Belarus treibt Automatisierung der Schuhindustrie voran

Die Produktion von Lederschuhen gilt als vergleichsweise arbeitsintensiver Prozess mit beschränkten Möglichkeiten zur Automatisierung. Das Unternehmen Lacit, eine Tochter des Schuhherstellers Belwest, entwickelt jedoch seit einigen Jahren den Einsatz von Robotern in der Schuhproduktion.

Im Sommer 2020 startete Belwest den Testbetrieb einer ersten Produktionslinie. Dabei kommen Roboter bei Routineaufgaben zum Einsatz. Hierzu zählen die Qualitätskontrolle des Leders, der Zuschnitt von Teilen und der automatisierte Transport. Dank moderner Technik können menschliche Fehler reduziert und die Eigenschaften des Leders besser überprüft werden. Der Zuschnitt und die Anordnung der Teile erfolgen mithilfe künstlicher Intelligenz. Die Betriebsleistung wird jetzt auf einen Dreischichtablauf umgestellt.

Geschäftsführer Ruslan Pawlow zufolge hat Lacit seine Entwicklungen zur Robotisierung der Schuhproduktion erstmals im Februar 2020 auf der Messe SIMAC in Mailand präsentiert. "Wir haben uns davon überzeugt, dass unsere Lösungen innovativ für den Markt sind. Mehr als 300 Vertreter der Branche haben sich dafür interessiert, darunter weltweit führende Marken, für die ein Besuch in unserem Werk in Wizebsk vorbereitet wird."

Die Automatisierung soll dazu beitragen, die Produktivität und Qualität zu erhöhen, Kosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu steigern. Eine Rolle spielt auch der zunehmende Personalmangel in der Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie mit ihrem unterdurchschnittlichen Lohnniveau und der häufig monotonen Arbeit. Nach Aussage von Tatjana Lugina, der Leiterin des staatlichen Konzerns Bellegprom, sollen die Erfolge von Belwest bei der Automatisierung auf weitere Betriebe übertragen werden. Die Holding Bellegprom umfasst die größten Unternehmen aus der Bekleidungs- und Lederindustrie in Belarus.

Belwest investiert in Ausweitung der Produktion

Mit einer Produktion von jährlich rund 2 Millionen Paar Schuhen ist Belwest der größte Schuhhersteller in Belarus. Ein weiterer bedeutender Produzent ist das Unternehmen Marko. Belwest strebt eine Ausweitung der Schuhproduktion auf 3 Millionen Paar bis Ende 2023 an. Dieses Ziel sowie Investitionen in Höhe von 30 Millionen Belarus-Rubel (rund 12 Millionen US-Dollar) sind auch im Präsidialerlass Nr. 278 vom 25. Juli 2019 verankert, der den Ausstieg der staatlichen Holding Bellegprom aus Belwest festlegt.

Ursprünglich hatte Belwest 1988 die Firmen Salamander und die Fabrik "Roter Oktober" in Wizebsk (russisch: Witebsk) als deutsch-belarussisches Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Später übernahmen russische Investoren den Anteil von Salamander.

Die Belwest-Tochter Lacit wurde im Jahr 2017 gegründet, Das Unternehmen ist Resident des Belarus Hi-Tech Parks und erarbeitet Lösungen in den Bereichen Automatisierung und künstliche Intelligenz. Zu Lacit gehört die Entwicklungfirma ICOL mit Büros in Belarus, Italien (Mailand), Russland (Moskau) und Spanien (Barcelona).

Programm zur innovativen Entwicklung verabschiedet

Das Projekt zur Automatisierung der Schuhproduktion ist Teil des am 15. September 2021 verabschiedeten Staatlichen Programms zur innovativen Entwicklung der Republik Belarus 2021 bis 2025. Dabei sollen landesweit mindestens 100 innovative Projekte umgesetzt werden, die der Staat mit verschiedenen Anreizen unterstützt. Weitere Elemente des Programms sind folgende Projekte:

• Bau von Werken zur Produktion von Aminosäuren durch das Unternehmen Belarusian National Biotechnological Corporation;
• Bau eines Zentrums für Herzchirurgie am Republikanischen Zentrum Kardiologia;
• Herstellung bioresorbierbarer polyfunktioneller Arzneimittel im staatlichen Unternehmen Unitechprom BGU;
• Biopharmazeutische Herstellung von Arzneimitteln auf Grundlage rekombinanter Technologien und Fraktionierung von Blutplasma im Republikanischen Wissenschafts- und Praxiszentrum für Transfusion und medizinische Biotechnologie.

Leichtindustrie ist wichtiger Wirtschaftszweig in Belarus

In der belarussischen Textil-, Bekleidungs- und Leichtindustrie arbeiten etwa 85.000 Menschen in rund 2.000 Unternehmen. Die größten davon sind in der staatlichen Holding Bellegprom zusammengefasst. Die Branchen standen 2020 für 3,4 Prozent der gesamten Industrieproduktion. Russland ist der wichtigste Absatzmarkt. Chancen erhofft sich die Branche aber auch in Europa - nicht zuletzt dank der geografischen Nähe und den Möglichkeiten, schneller auf Trends und die Entwicklung der Nachfrage reagieren zu können als die großen Produzenten in Asien.

Im Coronajahr 2020 litt die Leichtindustrie unter der gesunkenen Binnen- und Auslandsnachfrage. Die Schuhproduktion geht allerdings bereits seit einigen Jahren zurück.

Russland ist wichtigster Exportmarkt

Russland ist mit weitem Abstand das wichtigste Abnehmerland für Schuhe aus Belarus. Bei den Importen hat China Russland in den letzten Jahren auf Rang zwei verdrängt.

Weiterführende Informationen:

Repräsentanz der deutschen Wirtschaft in Belarus; Arbeitgruppe "Innovationen und Digitalisierung"

Messe BelTexIndustry, nächster Termin: 6. bis 8. Oktober 2021, Minsk