Branchen | China | Papier, Pappe
Markttrends
Nach dem Rekordjahr 2021 taumelt die Papierindustrie in eine Krise. Am größten ist die Fallhöhe in der Verpackungssparte. Die Einfuhr von Verpackungsmaschinen geht stark zurück.
Von Roland Rohde | Bonn
Chinas Papierindustrie bekommt die allgemeine Wirtschaftskrise deutlich zu spüren. Die Hersteller leiden unter Lieferengpässen und einer stark eingeschränkten Planbarkeit. Aufgrund der Null-Covid-Politik kann es ständig und überall im Lande zu unvorhergesehenen Lockdowns kommen. Dann kommen Vorprodukte nicht in die Fabrik, Fertigwaren können nicht verschickt werden. Auch absatzseitig stehen die Zeichen auf Abschwung. Der Einzelhandelsumsatz ist im 1. Halbjahr 2022 um fast 1 Prozent zurückgegangen. Zu Vorpandemiezeiten war ein Wachstum von 8 bis 9 Prozent üblich.
Die offiziellen Zahlen zur Papierindustrie sind vor diesem Hintergrund wenig aussagekräftig, da sie sich auf das äußerst erfolgreiche Jahr 2021 beziehen. Damals stieg laut der China Paper Association (CPA) die Produktion von Papier und Pappe (ohne Zellstoffe und Pulpe) um 7,5 Prozent auf 121 Millionen Tonnen. Der Verbrauch legte um 7 Prozent auf gut 126 Millionen Tonnen zu.
Eckdaten Papier- und Pappeindustrie in China (in Millionen Tonnen, Veränderung in Prozent) *)
2019 | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/20 | |
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Produktion | 179,7 | 186,4 | 202,9 | 8,8 |
Import | 43,9 | 49,9 | 42,2 | -15,6 |
Export | 10,4 | 9,2 | 9,4 | 1,7 |
Inländischer Verbrauch | 203,9 | 220,3 | 236,6 | 7,4 |
Unternehmen schrauben Investitionen zurück
Die 2021 noch positive Investitionslaune hat sich jedoch 2022 eingetrübt. Beijing hat zwar zur Überwindung der Wirtschaftskrise die Finanzierungsmöglichkeiten verbessert. Doch viele Betriebe haben nur eingeschränkt Zugang zu Bankkrediten und müssen Anschaffungen aus dem laufenden Cashflow stemmen. Hinzu kommen Probleme bei Transport und Installation von neuen Maschinen. Davon sind insbesondere ausländische Anbieter betroffen. Sie können seit nunmehr zweieinhalb Jahren keine Ingenieure oder Verkäufer mehr in die Volksrepublik schicken. Das trifft wiederum kleinere Mitspieler besonders stark, die kein eigenes Personal vor Ort haben.
In der chinesischen Zollstatistik macht sich die Abkühlung der Branchenkonjunktur bereits deutlich bemerkbar. So waren die Einfuhren von Papiermaschinen 2021 noch um 39 Prozent auf 630 Millionen US-Dollar (US$) gestiegen. Doch von Januar bis August 2022 gingen sie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 19 Prozent zurück. Neben der geringen Investitionsfreude macht sich dabei auch die protektionistische Dual-Circulation-Strategie beziehungsweise "Buy China"-Politik bemerkbar.
Zellstoffindustrie: Importabhängigkeit bleibt hoch
Im Jahr 2017 gab es laut Branchenverband fast 8.000 Hersteller und Verarbeiter von Zellstoffen. Neuere Angaben liegen nicht vor. Der Ausstoß der Sparte belief sich 2021 auf 82 Millionen Tonnen, ein Plus von 11 Prozent zum Vorjahr. Einheimische Produzenten konnten damit den inländischen Bedarf, der sich auf 110 Millionen Tonnen belief (ein Plus von 8 Prozent gegenüber 2020), nicht vollständig decken. Seit Anfang 2021 gilt ein weitgehendes Einfuhrverbot für Altpapier. Daher investiert die Branche massiv in Fabriken zur Produktion von recycelter Pulpe (aus Altpapier) in Südostasien. Diese Position ist vom chinesischen Einfuhrverbot nicht betroffen.
Zellstoffproduktion in China (in Millionen Tonnen, Veränderung in Prozent) 1)
2017 | 2019 | 2021 | Veränderung 2021/171) | |
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Gesamt | 79,5 | 72,1 | 81,8 | 2,9 |
aus Altpapier | 63,0 | 53,5 | 58,1 | -7,7 |
aus Holz | 10,5 | 12,7 | 18,1 | 53,6 |
aus anderen Stoffen2) | 6,0 | 5,9 | 5,5 | -22,1 |
Papierindustrie: Bedarf kühlt sich ab
Laut dem Branchenverband gab es 2021 rund 2.400 Produzenten von Papier und Pappe. Hinzu kamen noch 4.300 Hersteller von fertigen Papierprodukten. Die Sparte entwickelte sich bereits 2021 nicht besonders stürmisch. Der Ausstoß und Verbrauch von Papier für Zeitungen und Zeitschriften ging stark zurück. Auch in der 2020 noch boomenden Haushalts- und Hygienesparte kam es 2021 zu einer Abkühlung. Die Verbraucher hielten sich insbesondere seit der 2. Jahreshälfte 2021 angesichts der schwieriger werdenden wirtschaftlichen Bedingungen zurück.
Chinas Haushalts- und Hygienepapiersparte
2019 | 2020 | 2021 | |
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Produktionskapazitäten (in Mio. t) | 14,5 | 16,1 | k.A. |
Produktionsvolumen (in Mio. t) | 10,4 | 10,8 | 11,1 |
Kapazitätsauslastung (in %) | 72,0 | 67,0 | k.A. |
Exporte (in Mio. t) | 0,8 | 0,9 | 0,6 |
Importe (in Mio. t) | <0,1 | <0,1 | 0,1 |
Inlandsverbrauch (in Mio. t) | 9,7 | 10,0 | 10,5 |
Pro-Kopf-Verbrauch (in kg) | 6,9 | 7,5 | k.A. |
Marktgröße (in Mrd. US$) | 17,4 | 17,7 | k.A. |
Wellpappe- und Packmittelindustrie: Die fetten Jahre sind vorbei
Die erfolgsverwöhnten Hersteller von Pappe und Verpackungspapier stehen erstmals seit langem vor einem Ende ihres Wachstumspfades. Sie hatten bislang von der stetig steigenden Kaufkraft profitiert. Außerdem mieden die Verbraucher zunehmend traditionelle Tagesmärkte und kauften verstärkt in modernen Supermärkten beziehungsweise online. Bei beiden Vertriebskanälen sind die Waren aufwändig verpackt. Im Jahr 2021 kam es coronabedingt sogar zu einer Art Sonderkonjunktur. Der Ausstoß an Verpackungspapier und Pappe stieg kräftig. Doch mit der stark abflauenden Konsumlaune insbesondere seit dem Frühjahr 2022 kam es zu einem regelrechten Einbruch.
Stand: September 2022