, synthetische Fasern für die Textilindustrie

Autonome Republik Karakalpakstan - Cluster auf der Basis (Geländes) des Gaschemiekomplexes Ustjurt/UGCC

Produktion von Kalzinierter Soda, PVC, Polyethylen, Polypropylen

Taschkent - gänzlich neuer Gaschemiekomplex auf der Basis (Gelände) des Bergbau- und Metallurgiekomplexex AGMK, Almalyk, zuzüglich eines neuen und 31 Hektar großen Industrieparks in Tschirtschik (in Gründung, Kooperationsprojekt mit dem Industriepark Technopolis Chimgrad, Tatarstan/Russland)

Produktion von Thioharnstoff, Phosphor- und Stickstoffdünger, Monoammoniumphosphat, Polymere, Protein, Waschmittel und anderen Erzeugnisse

Industriepark: Aufnahme der Produktion von mehr als 100 verschiedenen Erzeugnissen (technologische und andere Zulieferungen) für den Bedarf verschiedenster Industriezweige einschließlich der Chemieindustrie

Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest

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