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Branchen | Vietnam | Nahrungsmittel

Markttrends

Mit steigenden Einkommen wächst in Vietnam die Nachfrage nach höherwertigen und verarbeiteten Lebensmitteln. Das ist gut für die Hersteller im Land und für ausländische Anbieter.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Die Aussichten für die Nahrungsmittelindustrie in Vietnam sind gut. Das Marktforschungsunternehmen Mordor Intelligence schätzt, dass die Industrie ihre Umsätze von 2021 bis 2026 im Durchschnitt um 8,7 Prozent pro Jahr steigern wird. Fitch Solutions erwartet, dass die Haushalte in Vietnam in lokaler Währung bis 2026 im Durchschnitt pro Jahr 10,8 Prozent mehr für Lebensmittel (ohne alkoholische Getränke) ausgeben werden. Auf US-Dollar-Basis sollen die Ausgaben um 9,8 Prozent pro Jahr steigen und dann 63,8 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen.

Im zweiten Krisenjahr 2021 waren die Einzelhandelsumsätze mit Lebensmitteln leicht zurückgegangen, aber deutlich weniger als die Umsätze mit anderen Waren. Große Teile des Einzelhandels mussten je nach Landesteil von etwa Mai bis September 2021 den Verkauf einstellen. Nur Verkaufsstellen für Grundnahrungsmittel konnten offen bleiben. Der Verkauf von Lebensmitteln hat sich seit Anfang 2022 kräftig erholt.

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Touristen kommen langsam wieder ins Land

Mitte März 2022 hat das Land sich wieder für ausländische Touristen geöffnet. Die Zahlen steigen erst langsam wieder an, aber geben der Nachfrage nach Nahrungsmitteln zusätzlichen Schwung. Bis Ende 2022 werden etwa 4 Millionen bis 5 Millionen ausländische Touristen erwartet, 2019 waren es 18 Millionen.

Nach Prognosen von Fitch Solutions könnten die Haushaltsausgaben für Nahrungsmittel 2022 um 9,5 Prozent und 2023 um 11,9 Prozent steigen. Die Ausgaben für nicht alkoholische Getränke sollen 2022 um 8,2 Prozent und 2023 um 10,3 Prozent zulegen.  

Mittelschicht wächst kräftig

Angetrieben wird die Nachfrage durch steigende Einkommen vor allem in den Metropolen Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi. Der Zuzug in die Städte führt zu höheren Löhnen und kleineren Haushalten. Dieser Doppeleffekt steigert die verfügbaren Einkommen. Im Jahr 2022 leben etwa 39 Prozent der Bevölkerung in Städten. Bis 2030 sollen es 45 Prozent sein.

Nach einer Studie der Beratungsfirma McKinsey könnte die Mittelschicht in Vietnam - definiert als Personen, die mehr als 11 US$ pro Tag ausgeben können - von 40 Millionen 2020 bis 2030 auf 77 Millionen wachsen. Die Anzahl der wohlhabenden Haushalte mit einem verfügbaren Einkommen von über 10.000 US$ pro Jahr soll sich nach Prognosen von Fitch Solutions von 3,4 Millionen 2022 bis 2026 auf 6,8 Millionen verdoppeln.

Veränderte Lebensumstände in den Städten und höhere Einkommen steigern die Nachfrage nach verpackten Lebensmitteln und höherwertigen und Luxus-Produkten. Gleichzeitig hat die Coronakrise die Ausbreitung moderner Verkaufskanäle beschleunigt. Diese profitieren von einem starken Misstrauen gegenüber nicht verpackten Lebensmitteln. Nahrungsmittelskandale und Befürchtungen vor dem hohen Einsatz von Pestiziden und anderen Chemikalien führen dazu, dass immer mehr Verbraucher verpackte und Markenprodukte sowie Waren von Supermarkt- und Convenience-Ketten bevorzugen. 

Gesundheitsbewusstsein steigt

Die Marktforscher von Fitch Solutions erwarten durch ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein in den kommenden Jahren überdurchschnittliche Zuwächse bei Meeresfrüchten sowie bei frischen und eingemachten Früchten. Milchprodukte sind trotz verbreiteter Laktoseintoleranz als gesundheitsfördernd immer stärker gefragt. Der Absatz von Süßigkeiten soll hingegen unterdurchschnittlich zulegen. 

Vietnamesische Verbraucher gelten als neugierig auf neue Produkte auch westlicher Provenienz. Die nationale Küche herrscht aber vor und unterscheidet sich in Geschmack stark von westlichen Speisen. Essen wird in der Regel frisch zubereitet und direkt verzehrt. Frühstück und Mittagessen kaufen die Menschen, ob berufstätig oder nicht, gerne in einer der unzähligen Straßenküchen oder lassen sich ihr Essen von einem Essenslieferdienst direkt an den Arbeitsplatz bringen.

Freihandelsabkommen hilft Anbietern aus der EU

Ausländische Nahrungsmittel und Restaurants fassen erst langsam in den Städten Fuß. Hier dominiert die benachbarte asiatische Küche. Insbesondere japanische Produkte genießen das Vertrauen der Menschen. Koreanische, chinesische oder thailändische Küche ist ebenfalls beliebt. Westliche Nahrungsmittel sind zumeist noch Nischenprodukte und außerhalb spezialisierter hochpreisiger Geschäfte kaum auffindbar. Deutsche Produkte genießen einen exzellenten Ruf und profitieren vom Freihandelsabkommen (EVFTA) zwischen der EU und Vietnam, das am 1. August 2020 in Kraft getreten ist. Für die meisten Nahrungsmittel aus der EU werden die Importzölle über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren wegfallen.

Reduzierung von Einfuhrzöllen auf Nahrungsmittel aus der EU

Produkt

Zollsatz vor EVFTA

Abbau

Bier

35%

10 Jahre

Wein

50%

7 Jahre

Hartkäse

10%

3 Jahre

Hühnerfleisch

bis zu 40%

10 Jahre

Schweinefleisch

bis zu 25%

9 Jahre

Essenszubereitungen (inkl. Babynahrung)

bis zu 40%

5 bis 7 Jahre

Backwaren

40%

5 Jahre

Reduzierung in gleichen Raten begann am 1. August 2020 und dann jeweils zu Jahresbeginn; Beispiel Hartkäse: zollfrei ab 1. Januar 2023Quelle: Europäische Kommission 2021


Moderne Handelsketten weiten sich aus. Der Anteil traditioneller Läden und Märkte ist von etwa 80 Prozent vor der Krise auf etwa zwei Drittel zurückgefallen. Sie bleiben aber ein wichtiger Verkaufskanal. Größere Formate haben es noch schwer, da nur 6 Prozent der Haushalte in Städten und 1 Prozent im ländlichen Raum über ein Auto verfügen. Große Ketten haben in den vergangenen Jahren massiv in Convenience-Läden investiert.  

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Wenige Akteure dominieren den modernen Lebensmitteleinzelhandel. An der Spitze stehen die vietnamesischen Ketten WinCommerce, Saigon Co.Op und Bách Hóa Xanh. WinCommerce ist Teil einer der größten Unternehmensgruppen des Landes, Masan, und will bis Ende 2022 weitere 20 Supermärkte und 700 Convenience-Läden eröffnen. Bách Hóa Xanh hatte sich mit der starken Ausbreitung der Convenience-Läden etwas verhoben und musste 2022 zunächst rund 400 Läden wieder schließen. Das Unternehmen will 2023 aber wieder expandieren.

Ausländische Akteure wie Lotte aus Südkorea, Aeon und Sakuko aus Japan und BigC aus Thailand betreiben größere Supermärkte in Vietnam und investieren weiter. Westliche Händler wie Metro oder Auchan haben sich hingegen vor einigen Jahren vom Markt zurückgezogen. Sie fallen als Markteintrittshilfen für westliche Marken aus. Die Ausweitung moderner Handelsketten kann aber den Markteinstieg für ausländische Marken erleichtern, wenn es ihnen gelingt, in das Sortiment der Ketten aufgenommen zu werden. 

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