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Branchenbericht China E-Commerce
Hongkong (GTAI) - Während der traditionelle Einzelhandel in China schwächelt, legt der Umsatz des E-Commerce zweistellig zu. Doch auch das Onlinegeschäft rechnet mittelfristig mit niedrigerem Zuwachs.
28.05.2019
Insgesamt herrschen in China für den E-Commerce hervorragende Bedingungen: Chinas Bevölkerung zeigt sich für neue Technologie sehr offen. Bedenken bezüglich des Datenschutzes existieren praktisch nicht. Über 90 Prozent der 1,4 Milliarden Chinesen verfügen über einen Zugang zum Internet. Die meisten Menschen besitzen inzwischen ein Smartphone. Die entsprechende Sättigungsrate lag 2017 laut der Interessenvertretung für den Mobilfunksektor GSMA bei 82 Prozent.
Daher legte das Volumen des E-Commerce-Marktes in China in den letzten Jahren stets rasant zu. Laut Angaben des nationalen Statistikamtes NBS (National Bureau of Statistics of China) stiegen die Online-Einzelhandelsumsätze 2018 um 24 Prozent auf umgerechnet gut 1,4 Billionen US-Dollar (US$). Im Vergleich zum gesamten Einzelhandelsgeschäft ergab dies eine Quote von 26 Prozent. Laut den Marktforschern von eMarketer dürfte sein Anteil künftig sogar noch steigen - auf 35,3 Prozent 2019.
Jahr | Online-Einzelhandelsumsatz (in Mrd. US$) 1) | Veränderung |
2015 | 617 | 33,3 |
2016 | 776 | 26,2 |
2017 | 1.062 | 32,2 |
2018 | 1.363 | 23,9 |
2019 2) | 1.989 | 30,3 |
1) Umrechnung zu den jeweiligen jährlichen Referenzkursen der US-amerikanischen Zentralbank; 2) Prognose
Quellen: 2015 bis 2016: National Bureau of Statistics of China (NBS); 2019: eMarketer
Trotzdem herrscht bei den großen Anbietern kein Jubel, denn sie müssen sich auf ein generell ungünstigeres Marktumfeld einstellen. Der Einzelhandelsumsatz wächst nicht mehr so stürmisch. Im Jahr 2018 legte er laut Zahlen des NBS um nominal 9 Prozent zu. Bislang war man zweistellige Raten gewöhnt. Laut eMarketer soll das Wachstum bis 2022 auf gut 5 Prozent fallen.
Interessant ist dabei eine Überlegung: Wenn der E-Commerce 2018 um 24 Prozent zulegte und dabei einen Anteil von 26 Prozent am wertmäßigen Einzelhandelsumsatz hielt, so müsste der traditionelle Einzelhandel nur noch um nominal knapp 2 Prozent gewachsen sein. Unter Berücksichtigung der Inflation kommt dies sogar einer Stagnation gleich.
Während der Offline-Handel schwächelt, dürfte sich der E-Commerce in den nächsten Jahren lebhaft, aber nicht mehr so stürmisch wie bisher entwickeln. So zeichnen sich in den großen Metropolen wie Beijing, Shanghai, Guangzhou oder Shenzhen bereits Sättigungserscheinungen ab. Das gleiche trifft auf weniger prominente Großstädte wie Harbin, Xiamen oder Zhuhai zu.
Der Anbieter JD hat daher bereits Kostensenkungen angekündigt. Sein Top-Management soll um 10 Prozent reduziert werden. Auch die Auslieferungsfahrer müssen sich für 2019 auf geringere Löhne und Zulagen einstellen. Zudem will er sich, wie praktisch alle seine Konkurrenten, stärker auf die Bedienung der kleineren Städte und weniger entwickelten Regionen konzentrieren. Dort besteht noch ein hoher Nachholbedarf. Sie sollen laut einer Studie von Morgan Stanley zwischen 2017 und 2030 für zwei Drittel des landesweiten Konsumwachstums verantwortlich sein.
Des Weiteren versuchen die großen E-Commerce-Anbieter, sich stärker vertikal zu integrieren, um dadurch ihre Umsätze zu steigern. Sie wollen beispielsweise mehr Logistikdienstleistungen in Eigenregie erbringen. Alibaba beabsichtigt über seinen Logistikarm Cainiao in den nächsten drei Jahren 100.000 Paketzusteller einzustellen. JD.com plant für 2019 mit 10.000 Neueinstellungen.
Der traditionelle Einzelhandel ist damit aber trotzdem noch lange nicht tot. Er ändert nur sein Gesicht. Viele Konsumenten, die online einkaufen, wollen das Produkt vorher einmal live begutachten und ausprobieren. Daher investieren die E-Commerce-Anbieter in neue Showrooms.
Außerdem kündigten sie an, sich stärker auf das Importgeschäft zu konzentrieren. Damit reagieren sie auf das Bestreben Beijings, den hohen Handelsbilanzüberschuss zu reduzieren. Alibaba plant in den kommenden fünf Jahren für 200 Milliarden US$ Einfuhrwaren einzukaufen. Zugleich möchte der Konzern seine Präsenz im Ausland verstärken. Nach eigenen Angaben zählte er im Sommer 2018 fast 600 Millionen aktive Kunden. Deren Anzahl soll bis 2036 auf 2 Milliarden steigen.
Das Geschäft mit dem Endkonsumenten wird in China von Tmall und Taobao dominiert. Sie gehören zum Alibaba-Konzern. Zusammen erreichten die beiden B2C-Plattformen 2018 laut eMarketer einen Marktanteil von deutlich über 50 Prozent. Einmal im Jahr wird in China am sogenannten Singles'-Day eine riesige landesweite Verkaufsaktion gestartet. Bei der letzten Veranstaltung Anfang November 2018 erzielte Alibaba innerhalb von 24 Stunden einen Umsatz von umgerechnet rund 31 Milliarden US$.
Es folgt mit gehörigem Abstand JD.com. Hinter dem Unternehmen steht der Technologieriese Tencent. Auch Walmart besitzt Anteile. Gemäß eMarketer erzielte das Unternehmen 2018 einen Markanteil von 16 Prozent. Andere Quellen kommen auf eine doppelt so hohe Quote. Bei den mobilen Bezahldiensten ist die Social-Media-Plattform WeChat (hinter ihm steht der Tencent-Konzern) Marktführer und zählte nach eigenen Angaben Ende 2018 über 1 Milliarde aktive Nutzer. Der Konkurrent Alibaba nähert sich mit Alipay ebenfalls der Milliardengrenze. In den großen Metropolen herrscht inzwischen weitgehend bargeldloser Zahlungsverkehr.
In Zukunft dürfte sich die Branche weiter konsolidieren. Dazu tragen auch neue gesetzliche Regelungen bei, mit denen Beijing insbesondere den grenzüberschreitenden E-Commerce stärker regulieren möchte. Bislang kaufen häufig kleine Unternehmer im Auftrag für chinesische Kunden im Ausland ein und bringen die Waren zollfrei ins Land.
Diesem sogenannten Daigou-Service wurde zum Jahresbeginn 2019 ein Riegel vorgeschoben. Zum 1. Januar 2019 trat das erste E-Commerce-Gesetz Chinas in Kraft. Ihm zufolge müssen alle Marktteilnehmer eine Geschäftslizenz beantragen, die sowohl für die Volksrepublik China als auch für das Beschaffungsland gilt. Das dürfte vielen Kleinstfirmen das Wasser abgraben.
Weitere Informationen zum neuen E-Commerce-Gesetz finden Sie unter "VR China - Neue Regeln für E-Commerce" (https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Zoll/zoll-aktuell,t=vr-china--neue-regeln-fuer-ecommerce,did=2198118.html).
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll, Ausschreibungen und Entwicklungsprojekten in China können Sie unter http://www.gtai.de/china abrufen. Die Seite http://www.gtai.de/asien-pazifik bietet einen Überblick zu verschiedenen Themen in Asien-Pazifik.
Bezeichnung | Internetadressen | Anmerkung |
Alibaba | https://www.alibabagroup.com/en/global/home (Infos zum Unternehmen); https://www.alibaba.com/?spm=a2700.7735675.scGlobalHomeHeader.6.siKOs5 (Internationale Handelsplattform) | Dominierender chinesischer Online-Händler |
TMall | https://www.tmall.com (nur Chinesisch) | Internetplattform von Alibaba |
Taobao | https://world.taobao.com (nur Chinesisch) | Internetplattform von Alibaba |
JD.COM | https://corporate.jd.com/home (Infos zum Unternehmen); http://www.jd.com (Handelsplattform, nur Chinesisch) | Chinesischer Online-Händler |
Pinduoduo | http://investor.pinduoduo.com/index.php/ (Infos zum Unternehmen) https://www.pinduoduo.com (Handelsplattform) | Chinesischer Online-Händler |