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Der Ausbau der 5G-Netze geht in der Volkrepublik mit Volldampf voran. Im Ausland beißen Huawei & Co. aber zunehmend auf Granit. Hinzu kommen schmerzhafte US-Liefersanktionen.
13.01.2021
Von Roland Rohde | Hongkong
Chinas Willen, den Mobilfunkstandard der fünften Generation (5G) weiter auszubauen, ist ungebrochen. Das Reich der Mitte sieht in der neuen Technologie ein wichtiges Sprungbrett, um sich international als innovative Nation zu etablieren. Tatsächlich ist es der Volksrepublik gelungen, noch vor anderen Ländern in Europa, Nordamerika und Asien ein entsprechendes Netz im nennenswerten Umfang aufzubauen.
Covid-19 hat daran wenig geändert. Zwar kam es im Frühjahr 2020 pandemiebedingt vorübergehend zu Verzögerungen beim Ausbau der entsprechenden Infrastruktur. Doch wurden die Störungen relativ rasch behoben. Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie MIIT (Ministry of Industry and Information Technology) gab bekannt, dass Ende 2020 rund 750.000 Empfangsstationen für den 5G-Einsatz in Betrieb seien.
Die Mobilfunkgesellschaften waren auch aktiv und drängten ihre Kunden zum Abschluss neuer 5G-Verträge. Der Marktführer China Mobile zählte nach Angaben der China Daily Ende November 2020 insgesamt 90 Millionen neue Verträge. Nach Schätzung des Mobility Report von Ericcson gab es in der Volksrepublik Ende 2020 rund 175 Millionen 5G-Kunden. Das entsprach gemessen an den weltweiten Nutzerzahlen von 220 Millionen einem Anteil von 80 Prozent.
Auch die Endgerätehersteller nutzten die Gunst der Stunde und brachten eine Flut an 5G-tauglichen Smartphones auf den Markt. Diese sind zwar im Durchschnitt wesentlich teurer als die bisherigen 4G-Geräte. Doch es gibt inzwischen auch Modelle für unter 200 US-Dollar (US$). So mancher Kunde zeigte sich allerdings enttäuscht. Es häufen sich Klagen über einen schlechten Empfang und zu geringe Fortschritte bezüglich der Geschwindigkeit.
Indikator | Stand November 2020 |
---|---|
Mobilfunknutzer (in Mio.), davon | 1.597 |
4G-Nutzer | 1.292 |
5G-Nutzer 1) | 175 |
Sättigungsrate Mobilfunk gesamt (in %) 2) | 114 |
Sättigungsrate 4G (in %) 2) | 92 |
Sättigungsrate 5G (in %) 1)2) | 13 |
Von Germany Trade & Invest befragte chinesischen 5G-Smartphonebesitzer äußerten, dass die Geschwindigkeit im Alltagsbetrieb kaum schneller als mit der bisherigen Technologie sei. Lediglich für Online-Spiele bestehen echte Vorteile. Leistungsfähige Modelle seien zudem nicht nur recht teuer und schwer, sondern müssten auch häufiger aufgeladen werden. Doch wer 2021 oder 2022 ein neues Smartphone kauft, dürfte trotzdem in den allermeisten Fällen ein 5G-Gerät wählen.
Covid-19 hat zudem für zusätzlichen Rückenwind für 5G gesorgt. Die Digitalisierung der chinesischen Wirtschaft und Gesellschaft hat sich pandemiebedingt nochmals beschleunigt. Nicht nur der E-Commerce boomt. Auch bei E-Education oder E-Health konnten zahlreiche neue Kunden gewonnen werden. Ebenso halten Firmen mehr Online-Meetings als vor der Krise ab.
Entsprechend steigt der Bedarf an leistungsfähigen Netzen der Informations- und Telekommunikationstechnik (IKT). Dem MIIT zufolge sollen 2021 mehr als 600.000 Empfangsstationen für den 5G-Betrieb installiert werden. Das Qianzhan-Institut geht von 800.000 Einheiten aus. Laut dem China Internet Report der South China Morning Post (SCMP) benötigt die Volksrepublik langfristig bis zu 10 Millionen entsprechende Stationen, wenn die ganze Bevölkerung abgedeckt werden soll.
Bis dahin dürfte es aber noch eine Weile dauern. Chinas Akademie für Informations- und Kommunikationstechnologie CAICT (China Academy of Information and Communications Technology) geht für 2023 von über einer halbe Milliarde 5G-Nutzern aus. Schon 2026 werde man sich der 1-Millliarde-Grenze nähern. Allerdings wird es nach Einschätzung des Think Tanks erst dann mehr 5G- als 4G-Kunden geben. Das Analysehaus GSMA erwartet dies bereits für 2025. Für 2028 geht CAICT von mehr als 1,2 Milliarden 5G-Anwendern aus. Das Qianzhan-Institut kommt auf eine schnellere Marktsättigung: schon 2024 könnte es gut 1 Milliarde 5G-Nutzer geben. Bereits 2026 werde die Grenze von 1,3 Milliarden überschritten. Danach soll es bis 2030 keine Zuwächse mehr geben. Allerdings wird der Markt weiter wertmäßig wachsen und 2030 nahezu 1 Billion US$ erreichen.
Jahr | South China Morning Post | Qianzhan-Institut *) |
---|---|---|
2020 | 70 bis 85 | 87 |
2021 | 150 bis 170 | 174 |
2022 | 250 bis 270 | 275 |
2023 | 350 bis 380 | 391 |
2024 | 400 bis 470 | 478 |
2025 | 460 bis 540 | 550 |
Die entsprechenden Aufwendungen summierten sich nach Angaben der South China Morning Post alleine 2020 auf umgerechnet gut 28 Milliarden US$. Die Gesamtinvestitionen in den kommenden sieben Jahren belaufen sich auf über 210 Milliarden US$.
Der Netzausbau findet überwiegend mithilfe von Technologie von Huawei und ZTE statt. Allerdings greift man auch auf die Expertise von Ericsson zurück. Laut der China Daily investiert der schwedische Konzern jedes Jahr umgerechnet rund 700 Millionen US$ in seine Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Volksrepublik. Er konnte gemäß Unternehmensangaben seinen Umsatz in Nordasien (aufgrund des guten China-Geschäftes) im 3. Quartal 2020 um 39 Prozent zum Vorjahresquartal steigern. Doch Schweden hat seinerseits chinesische Unternehmen beim Ausbau seiner 5G-Netze ausgeschlossen. Auch viele andere Industrieländer verfolgen eine ähnliche Eindämmungspolitik. Huawei und ZTE werden daher ihre Auslandsaktivitäten vor allem auf Schwellen- und Entwicklungsländer konzentrieren müssen.
Die USA haben zudem beide Unternehmen sowie anderen Firmen des IKT-Sektors mit Lieferboykotten belegt. Auch Halbleiterhersteller aus Taiwan, Südkorea oder Japan dürfen sie infolge der Sanktionen nicht mehr beliefern. Das trifft vor allem die Endgerätehersteller hart, denn sie können ihre Smartphones nicht mit den neuesten Chips ausstatten. Huawei wird 2021 global betrachtet laut dem Analysehaus TrendForce massiv Marktanteile im Smartphonebereich verlieren.
Der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt dürfte auch unter Präsident Joe Biden weitergehen. Womöglich nutzen beide Seiten die Gelegenheit für eine gewisse Entspannung. Fundamentale Veränderungen erwartet derzeit aber niemand, denn der Wettstreit um die Technologie der Zukunft geht in die nächste Runde. Alle großen Mobilfunkfirmen forschen - oft mit staatlicher Unterstützung - bereits am 6G-Zeitalter.