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Die Anzahl der in Planung befindlichen Großspeicher steigt sprunghaft an. Auch der Markt für Heimspeicher dürfte 2020 wachsen.
05.10.2020
Von Heiko Stumpf | Sydney
Australien entwickelt sich zum Vorreiterland für große Batteriespeicher. Erst im September 2020 wurde die Erweiterung der weltweit zweitgrößten Lithium-Ionen-Batterie im Bundesstaat South Australia (SA) fertiggestellt. Die Leistung des international bekannten Hornsdale Power Reserve (Noen/Tesla) erhöht sich dadurch auf 150 Megawatt (MW; Kapazität 150 Megawattstunden (MWh)).
In den kommenden Jahren dürften weitere Großanlagen entstehen. Die Analysten von Rystad Energy berichten von hoher Marktdynamik. So hat sich die Projektpipeline für Großbatterien in den letzten eineinhalb Jahren verfünffacht. Noch Anfang 2019 gab es landesweit Projekte mit einer Gesamtleistung von 5 Gigawatt (GW). Zur Jahresmitte 2020 waren es bereits 25 GW, verteilt auf etwa 140 Einzelvorhaben.
Besonders ehrgeizige Ziele setzt sich die französische Noen mit der geplanten Goyder Renewables Zone in SA. Dort soll zusammen mit Wind- und Solarparks ein gigantischer Batteriespeicher entstehen (900 MW/1.800 MWh). Der Bau wird in drei Phasen erfolgen (jeweils 300 MW/600 MWh). Die Pläne stellen selbst die derzeit größte Batterie der Welt im kalifornischen San Diego deutlich in den Schatten (Gateway Project, 250 MW). In Geelong (Victoria) will Noen eine weitere Großbatterie mit einer Leistung von 600 MW errichten.
Eine hohe Investitionstätigkeit entfaltet auch der Energiekonzern AGL Energy. Bis 2024 sollen Speicher mit einer Gesamtleistung von 850 MW entstehen. Kernstück ist dabei ein geplanter Batteriepark mit 500 MW am Standort des Kohlekraftwerks Liddell. Dieses wird 2023 abgeschaltet, die vorhandene Netzinfrastruktur soll jedoch weiter genutzt werden. Fünf weitere Batterien werden zusammen mit den Partnerunternehmen Maoeng Group und Vena Energy realisiert.
Name | Standort | Entwickler | Leistung in MW/Kapazität in MWh |
---|---|---|---|
AGL Battery Project | New South Wales | AGL Engergy/Maonen Group | 200/400 |
Collinsville North Battery Project | Queensland | Vena Energy | 150/300 |
Chrystal Brook Energy Park | South Australia | Noen | 130/400 |
Wandoan South | Queensland | Vena Energy | 100/150 |
Kaban Green Energy Hub | Queensland | Noen | 100/n.n |
Uralla Renewable Energy Hub Battery | New South Wales | Walcha Energy | 100/150 |
Playford Utility Battery | South Australia | Simec Energy | 100/100 |
Sun Cable Battery Project | Northern Territory | Sun Cable | 100/200 |
Rodds Bay Battery Project | Queensland | Renew Estate | 82/164 |
Como Battery Project | Queensland | Genex Power | 50/75 |
New England Battery Project | New South Wales | UPC Renewables | 50/50 |
Tailem Bend Battery Project | South Australia | Vena Energy | 42/84 |
Berrybank Battery Project | Australian Capital Territory | Global Power Generation (GPG) | 10/20 |
Diese Entwicklung steht in Zusammenhang mit Veränderungen im australischen Strommarkt. Bis 2040 werden im Netz der Ostküste (National Electricity Market, NEM) circa 60 Prozent der bestehenden Kohlekapazitäten von rund 23 GW stillgelegt. Als Ersatz ist ein gewaltiger Zubau von Wind- und Solarkraftleistung erforderlich. Nach einem mittleren Szenario des Australian Energy Market Operators (AEMO) werden dadurch Speicherkapazitäten von über 12 GW benötigt, um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten.
Branchenkenner erwarten, dass sich neben Pumpspeicherkraft auch Batterien größere Marktanteile sichern können. Derzeit erzielen operative Anlagen wie das Hornsdale Power Reserve noch über 80 Prozent ihres Umsatzes durch Netzdienstleistungen auf dem Markt für Systemdienstleistungen (Frequency Control Anciliary Services (FCAS)). Da dieser jedoch nur begrenztes Potenzial bietet, müssen sich die Projektentwickler neue Einnahmequellen erschließen.
Noen zielt mit der geplanten Goyder-Batterie darauf ab, Hedgegeschäfte an der Strombörse anbieten zu können. Durch die Flut an Solarstrom fallen im Stromhandel die Spotpreise im NEM zur Mittagszeit zudem immer häufiger in den negativen Bereich, steigen zur Spitzlastzeit dann jedoch wieder deutlich an. Weil die Preisunterschiede zwischen Peak- und Off-Peak-Zeiten stärker auseinanderdriften, dürften Batteriebetreiber zunehmend auch über Arbitrage Geld verdienen können, indem sie zu Niedrigpreis-Stunden gespeicherten Strom zu Zeiten mit Spitzenlast ins Netz einspeisen.
Die regulatorischen Voraussetzungen dafür werden deutlich verbessert. So wurde der durchschnittliche Spotpreis im NEM bislang in einem dreißigminütigen Intervall berechnet. Ab Oktober 2020 wird dieses Intervall auf 5 Minuten verkürzt. Technologien wie Batteriespeicher, die schnell auf Nachfrageschwankungen reagieren können, werden profitieren.
Seitens der Regierung werden zudem neue Fördermittel für die Batterieforschung bereitgestellt. Im Rahmen der Technology Investment Roadmap werden bis 2030 insgesamt 11 Milliarden US$ in innovative Energielösungen investiert. Dabei wird die Entwicklung von Langzeit-Energiespeichern (Long-duration energy storage; 6 bis 8 Stunden oder mehr) zu einem Preis von unter 100 Australischen Dollar ($A) pro MWh angestrebt.
Australien entwickelt sich auch zu einem interessanten Absatzmarkt für Hersteller von Heimbatterien. Landesweit haben bereits 2,3 Millionen Haushalte eine Solaranlage auf dem Dach. Die installierte Gesamtleistung erreicht bereits rund 10 GW. Mit einem erwarteten Zubau von fast 3 Gigawatt könnte 2020 ein neues Rekordjahr werden.
Dadurch gibt es eine große, potenzielle Käuferschicht. Insgesamt sind in den Haushalten bereits rund 73.000 Heimspeichersysteme installiert, mit einer Gesamtkapazität von mehr als 1 Gigawattstunde (GWh). Nach Prognosen von Sunwizz könnten 2020 rund 28.000 Systeme verkauft werden. Auch andere Marktforscher rechnen mit einer positiven Marktentwicklung. Wood Mackenzie erwartet bis 2025 einen Anstieg der installierten Heimspeicherkapazität auf 4,2 GWh.
Der Bundesstaat Western Australia bringt mit dem Distributed Energy Buyback Scheme einen auf Heimbatterien ausgerichteten Einspeisetarif auf den Weg. Zwischen 15 und 21 Uhr wird eine Vergütung von 10 Cent pro kWh gewährt, zu anderen Tageszeiten sind es nur 3 Cent pro kWh. Auch in anderen Bundesstaaten gibt es Förderinstrumente.
Bundesstaat | Name | Anmerkung |
---|---|---|
South Australia | Zuschuss beim Kauf eines Heimsystems 200$A pro kWh, maximal 3.000 $A pro System insgesamt sollen 40.000 Systeme bezuschusst werden | |
Victoria | Der Kauf von Heimsystemen wird mit maximal 4.174 $A bezuschusst, begrenzt auf bestimmte Gebiete mit hoher Sonneneinstrahlung | |
New South Wales | Zinsfreie Darlehen (bis zu 14.000 $A) für den Kauf von PV-Anlagen mit Batteriespeicher, noch begrenzt auf bestimmte Regionen wie Hunter Valley; großflächige Einführung mit bis zu 300.000 geförderten Systemen soll 2021 starten | |
Northern Territory | Der Kauf von Batteriesystemen wird mit bis zu 6.000 $A pro Anlage unterstützt, Einspeisetarif von 8,3 Cent pro kWh |
Führend bei der Implementierung von virtuellen Kraftwerken (Virtual Power Plants (VPP)) ist SA mit 7 Projekten. Die Regierung von SA fördert das South Australia Virtual Power Plant (SA VPP), welches mit 50.000 Teilnehmern eines der weltweit größten werden soll. New South Wales unterstützt mit dem Emerging Energy Program den Aufbau von 5 VPP. AGL Energy will an der Ostküste bis 2024 ein VPP mit 350 MW errichten.
Western Australia erprobt hingegen das Konzept von Community Batteries. Hierbei können Haushalten mit Solaranlagen Speicherkapazitäten über ein Abonnement anmieten. (beispielsweise 1,60 $A pro 6 kWh).