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"Eigenfertigung lohnt sich" – Lieferkette bleibt aber Thema

Dilo produziert Servicegeräte für Stromnetze und macht dabei sehr viel selbst. Trotzdem hat auch die Firma aus der Nähe von Memmingen Probleme mit fehlenden Teilen.

Von Ulrich Binkert | Bonn

"Wir haben hier eine Fertigungstiefe von 70 Prozent", sagt Christian Scheller beim Betriebsrundgang. Hier geht es, wie der Geschäftsführer von Dilo Armaturen und Anlagen feststellt, zwar nicht um "Raketentechnik", trotzdem ist die Sache komplex: Das Unternehmen aus Babenhausen bei Memmingen produziert Geräte, die bei der Herstellung oder Wartung von Hochspannungsschaltanlagen weltweit zum Einsatz kommen. Solche Geräte sind in der Lage, das eingesetzte, extrem klimaschädliche Isoliergas Schwefel-Hexafluorid (SF6) zu handhaben – und können je nach Auslegung von 3.000 bis zu 250.000 Euro kosten.

Hohe Fertigungstiefe

Lediglich die Pumpen für ihre Geräte kaufen die Allgäuer zu. Ansonsten aber scheint das Unternehmen tatsächlich so ziemlich alles selbst zu machen oder zumindest eingehend zu bearbeiten. Etwa die Schläuche mitsamt den Verbindungen, die absolut dicht sein müssen. Oder die Ventile, die zwei Mitarbeiter am Freitag kurz vor Feierabend noch zusammenbauen. Neben der Montage der Geräte gibt es eine eigene mechanische Bearbeitung, eine Blechfertigung, eine Schweißerei und seit 2019 auch eine Pulverbeschichtung. Und sogar eine kleine Schreinerei, die Kisten für den Versand in unterschiedlichen Größen zimmert.

Funktioniert solch eine hohe Fertigungstiefe und rechnet sie sich? Auch bei den relativ hohen Löhnen in Bayerisch-Schwaben, wo Arbeitslosigkeit seit Jahren praktisch ein Fremdwort ist? "Immer, wenn wir was reinholen, verdienen wir damit Geld", sagt Scheller dazu. Und bringt das Beispiel mit den Kompressoren, von denen beim Betriebsrundgang ein Stapel nackter Gehäuse zu sehen waren. Extrem hoch seien die Preise des Schweizer Lieferanten gewesen, von dem man sie vor Jahren noch bezogen habe. Und das bei einem durchaus verbesserungswürdigen Service.

"Lean Manager" achtet auf Effizienz

Die vielen unterschiedlichen Tätigkeiten und Arbeitsschritte machen die Produktion allerdings ziemlich komplex. Eine Herausforderung war auch das kräftige Unternehmenswachstum; Im Jahr 2022 setzten 350 Mitarbeitende mit 56 Millionen Euro fast dreimal so viel um wie 20 Jahre davor. Der Betrieb wuchs seit seiner Gründung im Jahr 1954 organisch, er arbeitet in rund 20 verschachtelten Gebäuden und Anbauten.

Dies ist sicher ein Grund, warum Dilo seit 2017 einen eigenen "Lean Manager" beschäftigt. Markus Götzfried kümmert sich unter anderem darum, dass alle Abläufe möglichst effizient ineinandergreifen. Bei Messgeräten etwa hat die Firma von Losgrößen- auf Fließfertigung umgestellt: "Wir stellen heute mit der gleichen Mannschaft ein komplexeres Produkt her als vorher, und das mit einer 40 Prozent kürzeren Montagezeit", sagt dazu Achim Dreier, der bei Dilo seit Anfang des Jahres Leiter Messgeräte ist.

Fertigung in Indien wegen Local-Content-Regeln

Dilo produziert nur am Stammsitz Babenhausen – bisher. Im März 2023 soll in Indien eine Auslandsfertigung an den Start gehen, anfänglich mit etwa zehn Mitarbeitern und voraussichtlich doppelt so vielen in zwei Jahren. "Grund sind aber die Local-Content-Vorschriften dort", sagt Scheller. Produkte, die nicht zu mindestens 50 Prozent aus indischer Produktion stammten, würden dort künftig bei öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr berücksichtigt.

Immerhin: "Bisher gibt es keine weiteren Länder, in denen solche Local-Content-Vorschriften absehbar sind." In China allerdings gebe es eine klare Ansage der Regierung, wo immer möglich nationale Produkte einzusetzen. Dilo exportiert laut Scheller über 90 Prozent seiner Produkte, sei es direkt an ausländische Stromnetzbetreiber oder indirekt über Hersteller von Schaltanlagen, welche die Dilo-Geräte mitliefern.

Geräte für Millionen sind eigentlich fertig – aber es fehlen Teile

Dass sich auch Dilo, trotz seiner hohen Fertigungstiefe, mit Problemen bei den Lieferketten herumschlagen muss, zeigt sich gegen Ende des Betriebsrundgangs. Kurz vor dem Versand warten einige – fast – fertige Anlagen, "da fehlen noch ein paar Teile". Im Wesentlichen handelte es sich dabei um Elektronikbauteile für Geräte, deren Wert Christian Scheller auf insgesamt rund 2,5 Millionen Euro beziffert, aber auch um Filter oder Lüfter. Generell seien Bauteile für Bedienungsdisplays, Ladeelektronik oder auch einfaches Zubehör für Kompressoren nur schwer zu bekommen. Probleme gebe es selbst bei einfachen Metallteilen: Sie stammten zwar von europäischen Lieferanten, aber auch die seien auf Vorlieferanten angewiesen.

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