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Branchenbericht | Usbekistan | Textilindustrie
Eine wachsende Auslandsnachfrage sorgt für viele neue Modernisierungs- und Ausbauprojekte. Die jüngst erweiterten EU-Zollpräferenzen stützen diesen Trend.
29.04.2021
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Usbekistan ist auf dem besten Wege, sich als ein Zentrum der Textil- und Bekleidungsindustrie auf dem Weltmarkt zu etablieren. Damit wird die Branche langfristig viele Devisen einbringen.
Die Voraussetzungen hierfür sind günstig. Neben geringen Produktionskosten, vielen motivierten Arbeitskräften und langjährigen Produktionserfahrungen verfügt das Land über die nötigen Rohstoffe. Jährlich stehen bis zu 1,1 Millionen Tonnen Baumwollfasern und 20.000 Tonnen Kokons (Planung für 2021: 22.500 Tonnen) zur Verfügung.
Die im Jahr 2017 gestartete Liberalisierungswelle bringt viel Bewegung in die Branche. Während 2016 lediglich 45 Prozent der Baumwollfasern im Inland verarbeitet wurden, waren es im Jahr 2020 ganze 89 Prozent. Schon bald könnte Usbekistan Russland als größten Textil- und Bekleidungshersteller in der GUS ablösen.
Eine weitere Neuerung sind die 82 Cluster, die in den Jahren 2019 und 2020 gegründet wurden. Dort wird Baumwolle angebaut, entkörnt und verarbeitet. In 83 der heute bestehenden 97 Cluster wird Baumwollgarn produziert. Durch Webereien und/oder Fabriken für Strumpfwaren zeichnen sich 46 Netzwerke aus, während in 50 Clustern fertige Näh- und Wirkwaren hergestellt werden.
Der Industriezweig beschäftigt heute weit mehr als 300.000 Mitarbeiter, gegenüber gut 100.000 im Jahr 2016. Sein Anteil am Industrieausstoß des Landes stieg von 7,5 Prozent (2016) auf 12,4 Prozent (2020).
Die Exporte von Textilien und Bekleidung (ohne Baumwollfasern) haben sich von 0,9 Milliarden US-Dollar (US$) auf 1,9 Milliarden US$ verdoppelt. Noch ist Baumwollgarn das Hauptausfuhrgut der Branche. Doch der Anteil von veredelten Erzeugnissen (Stoffe und Bekleidung) nimmt stetig zu.
Im Jahr 2021 sollen die Ausfuhren von Textilien und Kleidung gegenüber 2020 um fast 50 Prozent auf 2,8 Milliarden US$ steigen. Allein die Lieferungen von Näh- und Wirkwaren ins Ausland sollen von rund 650 Millionen US$ auf 1,4 Milliarden US$ zulegen.
Die Zahlen des 1. Quartals 2021 sprechen jedenfalls für den Aufschwung. Der Industriezweig expandierte gegenüber der Vorjahresperiode um 38 Prozent auf 638 Millionen US$.
Für 2025 hat sich die Branche ambitionierte 7 Milliarden US$ an Ausfuhren zum Ziel gesteckt.
Usbekistan gehört seit dem 10. April 2021 zu jenen Handelspartnern der Europäischen Union (EU), die in den Genuss des Allgemeinen Präferenzsystems (ASP+) kommen. Die Regelung umfasst 6.300 Tarifpositionen, für die die EU die Zollsätze vollständig aussetzt. Das bisher geltende System (APS) gewährte eine Zollaussetzung für 3.000 Tarifpositionen und Zollsenkungen für weitere 3.300 Positionen.
Land | 2019 | 2020 | Veränderung 2020/2019 |
---|---|---|---|
Exporte, insgesamt | 1.541 | 1.868 | 21,2 |
Nach Ländern | |||
Russland | 596 | 665 | 11,6 |
China | 390 | 403 | 3,3 |
Kirgisistan | 90 | 284 | 215,6 |
Türkei | 193 | 212 | 9,8 |
Polen | 25 | 43 | 72,0 |
Kasachstan | 38 | 43 | 13,2 |
Ukraine | 29 | 34 | 17,2 |
Iran | 42 | 21 | -50,0 |
Ägypten | 12 | 18 | 50,0 |
Belarus | 23 | 17 | -26,1 |
Nach Produktgruppen | |||
Baumwollgarn | 881 | 947 | 7,5 |
Baumwollstoffe | 74 | 104 | 40,5 |
Gewirkte Stoffe | 79 | 140 | 77,2 |
Bekleidung (Näh- und Wirkwaren) | 486 | 648 | 33,3 |
Strumpfwaren | 21 | 30 | 42,9 |
Im Rahmen des APS lieferte Usbekistan 2016 bis 2018 jährlich im Schnitt Waren für 99 Millionen Euro in die EU, darunter vor allem Kleidung und Schuhe. Für diese Lieferungen galten aber nur um ein Fünftel ermäßigte Drittlandzollsätze. Die jetzt mögliche zollfreie Belieferung des EU-Marktes setzt lediglich einen formellen Nachweis über den Warenursprung voraus.
Nach Angaben des nationalen Statistik-Komitees hat Usbekistan 2020 Textilien und Bekleidung für 70 Millionen US$ in EU-Länder exportiert. Von den im 1. Quartal 2021 gelieferten Waren dieser Produktgruppe im Umfang von 28 Millionen US$ entfielen:
Hauptabnehmer waren Polen (15 Millionen US$), Italien (5 Millionen US$) und Deutschland (2 Millionen US$).
Das System APS+ wird die usbekischen Exporte in die EU und ebenso die Investitionen in die Textil- und Bekleidungsindustrie ankurbeln. Damit werden Handel und Kooperation zwischen Usbekistan und den EU-Ländern auf ein neues Level gehoben. Branchenkenner erwarten, dass die jährlichen Lieferungen in die EU schon 2021 auf 130 Millionen bis 150 Millionen US$ steigen werden (2022: 230 bis 250 Millionen US$). Bis 2025/2026 wären gar Exporte in Höhe von 1,2 Milliarden US$ möglich.
Projekt (jährliche Kapazitäten) | Projektwert (Mio. US$) | Zeitraum der Realisierung | Investor *) |
---|---|---|---|
Baumwoll-Textil-Cluster - 22.000 t Garn, 22 Mio. laufende Meter Stoffe und 22 Mio. Näh- und Strickwaren (inkl. Jeansstoffe und Erzeugnisse daraus), Provinz Buchara | 135 | 2019 bis 2022 (Phasen 2 und 3 ab 2021) | WBM Romitex MChJ |
Baumwoll-Textil-Cluster - 7.300 t Baumwollgarn und 11.200 t Stoffe, Provinz Andischan | 122 | 2021 bis2022 | Tettra tex MChJ |
12.000 t Baumwollgarn, 3,0 Mio. Bettwäschegarnituren, 13,0 Mio. Stück andere Fertigerzeugnisse, Stadt Jizzakh | 111 | 2021 bis 2023 | Sh. Rashidov to‘qimachilik kombinati (Textilkombinat Sch. Raschidow) |
6.600 t Garn, 8,0 Mio. qm Stoffe, 3,0 Mio. Stück Fertigerzeugnisse, Provinz Taschkent | 75 | 2019 bis 2023 | Tashkent Cotton Textile Cluster (TCT) |
10.000 t Mischgarn, 3.000 t gefärbte Stoffe, 1.700 t Frotteestoffe, Provinz Andischan | 55 | 2021 bis 2023 | Nil-granit MChJ |
36.000 t Baumwollgarn, Provinz Namangan | 51 | 2020 bis 2023 | Art Soft Holding MChJ (Unternehmen Art Soft Textile) |
10 Mio. qm Stoffe, 1,3 Mio. Stück Fertigerzeugnisse, Provinz Andischan | 49 | 2020 bis 2021 | Asaka tekstil MChJ |
16 Mio. Stück Frotteewaren, 18,2 Mio. Stück andere Fertigerzeugnisse, Provinz Andischan | 45 | Projekt in Vorbereitung | Asaka Tekstil MChJ |
17,0 Mio. laufende Meter Baumwollstoffe, 20.000 t Strickgewebe , 9,0 Mio. Stück Fertigerzeugnisse, Provinz Fergana | 39 | Projekt in Vorbereitung | Fergana Global Textile MChJ |
15.000 t Baumwollgarn, 9.000 t gefärbtes Baumwollgarn und gefärbte Baumwollstoffe, Provinz Taschkent | 36 | 2021 bis 2022 | Plasteks MChJ |
36 Mio. laufende Meter Stoffe, Stadt Namangan | 36 | 2021 bis 2023 | Group Impex Textile MChJ |
4.100 t Baumwollgarn, 2,0 Mio. qm Wirkstoffe, 1.600 t Baumwollstoffe, 5 Mio. Stück Fertigerzeugnisse, 1.000 t Soft-Handtücher, Provinz Kaschkadarja | 33 | 2021 bis 2022 | Bunyodkor MChJ |
7.000 t Baumwollgarn und 1.000 t Stoffe, Provinz Jizzakh | 25 | 2021 bis 2023 | Paxtakor-teks MChJ |
Die Exportprognosen setzen voraus, dass weitere Textil- und Bekleidungshersteller internationale Standards und moderne Managementsysteme einführen.
Aktuell verfügen 1.100 Unternehmen über ein Zertifikat für Qualitätsmanagement (ISO-9001:2015) und Energiemanagement (ISO-50001). Weitere 45 Hersteller sind mit dem Produktlabel OEKO-TEX® (schadstoffgeprüfte Textilien) ausgezeichnet, während 19 Unternehmen über Sozialaudits der Initiativen BSCI (Business Social Compliance Initiative; Einhaltung der Arbeitsbedingungen in der Lieferkette) und SEDEX (Supplier Ehtical Data Exchange; Geschäftsethik in der Lieferkette) zertifiziert sind. Eine kleine Gruppe von 6 Unternehmen hat das GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard; Naturfaser-Siegel) verliehen bekommen. Bis Anfang 2022 soll sich die Anzahl der internationalen Zertifikate, Audits und Standards in der Textil- und Bekleidungsbranche auf 1.650 erhöhen. |
Zum 1. Januar 2019 gab es im Industriezweig mehr als 7.000 Unternehmen und Produktionsstätten. Davon sind knapp 2.000 unter dem Dach der Vereinigung Uztextilprom (usbekisch: O´zto´qimachiliksanoat uyushmasi) tätig. Die Mitglieder stehen für einen Großteil der landesweiten Produktion. Als Nachfolger eines früheren Industriezweigministeriums nimmt die Vereinigung bestimmte Aufgaben einer Behörde wahr.
Ihr gehören auch etwa 200 Unternehmen mit einer ausländischen Kapitalbeteiligung an. Die Partner kommen unterer anderem aus Korea (Rep.), Indien, Singapur, Deutschland, der Schweiz, Italien, Japan, den USA und Russland. Wichtige Ansprechpartner für regionale Branchenprojekte sind auch die Verwaltungen der zwölf Provinzen, der Autonomen Republik Karakalpakstan und der Hauptstadt Taschkent (Kontaktadressen unter www.gov.uz).