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Special | Österreich | Smart Farming

Digitalisierung der Landwirtschaft in Österreich

Es gibt viele Ansätze zur Nutzung und Einführung digitaler Tools und smarter Landtechnik. Allerdings ist der Markt noch sehr klein und vieles in der Erprobungsphase.

Von Axel Simer | Bonn

  • Ziele: Breitgefächerte Ansätze in vielen Segmenten

    In der Landwirtschaft gibt es viele Ansätze für Smart Farming, doch strategische Ziele der Regierung fehlen.

    Smart Farming ist in Österreich seit etwa 20 Jahren ein Thema. Konkrete strategische oder mittelfristige Regierungsziele sind indes nicht formuliert. Offizielle Äußerungen bleiben eher vage und beziehen sich auf Produktivitätsfortschritte, eine effizientere Produktion, eine Entlastung der in der Landwirtschaft Tätigen, etc. "Aus unserer Sicht soll die Digitalisierung der Landwirtschaft aber vor allem ein wesentliches Ziel haben: den Bäuerinnen und Bauern das Leben zu erleichtern", verkündet beispielsweise Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger auf der Homepage des Ministeriums. Im neuesten Agrarbericht, veröffentlicht unter dem Titel "Grüner Bericht" im September 2020, sieht die Landwirtschaftsministerin die Branche eher vor den Herausforderungen des Klimawandels und der Extremwetterereignisse sowie den gesellschaftlichen Anforderungen an eine nachhaltige Produktion und einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen. 

    Allerdings finden sich in Österreich viele Projekte und Initiativen rund um das Thema Smart Farming beziehungsweise Digitalisierung in der Landwirtschaft. Bekannteste Initiative der Regierung ist die Gründung des Musterbauernhofs "Innovation Farming". Dieser digitalisierte Hof hat insbesondere das Ziel, Landwirten digitale Technologien im Praxiseinsatz zu zeigen und nahezubringen.

    Von Axel Simer | Bonn

  • Agrarwirtschaft: Wenige Landwirte nutzen Smart Farming

    Smart Farming ist bekannt und in aller Munde. Doch nur in wenigen Bereichen hat die Digitalisierung tatsächlich in den praktischen Alltag Einzug gehalten.

    Die Bruttowertschöpfung der österreichischen Agar- und Forstwirtschaft erreichte 2020 rund 4,3 Milliarden Euro. Dies entspricht in etwa dem Mittelwert der letzten Jahre. Der landwirtschaftliche Produktionswert summierte sich auf 7,7 Milliarden Euro. Davon entfielen 18 Prozent auf Milch, knapp 12 Prozent auf Getreide, 11 Prozent auf Schweine- sowie 10 Prozent auf Rinder- und Kälberhaltung.  Ebenfalls 10 Prozent machten Gemüse- und Gartenbau aus, vor Futterpflanzen und Wein mit je 7 Prozent. Das heißt, ein konkreter Schwerpunkt im Landwirtschaftssektor ist nicht vorhanden. Milch, Getreide, Schweine, Rinder und Gemüse machen das Gros des Sektors aus.

    Landwirtschaft ist breit aufgestellt

    Im Jahr 2020 belief sich laut Statistik Austria die Ackerfläche auf 1,32 Millionen Hektar, was 16 Prozent der österreichischen Staatsfläche entsprach. Den größten Anteil des Ackerlandes nahm der Getreideanbau mit 764.385 Hektar (57,9 Prozent) ein. Feldfutterbau wurde auf einer Fläche von 241.681 Hektar (18,3 Prozent) betrieben, auf Ölfrüchte entfielen 166.148 Hektar (12,6 Prozent). Während Hackfrüchte auf einer Fläche von 50.718 Hektar (3,8 Prozent) angebaut wurden, machten Körnerleguminosen mit 18.754 Hektar lediglich 1,4 Prozent des gesamten Ackerlandes aus. Rund 29.000 Hektar (2,2 Prozent) entfielen auf sonstige Ackerlandflächen beziehungsweise wurden für den Anbau von Spezialkulturen, wie Blumen, Erdbeeren sowie Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen, genutzt. Knapp 50.400 Hektar oder 3,8 Prozent des Ackerlandes lagen im Jahr 2020 brach.

    Zahl der Biohöfe steigt

    Die letzte offizielle Agrarstrukturerhebung aus dem Jahr 2016 wies insgesamt 162.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe aus. Gegenüber 2013 war dies ein Rückgang von 2,6 Prozent, gegenüber 2010 ein Minus von 6,5 Prozent. Im internationalen Vergleich gilt die österreichische Landwirtschaft als kleinstrukturiert. Auf einen Hof kommen im Durchschnitt 20 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, 32 Rinder und 109 Schweine. Die geringere Zahl von Höfen führt zeitgleich zu einem Anstieg der durchschnittlichen Hofgröße. Seit vielen Jahren steigt hingegen die Zahl der Biobauernhöfe und die Bioanbaufläche. 2019 gab es bereits 24.225 Biobetriebe laut Invekos. Immerhin 3 Prozent mehr als 2018.

    Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Österreich

    2020

    Einwohner (in Millionen)

    8,9

    Ackerfläche (in Millionen Hektar)

    1,3

    Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent; einschl. Forsten) 

    1,1

    IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern)

    Rang 17

    Quelle: Statistik Austria; IMD 2021

    Smart Farming gibt es seit der Jahrtausendwende landesweit, jedoch auf sehr niedrigen Niveau. Öffentliche Förderung genießt vor allem die landwirtschaftliche Ausbildung an Fach- und Hochschulen, die seit einigen Jahren die Digitalisierung der Landwirtschaft in die Lehrpläne aufgenommen haben. In der offiziellen Digitalisierungsstrategie der Regierung ist für die (wirtschaftlich wenig bedeutsame) Landwirtschaft kein Platz, sie profitiert aber indirekt, beispielsweise durch den forcierten Ausbau des Breitbandnetzes.  

    Digitalisierung wenig verbreitet

    Im Jahr 2018 veröffentlichte das Landwirtschaftsministerium einen Bericht zur "Digitalisierung in der Landwirtschaft". Nach vorsichtigen Schätzungen des Ministeriums werden in etwa 5 bis 10 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe Farmmanagementsysteme im Ackerbau eingesetzt. Rund 13 Prozent der Ackerflächen sollen mit GPS-gesteuerten Technologien bewirtschaftet werden.  Weiter fortgeschritten ist die Digitalisierung in der Milchwirtschaft - vor allem aus Kostengründen. Nach Einschätzung von Benjamin Ebner von der österreichischen Niederlassung der deutschen 365FarmNet sind bei Neuinvestitionen der Milchbetriebe 50 Prozent der Betriebe mit Melkrobotern, Futterautomaten, Sensoren und anderen Technologien zur Einsparung von Personalkosten dabei.

    Eine Umfrage von KeyQuest aus dem Jahr 2018 ergab, dass sich lediglich ein Sechstel der befragten Landwirte Investitionen in Digitalisierung und intelligente Technologie vorstellen kann. Allerdings: je jünger und besser ausgebildet die Befragten waren, desto größer war ihr Interesse. Das Potenzial ist groß, denn es winken erhebliche Kosteneinsparungen. Eine von Accenture 2019 veröffentlichte Studie zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in Österreich sieht drei Sektoren für einen lohnenden Einsatz: Industrie, Handel und Landwirtschaft. Für die Landwirtschaft errechneten die Studienautoren einen möglichen Produktivitätszuwachs von 38 Prozent durch den Einsatz von Smart Farming.

    Ausgewählte Projekte in Österreich

    Projekt

    Investition (in Euro)

    Stand

    Projektträger

    Studiengang Agrartechnologie und Digital Farming

    k.A.

    Seit 2019

    Fachhochschule Wiener Neustadt, in Zusammenarbeit mit Francisco Josephinum

    Forschungsprojekt Digitale Landwirtschaft

    k.a.

    2020 bis 2023

    Universität für Bodenkultur Wien (Boku)

    Innovation Farm: Pilotfarm, die zahlreiche Projekte mit privaten Partner umsetzt

    2 Millionen

    2020 bis 2023

    Francisco Josephinum

    Quelle: GTAI

    Von Axel Simer | Bonn

  • Marktstruktur: Viele in- und ausländische Anbieter sind präsent

    Noch ist Smart Farming nicht sonderlich verbreitet. Doch vielen ist klar: ohne mehr Digitalisierung geht es nicht. Auch deutsche Anbieter sind am Markt etabliert.

    ​​​​​​Die Unternehmenslandschaft bei Smart Farming ist sehr vielfältig. Und Österreich als offene Volkswirtschaft und exportabhängiges Industrieland hat keinerlei Barrieren gegenüber ausländischen Anbietern aufgebaut. Darüber hinaus hat sich in der Alpenrepublik eine sehr dynamische Start-up-Szene etabliert, für die Smart Farming ein breites Betätigungsfeld bietet.

    Innovation Farm als Türöffner

    Als zentrale Drehscheibe für das Zusammenwirken öffentlicher Akteure, privater Unternehmen und landwirtschaftlicher Betrieb hat sich die vom Landwirtschaftsministerium initiierte Innovation Farm etabliert, die an drei Standorten ein ganzes Bündel an Projekten realisiert (siehe dazu auch die Tabelle "Projekte"). Das Interesse daran steigt sowohl in der Presse als auch bei den Landwirten selbst. Viele Hersteller von Landtechnik testen ihre Geräte dort entweder selbst oder durch einen österreichischen (Vertriebs-)Partner. So zum Beispiel die dänische Firma Farmdroid ApS, die den Feldroboter Farmdroid FD20 produziert. Er wird auf der Innovation Farm für den Einsatz beim Anbau von Zuckerrüben getestet. Die US-amerikanische Case IH erprobt verschiedene Assistenzsysteme für ihren neuen Axial-Rotormähdrescher. 

    Die bayrische Geo-konzept entwickelt auf der Innovation Farm mit der schwedischen Väderstat eine satellitengestützte Maisaussaat. Den Einsatz von Sensoren in der teilfächenspezifischen Stickstoffdüngung demonstriert und testet die ebenfalls in Bayern ansässige Fritzmeier Umwelttechnik. Seit 2012 entwickelt Fritzmeier mit der Marke ISARIA innovative Lösungen im Bereich Precision Farming. Als inländische Projektpartner sind die österreichischen Traktorenhersteller Lindner und Steyr mit an Bord.

    Vorreiter Milchwirtschaft

    Am weitesten verbreitet ist der Einsatz digitaler Tools im Segment der Milchwirtschaft. Bereits 2018 sprach beispielsweise das Landwirtschaftsministerium in höchsten Tönen vom Unternehmen smaXtec und dessen "Vorreiterrolle" im Smart Farming. Das 2009 gegründete Grazer Start-up ist Branchenprimus für den Einsatz von Sensortechnik bei Rindern und Milchkühen. Über 60.000 ihrer Pansensensoren kontrollieren bereits österreichische Milchkühe. smaXtec ist auch auf der Innovation Farm aktiv, mit der Implementierung von Wiederkaumonitoring in eine Herdenmanagementsoftware. Die oberösterreichische Wasserbauer demonstriert auf der Farm Fütterungssysteme; der Verband der Rinderzüchter LKV entwickelt dort verschiedene Apps zu Herdenkontrolle und Leistungsmanangement. Gleich mehrere österreichische Unternehmen entwickeln GPS-Halsbänder für eine extensive Tierhaltung in der Weide- und Almwirtschaft. 

    Viele Anbieter bei Farm-Management

    Unter den am Markt angebotenen digitalen Farm-Management-Systemen ist der österreichische Agrarcommander führend. Am Markt eingeführt wurde der Agrarcommander im Jahr 2014 als erstes webbasiertes, professionelles Betriebsführungsprogramm für Landwirte beziehungsweise agrarische Unternehmen. Die Agrarsoftware hat sich in Österreich seitdem zum erfolgreichsten digitalen Betriebsführungsprogramm entwickelt. Die Software unterstützt konventionelle und biologische Landwirte beim Pflanzenanbau und bei den entsprechenden Aufzeichnungs- und Antragsstellungsaufgaben und kann auch überbetrieblich eingesetzt werden. Bei Vertrieb und Weiterentwicklung der Software arbeitet die Agrarcommander GmbH seit 2020 sehr eng mit der österreichischen Raiffeisengruppe zusammen. Dies dürfte ihre Marktposition weiter stärken.

    Farmdok ist ein niederösterreichisches Agartechnik-Startup mit Firmensitz in Wieselburg, das Smart-Farming-Lösungen zur Vereinfachung von Planung und Aufzeichnung in der Landwirtschaft entwickelt. Die Philosophie des Unternehmens: „Wir wollen mit einfachen Mitteln und kostengünstigen Smartphones den Landwirten die Möglichkeit geben, sich wieder ganz auf die wertschöpfende Arbeit am Feld konzentrieren zu können, ohne auf wertvolle Informationen verzichten zu müssen.“ Diese Idee wurde 2016 im Rahmen des größten österreichischen Businessplanwettbewerbs i2B sowie durch den Niederösterreichischen Innovationspreis RIZ Genius ausgezeichnet. Farmdok wird vom Austria Wirtschaftsservice sowie vom staatlichen Accent Gründerservice gefördert.

    Auch deutsche Firmen im Markt

    Aus Deutschland sind vor allem NextFarming und 365FarmNet auf dem österreichischen Markt aktiv. Die niederbayrische Farm Facts vermarktet ihre diversen Softwarepakete der Marke NextFarming über den österreichischen Partner M&O. Dieser übernimmt neben dem Vertrieb auch die Beratung und Schulung. Die 2013 gegründete Berliner 365FarmNet hingegen unterhält seit 2018 ein eigenes Büro in Österreich. 365FarmNet bietet diverse herstellerunabhängige Farm-Management-Softwarelösungen vom Herdenmanagement und Dokumentation bis zu ganzheitlichen Betriebs-Software-Paketen, sieht sich aber selbst als eher kleinen Player am Markt.



    Von Axel Simer | Bonn

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Österreich / Deutsche Handelskammer in Österreich - DHK

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Wien

    Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

    Zuständig für den Bereich Landwirtschaft

    Cluster "Digitalisierung in der Landwirtschaft"

    Getragen von der Universität für Bodenkunde Wien, Landwirtschaftsministerium und Francisco Josephinum

    Fachmesse Agraria Wels

    Österreichs führende Messe für Landwirtschaft und Landtechnik, nächster Termin: 23.-26.11.2022

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