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Bericht Wirtschaftsumfeld Vietnam Konjunktur

Chinas neue Covid-Politik hat große Auswirkungen auf Vietnam

Ende 2022 hatte China eine überraschende Kehrtwende in seiner strikten Null-Covid-Strategie vollzogen. Für Vietnam ist der Richtungswechsel von großer Bedeutung.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Nach deutlichen Lockerungen seiner zuvor strikten Null-Covid-Strategie Ende 2022 öffnete China am 8. Januar 2023 auch wieder die Grenzen für ausländische Reisende und erleichterte Auslandsreisen der eigenen Bevölkerung. Vietnam war diesen Schritt fast ein Jahr früher, am 15. März 2022, gegangen. Dabei war das Land zunächst einen ähnlichen Kurs gefahren.

Vietnam hatte 2020 die Grenzen geschlossen, Infizierte strikt isoliert, ganze Stadtteile mit Ausgangssperren belegt und die Bevölkerung kaum geimpft. Damit viele Fabriken 2021 weiterarbeiten konnten, mussten die Arbeiter oft wochenlang auf dem Werksgelände kampieren. 2021 kam aber die Kehrtwende. Vietnam begann seit dem Frühjahr massiv die Bevölkerung zu impfen und Ende 2021 gingen die Infektionszahlen stark zurück. 

Vietnam profitiert von Spannungen zwischen China und den USA

Vietnam profitiert bereits seit dem Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump 2016 von dem eskalierenden Handelskonflikt zwischen China und den USA. Unternehmen vor allem aus Südkorea, Japan, aber auch aus China und aus westlichen Ländern begannen ihre Investitionen von China nach Vietnam und in andere Länder zu verlagern, um möglichen Sanktionen zu entgehen.

Die Null-Covid-Politik Chinas hat nach Aussagen von deutschen Unternehmern diese Verlagerung von Investitionen verstärkt. Lieferengpässe während und im Anschluss an die Coronakrise führten den Unternehmen die starke Abhängigkeit von chinesischen Zulieferungen und Standorten vor Augen. Hinzu kommt der Vertrauensverlust unter ausländischen Unternehmern in China. Vielfach hatten staatliche Stellen in der Krise ad hoc harte Lockdowns und Restriktionen verfügt, die zum Teil überzogen wirkten und den Unternehmen und vor allem auch den Mitarbeitern das Leben schwergemacht haben.

Dieser Abschreckungseffekt hat sich aber mit der Lockerung in China bereits abgeschwächt. Zudem hat die chinesische Führung angekündigt, sie wolle sich nach der Kehrtwende in der Null-Covid-Politik stärker auf das Wirtschaftswachstum konzentrieren und dafür auch die Bedingungen für ausländische Investitionen verbessern.

Andere Faktoren könnten zum Nachteil Vietnams das Near-Shoring von Investitionen westlicher Firmen verstärken - also die Ansiedlung in der Nähe der USA und Europas. Der Inflation Reduction Act, der im August 2022 in den USA in Kraft getreten ist, sieht Subventionen für Hersteller von Produkten vor, die den Klimawandel bekämpfen, wie Elektrofahrzeuge oder Teile für Solarmodule. Diese müssen allerdings überwiegend in den USA oder in Ländern mit Freihandelsabkommen mit den USA wie Mexiko produziert werden. Der CHIPS und Science Act, ebenfalls vom August 2022, sieht Subventionen für die Ansiedlung von Halbleiterfabriken in den USA vor. Die Europäische Union fördert ebenfalls Hightech-Ansiedlungen innerhalb der eigenen Grenzen.

Allerdings dürfte sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China in den kommenden Jahren fortsetzen. Er könnte sich auch noch intensivieren. Seit den Zwischenwahlen 2022 hat die besonders China-kritische Republikanische Partei wieder eine Mehrheit im US-Repräsentantenhaus. Dies könnte Vietnam wieder mehr Investoren in die Arme treiben.

Auch können chinesische Investoren durch die Grenzöffnung wieder leichter nach Vietnam kommen, um Standorte zu besuchen und Ansiedlungsvorhaben voranzutreiben. Diese Investitionen sind in Vietnam oft kaum sichtbar, doch Zuflüsse aus China und Hongkong waren vor der Krise kräftig gewachsen und Industrieparks vermelden bereits wieder mehr Interesse von chinesischer Seite.

Handel wieder flüssiger

China ist aber auch ein wichtiger Handelspartner. Während der Coronajahre ist der Austausch weiter kräftig gestiegen, obwohl auch vietnamesische Unternehmen zum Teil Lieferengpässe beklagt hatten. An der vietnamesisch-chinesischen Grenze stauten sich Ende 2021 die Lkws durch Coronatests und Lockdowns auf chinesischer Seite. Die Restriktionen sich jetzt gefallen.

China ist der wichtigste Handelspartner und auch das größte Lieferland Vietnams. Die Importe aus China haben sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Aus China bezieht Vietnam die meisten Vorprodukte für die größten Exportsektoren Elektronik, Bekleidung, Maschinenbau und Schuhe. Auch als Absatzmarkt vor allem für Mobiltelefone und andere Elektronikprodukte ist China immer wichtiger, auch wenn die USA weiter mit Abstand das wichtigste Zielland sind. Die Exporte in die USA (vor allem Elektronik und Bekleidung) haben sich in den vergangenen fünf Jahren ebenfalls mehr als verdoppelt.

Der Handel mit China dürfte sich weiter deutlich ausweiten. Große Elektronikanbieter wie Samsung, LG und Apple bauen ihre Lieferketten in Vietnam aus und werden mehr Vorprodukte aus dem Reich der Mitte beziehen und mehr Endprodukte dorthin verkaufen.

Erholung des Tourismus könnte dauern

Auch im Tourismus - 2019 immerhin 9,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - war China vor der Coronakrise in wenigen Jahren zum wichtigsten Partnerland avanciert. Mit 5,8 Millionen Besuchern kam 2019 fast ein Drittel ausländischer Touristen aus dem Nachbarland.

Hier dürfte die Erholung aber langsamer erfolgen als in anderen südostasiatischen Ländern. Anders als eine Reihe anderer wichtiger Empfängerländer wie Japan und Südkorea hat Vietnam zwar nach der Öffnung am 8. Januar 2023 keine Testpflicht eingeführt. Aber die Reisegruppen, die das Gros chinesischer Touristen in Vietnam ausmachten, werden noch einige Monate auf sich warten lassen.

Ab Februar 2023 ermöglicht China zwar wieder Gruppenreisen in 20 ausgewählte Länder. Vietnam gehört allerdings nicht dazu. Umfragen zeigen zudem, dass Vietnam unter den angestrebten Reisezielen chinesischer Touristen nicht an einer der ersten Stellen genannt wird.

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