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Wirtschaftsumfeld | Welt | Nachhaltigkeit
Förderbanken gestalten mit hohen Investitionen die Wirtschaft entscheidend mit. Die Vereinbarung über einheitliche Nachhaltigkeitsstandards ist ein wichtiger erster Schritt.
04.12.2020
Von Laura Sundermann | Bonn
Entwicklungsbanken investierten im Jahr 2018 weltweit rund 2,3 Billionen US-Dollar und tätigten damit etwa 10 Prozent aller öffentlichen und privaten Investitionen. In Entwicklungs- und Schwellenländern erleichtern die Banken zudem Privatinvestitionen durch Instrumente wie Garantien und technische Unterstützung. Die Strategien der Banken haben großen Einfluss auf staatliche Investitionen in diesen Ländern und damit auf ausgeschriebene Entwicklungsprojekte. Entschließen sich die Entwicklungsbanken, einzelne Sektoren wie fossile Brennstoffe oder bestimmte Projekte nicht mehr zu fördern, können bestimmte öffentliche Vorhaben möglicherweise nicht mehr oder nur noch zu hohen Kosten realisiert werden.
In einer "Gemeinsamen Erklärung aller öffentlichen Entwicklungsbanken in der Welt" haben die Banken vereinbart, ihre Strategien, Investitionsmuster, Aktivitäten und Arbeitsmodalitäten nachhaltiger zu gestalten und an einander anzupassen. Sie wollen durch ihre Investitionen und Arbeitsweise dazu beitragen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDG) und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und gleichzeitig die Folgen der Corona-Pandemie zu bekämpfen. Die Erklärung berücksichtigt Themenfelder wie Klimawandel, Umwelt, Gesundheit, soziale Entwicklung, Frauenrechte und Digitalisierung.
Der wichtigste Beschluss dürfte sein, dass die Entwicklungsbanken bis zur UN-Klimakonferenz COP26 Ende 2021 auf eine explizite Politik zum Ausstieg aus der Kohlefinanzierung hinarbeiten wollen. Außerdem werden sie die "verschiedenen Investitionen in fossile Brennstoffe" in ihren Portfolios "berücksichtigen". Eine klare Agenda zur Reduzierung fossiler Brennstoffe ist das allerdings nicht - selbst die Kohlefinanzierung läuft zunächst weiter.
Doch eine konkretere Ausgestaltung der Ziele ist vorgesehen. Aufbauend auf der Erklärung wollen die Entwicklungsbanken ein Arbeitsprogramm und einen Rahmen für die Rechenschaftspflicht entwickeln. In einem Jahr wollen die Banken eine Bestandsaufnahme der ersten Initiativen vornehmen, das Arbeitsprogramm validieren und festlegen, wie die Fortschritte bei der Umsetzung der Erklärung überwacht werden können.
Anlass für die Erklärung war der Finance in Common Summit, der im November 2020 erstmals alle 450 Entwicklungsbanken und weitere internationale Geberinstitutionen vereinte. Die virtuelle Veranstaltung fand unter der Schirmherrschaft des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron statt, der wie weitere Staatspräsidenten und UN-Generalsekretär António Guterres einige Grußworte sprach. Ein zweiter Finance in Common Summit ist für 2021 geplant.
Die gute Nachricht ist, dass zum ersten Mal fast alle Entwicklungsbanken in der Welt eine Erklärung für mehr Nachhaltigkeit unterschrieben haben. Unter den Unterzeichnern befinden sich auch die deutsche KfW Entwicklungsbank, die Französische Entwicklungsagentur (AFD), die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die China Development Bank (CDB). Letztere ist als größte Entwicklungsbank weltweit mit ihren Ausleihungen etwa neunmal so groß wie die Weltbank. Soll die globale Entwicklungsfinanzierung in den nächsten Jahren nachhaltiger werden, ist es wichtig, diesen Geber an Bord zu haben.
Doch nicht alle haben unterschrieben, einige wichtige Banken fehlen. Die Signaturen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB), der New Development Bank (NDB) und der Weltbank befinden sich nicht unter der Vereinbarung. Die ADB erklärte gegenüber den Medien, die Bank werde die Erklärung nicht unterzeichnen, "da sie Verpflichtungen enthält, die noch nicht vom ADB-Vorstand beraten wurden". Die AIIB sagte, sie werde zwar keine weiteren Kohleprojekte mehr finanzieren, dies sei aber noch keine offizielle Politik.
Abgesehen von den SDG und den Zielen des Pariser Klimaabkommens, auf die in der Erklärung direkt Bezug genommen wird, reiht sich das Dokument in einen Trend zu mehr Nachhaltigkeit ein. Dieser wird stark von europäischen Akteuren - allen voran die Europäische Union (EU) - befeuert.
Bekanntestes Beispiel dürfte der European Green Deal der EU sein. Mit dem Konzept will die EU bis 2050 klimaneutral werden. Dazu ist eine Reihe von Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Energie, Industrie und Mobilität vorgesehen. Ein Investitionsprogramm soll 1 Billion Euro bis 2030 für die Klimawende in Europa mobilisieren. Generell will die EU von 2021 bis 2027 - wie im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFF) vorgesehen - 30 Prozent ihrer Ausgaben in die Klimawende investieren. Unterstützt wird sie dabei von der EIB, die zur Klimabank wird. Ab 2021 will die Bank keine Projekte mehr fördern, die fossile Energieträger und Brennstoffe nutzen, wenn diese dabei nicht die CO2-Emissionen kompensieren. Ihre Vergabekriterien hat die EIB bereits entsprechend geändert. Weiterhin muss ab Anfang 2021 jede EIB-Finanzierung in Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen stehen.
Darüber hinaus nutzen zahlreiche private Banken sogenannte ESG-Kriterien, um die Nachhaltigkeit von Investitionen zu bewerten. ESG steht dabei für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Eine steigende Zahl an Investoren bezieht die Kriterien in ihre Investitionsentscheidungen ein.
Fazit: Die Erklärung ist wichtig für steigende Investitionen in nachhaltige Projekte, doch in ihrer jetzigen Form noch sehr vage. Gleichzeitig bestärkt sie den im Finanzsektor bereits zu beobachtenden Trend zu mehr nachhaltigen Investitionen. Unternehmen, die sich auf öffentliche Ausschreibungen bewerben, sollte dieser Trend bewusst sein.