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Branchen | Aserbaidschan | Wasserversorung, Bewässerung
Aserbaidschan will seine Wasserversorgung modernisieren und ausbauen. Wirtschaft und Bevölkerung sollen Wasser rationeller nutzen können. Die ADB will finanziell unterstützen.
10.09.2020
Von Uwe Strohbach | Baku
Dass in Aserbaidschan nicht immer durchgehend und ausreichend Wasser aus dem Kran läuft, ist eines der größten Infrastrukturprobleme. Die Wasserwirtschaft belasten wachsende Wasserdefizite, eine starke Versickerung in Bewässerungsanlagen, hohe Leitungsverluste im Trinkwassernetz, eine mangelnde Trinkwasserversorgung in vielen Landesteilen und ein häufig sorgloser Umgang mit dem Rohstoff Wasser in Betrieben und Haushalten.
1990 | 2000 | 2010 | 2018 | 2019 | |
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Wasserentnahme aus natürlichen Wasserressourcen | 16.683 | 9.637 | 11.566 | 12.847 | 13.227 |
Wasserverbrauch | 12.477 | 6.584 | 7.715 | 9.205 | 9.472 |
Trinkwasser und sonstiger Wasserbedarf in Haushalten | 402 | 449 | 405 | 306 | 312 |
Industrie und Dienstleistungen | 3.418 | 2.316 | 1.742 | 2.111 | 2.070 |
Trinkwasser | 317 | 82 | 54 | 44 | 42 |
Landwirtschaft einschließlich Bewässerung | 8.627 | 3.819 | 5.497 | 6.722 | 7.038 |
Wasserverluste (Transport) | 4.206 | 3.053 | 3.851 | 3.643 | 3.755 |
Anteil der Verluste an der Wasserentnahme (an der bereitgestellten Wassermenge; in %) | 26,0 | 27,5 | 33,2 | 28,4 | 28,4 |
Abhilfe schaffen soll eine Ende Juli 2020 von der Regierung beschlossener Aktionsplan für die effektive Nutzung der Wasserressourcen und diverse Vorhaben für eine bessere Trinkwasserversorgung in Städten und ländlichen Regionen. Durch den Aktionsplan sollen viele Projekte vorbereitet oder bereits gestartet werden. Zugleich ist er die Initialphase langfristiger Progamme für die Wasser- und Bewässerungswirtschaft im Zeitraum 2020 bis 2030.
Aserbaidschan setzt bei seinen Vorhaben auf das Know und Lieferpotenzial ausländischer Partner. Die Regierung will international erfahrene Berater für die Projektierung und wassersparende Technologien und Materialien, darunter zum Beispiel Spezialpumpen und wasserundurchlässige Kanalauskleidungen, ins Land holen.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) hat Aserbaidschan ein Darlehen über etwa 100 Millionen US-Dollar für Projekte in der Bewässerungswirtschaft in Aussicht gestellt. Die Gelder sollen in die Bewässerung von 23.230 Hektar Ackerboden in der Autonomen Republik Nachitschewan fließen.
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Mit der Erarbeitung von Machbarkeitsstudien und der Projektierung von Wasserspeichern beauftragte die Regierung den staatlichen Wasserversorger Azersu und das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen.
Die Projektvorbereitung und -umsetzung der zentralen Wasserleitungsnetze liegen im Kompetenzbereich von Azersu und des Staatlichen Komitees für Städtebau und Architektur. Projektkoordinator in der Bewässerungswirtschaft ist die staatliche Gesellschaft für Melioration und Wasserwirtschaft Azmelsuteserrüfat.
Der Aktionsplan sieht auch Investitionen in wassersparende Technologien für die Stromerzeugung vor. So sollen die Kühlsysteme in Wärmekraftwerken modernisiert werden. Ziel ist es, den Kühlwasserbedarf zur Abführung der Abwärme in den Kraftwerken signifikant zu senken.
Das Ministerium für Energiewirtschaft und der staatliche Monopolist für die Stromerzeugung und -übertragung AzerEnerji sollen bis Ende 2020 Vorschläge für die Modernisierung vorbereiten. In Aserbaidschan gibt es gegenwärtig 14 Wärmekraftwerke.
Die Analyse der aserbaidschanischen Wasser- und Bewässerungswirtschaft offenbart drei grundlegende Probleme, die es in den kommenden Jahren zu lösen gilt:
Infolge des Klimawandels, anhaltender Trockenheit und ineffizienter Wassernutzung sind die Wasservorräte in allen Speichern mit einer Kapazität von 20,5 Milliarden Kubikmeter in den Jahren 2016 bis 2020 von 16,5 Milliarden Kubikmeter auf nur noch 11,1 Milliarden Kubikmeter massiv gesunken. Der kritische Füllstand liegt bei 8,8 Milliarden Kubikmeter. Unter der geringen Füllmenge leidet die Bewässerungswirtschaft besonders stark.
Hinsichtlich des verlorengegangenen Wassers auf dem Transportweg zu den Verbrauchern nimmt Aserbaidschan eine Spitzenposition innerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ein. Der Anteil dieser Verluste am bereitgestellten Wasser betrug 2018 und 2019 nach offiziellen Angaben jeweils 28,4 Prozent. Das Gros geht auf das Konto der Bewässerungswirtschaft. Die geschätzte Verlustquote in der Branche erreicht 40 bis 45 Prozent.
Fast drei Viertel der Bewässerungskanäle in Aserbaidschan sind unbefestigt. Viele technische Anlagen sind verschlissen. In moderne Bewässerungssysteme fließen kaum Investitionen. Für deren Beschaffung stehen für die Jahre 2019 und 2020 staatliche Fördermittel in Höhe von umgerechnet 18 Millionen US-Dollar bereit. Der Finanzierungsbedarf für moderne Technologien ist jedoch ungleich größer.
Ein Fünftel der Einwohner in der Hauptstadtregion Baku und zwei Fünftel der Bevölkerung in den übrigen Landesteilen verfügen noch über keine kontinuierliche Wasserversorgung. Trockene Wasserhähne über mehrere Tage sind auch in verschiedenen Regionen der Landesmetropole keine Seltenheit. Viele Gemeiden im Land sind noch nicht an eine zentrale Wasserversorgung angeschlossen oder verfügen über kein funktionsfähiges Trinkwassernetz.