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Wirtschaftsumfeld | Vereinigtes Königreich | Außenhandel

Briten rutschen im Ranking der Handelspartner ab

Das Vereinigte Königreich verliert als Warenhandelspartner für Deutschland an Bedeutung. Dafür sorgt nicht nur der Brexit.

Von Marc Lehnfeld | London

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten vorläufigen Außenhandelsdaten für 2021 zeigen, dass das Vereinigte Königreich als wichtiger deutscher Außenhandelspartner auf Platz zehn abgerutscht ist. Noch im Jahr zuvor lag der Handel mit den Briten auf Platz sieben. Mit fast allen anderen Partnern der Top 10 ist der deutsche Außenhandel auf dem wirtschaftlichen Erholungskurs nach dem Coronaschlag zweistellig gewachsen. Mit dem Vereinigten Königreich aber ist das Handelsvolumen um 4,6 Prozent geschrumpft.

Damit bestätigt sich auch die Vermutung vom Herbst 2021, dass die Briten im Handelspartnerranking noch mit einem blauen Auge davon gekommen sind. Denn der gefürchtete Fall aus der Top-10-Liste konnte zumindest in 2021 vermieden werden.

Deutschlands größte Handelspartner 2022*

Rang

Warenhandelspartner

in Mrd. Euro

Veränderung gegenüber dem Vorjahr (nominal, in %)

1

Volksrepublik China

297,8

20,8

2

Vereinigte Staaten

247,8

27,5

3

Niederlande

233,7

13,3

4

Frankreich

185,8

12,8

5

Polen

167,6

13,5

6

Italien

159,8

13,4

7

Österreich

146,6

22,3

8

Schweiz

125,8

14,5

9

Belgien

123,5

19,1

10

Tschechien

112,9

16,4

11

Vereinigtes Königreich

111,0

14,1

*unbereinigte DatenQuelle: Berechnungen von Germany Trade & Invest auf der Basis von Destatis-Daten 2023

Briten könnten 2022 noch stärker verlieren

Trotzdem droht weiteres Ungemach, denn die Dezember-Daten sind noch vorläufig und könnten revidiert werden. Gegenüber Tschechien, das auf Platz elf rangiert, macht der britische Vorsprung im Handelsvolumen nur 0,2 Prozent aus. Der Fall aus den Top 10 könnte entweder mit der Zahlenrevision noch rückwirkend oder im laufenden Jahr passieren. Da sich der deutsch-britische Handel schon seit Jahren schleppend entwickelt, ist der zehnte Platz sehr wackelig. 

Während sich der deutsch-tschechische Austausch mit Gütern positiv entwickelt, werden den Handel mit dem Königreich in diesem Jahr weitere Hürden treffen. So endet schon zu Beginn dieses Jahres das von der britischen Zollverwaltung gewährte vereinfachte Einfuhrverfahren. Im Sommer steigen die Anforderungen an Lebensmitteleinfuhren. Beides betrifft auch den für den Handel mit der Europäischen Union (EU) so wichtigen Hafen von Dover, der Ende Januar vor weiteren Staus auf den Autobahnen warnte. Die Hafengesellschaft verweist neben den verstärkten Zollkontrollen aber auch auf ausgefallene Schiffe und Straßenreparaturen. Laut eines Berichts des Public Accounts Committee des britischen Parlaments sorgte der Brexit für britische Firmen bisher vor allem für gestiegene Kosten, Bürokratie und Verspätung an den Grenzen.

 

Deutscher Warenaußenhandel mit dem Vereinigten Königreich 2021

in Milliarden Euro

 Veränderung 2021/2020, in Prozent

Rang 2021 

Rang 2020

Deutsche Einfuhren

32,1

-8,5

13

11

Deutsche Ausfuhren

65,4

-2,6

8

5

Außenhandelsvolumen *

97,4

-4,6

10

7

Deutscher Exportüberschuss

33,3

+3,9

3

3

*) Rundungsabweichung: 97.428 Mio. Euro Handelsvolumen = 32.057 Mio. Euro Importe + 65.371 Mio. Euro ExporteQuelle: Destatis; Berechnung der Rangstellen durch Germany Trade & Invest

Vereinigtes Königreich spielt weiter eine wichtige Rolle

Für den außenwirtschaftlichen Erfolg Deutschlands spielt das Vereinigte Königreich aber weiter eine große Rolle. Schließlich belegt die Insel bei den deutschen Nettoexporten weiterhin den dritten Platz nach den USA und Frankreich.

Rückläufig waren im deutsch-britischen Handel vor allem die Einfuhren aus dem Königreich, die um 8,5 Prozent zurückgefallen sind und auch gegenüber dem Vorkrisenniveau 2019 noch 16,5 Prozent zurückliegen. Die deutschen Ausfuhren kamen 2019 glimpflicher davon, lagen sie nur 2,6 Prozent hinter dem Jahr 2020 zurück, aber ebenfalls noch 17,4 Prozent unter dem Niveau von 2019. 

Insgesamt zeigen die Daten, dass deutsche Exporte nur eingeschränkt vom wirtschaftlichen Erholungskurs der britischen Wirtschaft profitieren konnten. Schließlich wuchs die britische Wirtschaftsleistung 2021 entgegen der schlechten Entwicklung im Außenhandel nach Einschätzung von Oxford Economics real um 7,2 Prozent. Die Industrieproduktion legte um 4,7 Prozent zu. Im Außenhandel zeigen sich aber deutliche Unterschiede bei einzelnen Produktgruppen, wie ein Blick auf die Daten auf Güterebene zeigen.

Schwache Entwicklung bei Pkw-Exporten

Nach den aktuellsten Daten für den Zeitraum Januar bis November 2021 verzeichnen vor allem Lebensmittelausfuhren starke Einschnitte. Sie sind im Vergleich zur Vorjahresperiode um 18,1 Prozent eingebrochen und liegen noch 14,8 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Ebenso belastet zeigt sich im Export der Faktor „Automobil“, also Pkw-Ausfuhren und Kfz-Teile-Lieferungen. Geschrumpft um 8,7 Prozent macht er nur noch 14,4 Prozent am gesamten deutschen Export ins Königreich aus. Im Jahr 2018 lag der Anteil noch bei 18,6 Prozent.

Verantwortlich dafür ist aber nicht nur der Brexit. Der Chip-Mangel in der Automobilindustrie ließ die Neuwagenregistrierungen im Zeitraum von Januar bis November 2021 nur um 2,7 Prozent ansteigen. Damit hinken die Pkw-Verkäufe noch über ein Viertel hinter dem Niveau der Vorcoronazeit hinterher. Deshalb entwickelten sich die deutschen Pkw-Exporte schlecht. Gegen den Trend stemmten sich aber die Verkäufe von Volkswagen. Zwar konnten die Wolfsburger ihre Neuwagenverkäufe auf der Insel nur bei 147.826 Fahrzeugen stabilisieren. Weil aber der Absatz von Konkurrent Ford um rund 23 Prozent eingebrochen ist, wurde Volkswagen 2021 erstmals zur meistverkauften Automarke im Königreich. 

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Deutsche Ausfuhren von Industriemaschinen legen kräftig zu

Deutliche Gewinner sind Lieferanten von Industriemaschinen. Die deutschen Exporte in dieser Produktgruppe legten im Analysezeitraum von Januar bis November 2021 um 19,4 Prozent zu und übertreffen damit die überwiegend moderate Investitionszunahme in der britischen Wirtschaft. Allerdings bleiben auch sie noch um 6,5 Prozent hinter dem Vorkrisenniveau von 2019 zurück. Angesichts der als Stimulus von der britischen Regierung eingeführten Sonderabschreibungsmöglichkeit auf Maschinen- und Fabrikausrüstungen erwartet die Exporteure deutscher Maschinen auf der Insel 2022 aber ein gutes Jahr.

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