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Branchenbericht Vereinigte Arabische Emirate Transport und Logistik

Logistikbranche bereitet sich auf Zukunft vor

Logistikunternehmen arbeiten an neu strukturierten Geschäftsmodellen, die für eine effiziente Krisenbewältigung sorgen sollen. 

Von Heena Nazir | Dubai

Die Coronavirus-Pandemie stellt den Logistiksektor der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) vor neue Herausforderungen. Geschäftsmodelle müssen teilweise komplett umstrukturiert werden, um beispielsweise besser und schneller auf Lieferengpässe reagieren zu können. Dabei entwickeln sich unterschiedliche Trends: Unternehmen überarbeiten ihre Beschaffungsstrategie und investieren verstärkt in Digitalisierung. Dadurch ergeben sich Investitionsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen.

Neue Beschaffungsstrategien bieten Chancen für deutsche Produkte

Multisourcing, die Befreiung aus der Abhängigkeit von nur einer Bezugsquelle wird immer wichtiger, betont Mohsen Ahmad Alawadhi, CEO von Logistics District in der Freihandelszone Dubai South in einem Interview mit Germany Trade und Invest (GTAI). Er nennt als Beispiel „die iPhone-Produktion, welche während der Pandemie nach Indien verlagert wurde, um die Abhängigkeit von China zu verringern.“

Diese Beschaffungsstrategie hilft, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten so gering wie möglich zu halten. Werden wichtige Rohstoffe und Güter von mehreren miteinander konkurrierenden Lieferanten bezogen, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Lieferkettenunterbrechung. Auch der Wettbewerb auf dem Beschaffungsmarkt wird gestärkt, was sich positiv auf Qualität, Preise und Innovationskraft auswirkt.

„Dabei können deutsche - und lokale - Unternehmen in den VAE vermehrt zum Zuge kommen, die in der Vergangenheit durch höhere Kosten mit der Konkurrenz aus Fernost nicht mithalten konnten. Das Thema Verlässlichkeit wird immer wichtiger“, erklärt Oliver Oehms – Geschäftsführer der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer (AHK) in den VAE in Gesprächen mit der GTAI.

Nearshoring ist ein Weg zu mehr Zukunftsfähigkeit

Finden betriebliche Aktivitäten in Kundennähe statt, spricht man von Nearshoring. Die Förderung der Logistikkapazitäten im eigenen Land sowie die Anbindung an größere Vertriebsnetze sind laut Alawadhi das Gebot der Stunde. Die Lagerzentren rücken näher an den Endverbraucher, was den CO₂-Abdruck auf dem Weg von der Quelle zum Kunden deutlich vermindert. Diese Strategie scheint auch der Konzern Amazon zu nutzen. Im Juni 2022 machte das Unternehmen den Plan öffentlich, ein 4.700 Quadratmeter großes Logistikzentrum in Abu Dhabi zu eröffnen.

„Ob auch künftig deutsche Logistikunternehmen in dem Golfstaat ihre Präsenz ausbauen, bleibt abzuwarten. Der emiratische Markt ist relativ klein und übersichtlich. Ein Großteil der Importe (circa 60 Prozent) wird ohnehin re-exportiert“, sagte ein Logistikunternehmer in Gesprächen mit der GTAI, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Digitale Transformation vorantreiben

Die beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 brachten in den Unternehmen eine neue Offenheit für innovative Lösungen. Das Ziel war und ist, Lieferketten stabil zu halten, wobei Störungsüberwachung, transparente Prozesse und Risikoanalysen eine entscheidende Rolle spielen. Einige Unternehmen nutzten bereits entsprechende digitale Tools, andere betraten in diesem Bereich Neuland. Zufrieden bemerkt dazu Raman Kumar, Geschäftsführer bei Al-Futtaim Logistics, in diversen lokalen Zeitungen: „Die Rückverfolgbarkeit durch die Digitalisierung hat sich seit der Pandemie stark verbessert.“

Eine wichtige Schlüsselstellung nimmt dabei die Blockchain-Technologie ein. Diese macht es möglich, über ein dezentrales Netzwerk die Transaktionen transparent und abgesichert zu organisieren. Die Infrastruktur dafür ist in den VAE vorhanden. Dennoch hapert es noch an der Akzeptanz, denn nicht jedes Unternehmen ist bereit, auf diese Weise sensible Daten mit anderen zu teilen. Das ist Bedingung, denn die Blockchain kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten der Lieferkette mitmachen.

Niedrige Lohnkosten verzögern notwendige Automatisierung

Automatisierung ist die Basis für transparente und störungsfreie Lieferkettenprozesse und entscheidend für die Bewältigung der anstehenden Probleme. Durch die geringen Arbeitskosten in den VAE besteht jedoch vordergründig keine Notwendigkeit für die Implementierung automatischer Prozesse.

Darüber hinaus muss nicht nur in die Hardware investiert werden, sondern auch in Aus- und Weiterbildung. Das weltweit tätige Beratungsunternehmen McKinsey & Company stellte in einer Studie fest, dass gerade einmal ein Prozent der bei einer entsprechenden Erhebung untersuchten Unternehmen über das interne digitale Know-how zur Verbesserung der Lieferkette verfügt.

Dennoch bleibt Ahmad Alawadhi optimistisch: „Unternehmen investieren an der digitalen Front.“ Das geschehe vielleicht nicht im wünschenswerten Tempo, aber es passiere. „Und als Entscheidungsträger müssen wir uns und unsere Mitarbeiter auf diese Disruption vorbereiten.“

Steigerung der Nachfrage durch Freihandelsabkommen

Die Emirate bauen verstärkt internationale Kooperationen aus und haben in den letzten Monaten Handelsabkommen mit verschiedenen Ländern wie beispielsweise Israel und Indonesien vereinbart. Vor kurzem unterzeichnete die Golfmonarchie ein Handelsabkommen mit Indien.

Das Comprehensive Economic Partnership Agreement (CEPA) zwischen den VAE und Indien trat am 1. Mai 2022 in Kraft. Dabei wurde Zollfreiheit für mehrere Kategorien von Exportgütern garantiert. Durch die geografische Lage der VAE könne von Indien aus fast ein Drittel der Welt bedient werden. Der bilaterale Handel soll Schätzungen zufolge von 73 Milliarden in 2021 auf 100 Milliarden US-Dollar in 2026 ansteigen. Branchenexperten rechnen mit einer erhöhten Nachfrage nach Logistikdienstleistungen. Profitieren wird die Branche von weiteren Handelsabkommen, die bereits in der Pipeline sind. Kolumbien steht als nächster Kandidat bereits in den Startlöchern.

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