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Branchen | Dänemark | Wärmeversorgung

Grüner heizen mit Restwärme

Das dänische Parlament will über Parteigrenzen hinweg Erleichterungen beschließen, die die Nutzung von Abwärme einfacher und günstiger machen sollen.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Acht der zehn im dänischen Parlament vertretenen Parteien, die zusammen über mehr als zwei Drittel der Stimmen verfügen, einigten sich darauf, die seit 2019 geltenden Regelungen zu reformieren. Sollte die Prüfung auf Konformität mit Beihilfevorschriften der Europäischen Union (EU) positiv ausgehen, könnten die neuen, an das Klimaabkommen für Energie und Industrie vom Sommer 2020 anknüpfenden Lösungen bereits Anfang 2022 in Kraft treten.

Einfachere Preisregeln

Demnach sollen sich zukünftig Fernwärmeanbieter und -abnehmer frei auf einen Preis einigen können. Die bisher für beide Seiten geltende Meldepflicht gegenüber der Regulierungsbehörde für Versorgungsunternehmen (DUR) gilt zukünftig ausschließlich für die Fernwärmeunternehmen. Dies soll den Lieferanten vom Verwaltungsaufwand befreien und so die Kosten senken.

Die DUR wird allerdings auch alljährlich eine Preisobergrenze festlegen. Berechnet wird sie auf Grundlage der durchschnittlichen Kosten der billigsten bestehenden Wärmeerzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien. Wobei "atypisch billige Anlagen" nicht berücksichtigt werden sollen und die Rechnung so gestaltet wird, dass sie wenig anfällig gegenüber "beispielsweise jährlichen Schwankungen des Strompreises" ist.

Startbonus als Anreiz

Um die anfallenden Investitionskosten bei Lieferanten möglichst schnell aufzufangen wird es möglich sein, eine Erhöhung der Preisobergrenze zu vereinbaren. Diese muss allerdings vom Netzbetreiber genehmigt und in den Folgejahren mit einer entsprechenden Senkung ausgeglichen werden. Darüber hinaus hat der Abnehmer - also das Fernwärmeunternehmen - die Möglichkeit, eine individuelle Preisobergrenze für einen bestimmten Zeitraum genehmigen zu lassen. Dazu muss das Unternehmen nachweisen, dass die Preisobergrenze für erneuerbare Energien keine relevante Referenz in seinem Fernwärmegebiet ist.

Für kleinere Lieferanten von Abwärme, mit Kapazitäten von bis zu 250 Kilowatt (kW), soll die Preisobergrenze generell nicht gelten. Dies soll den Verwaltungsaufwand und die Kosten noch weiter drücken und beispielsweise Supermärkte ansprechen.

Energieeffizienzprogramm senkt Steuern

Zudem werden die Abwärmelieferanten einem Energieeffizienzprogramm der dänischen Energieagentur beitreten können. Damit verpflichten sie sich, regelmäßig extern beglaubigte Energieaudits von Prozessen und Anlagen durchzuführen, die das Potenzial hinsichtlich überschüssiger Wärme prüfen. Auf dieser Basis sollen sie Energieeffizienzmaßnahmen durchführen. Dafür werden sie von der Abwärmesteuer befreit. Diese wird ebenfalls neu geregelt: Anstatt wie bisher 33 Prozent der Einnahmen soll sie nach Inkrafttreten der neuen Regeln einheitliche 25 dänische Kronen (dkr; etwa 3,36 Euro; 1 Euro = 7,4362 dkr; Stand: 24.9.21) je Gigajoule (GJ) oder 227,78 Kilowattstunden (kWh) betragen. Im 4. Quartal 2021 will die Energieagentur Details des Energieeffizienzprogramms bekannt geben.

Branche sieht gute Wachstumschancen

"Es ist ein guter, grüner Tag für Fernwärmekunden, Abwärmelieferanten und nicht zuletzt für das Klima", begrüßte die Entscheidung Kim Mortensen, Direktor beim dänischen Fernwärmeverband Dansk Fjernvarme. "Bis 2030 muss der Fernwärmesektor vollständig grün sein, und dafür ist eine verstärkte Nutzung von Überschusswärme erforderlich. [Ich hoffe], dass uns bei der Umsetzung der Vereinbarung die nötige Flexibilität rund um die jetzt eingeführte individuelle Preisobergrenze gegeben wird, sodass wir tatsächlich eine erhöhte Nutzung überschüssiger Wärme herbeiführen", ergänzt er.

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Erste Firmen zeigen sich optimistisch. Der Dämmmaterialhersteller Rockwool will sein vor einiger Zeit verworfenes Abwärmeprojekt neu bewerten. Von der damals geplanten Versorgung für ein Äquivalent von 2.800 Haushalten wurde weniger als die Hälfte realisiert. Aus Biogaskesseln, die bei hohen Temperaturen Steine ​​in Dämmstoff verwandeln, wird bisher genug Abwärme gewonnen um etwa 1.300 Haushalte zu versorgen. Die neue Vereinbarung könnte es ermöglichen, die Restwärme aus weniger intensiven Teilen der Produktion profitabel abzuleiten. "Jetzt müssen wir neu kalkulieren, ob sich die Investition rentiert. Für mich ergibt sich aber eine viel bessere Ausgangslage für das Projekt, das vorher wirtschaftlich nicht sinnvoll war", sagte Frank Larsen, CEO von Rockwool Norden, gegenüber dem Wirtschaftsblatt Børsen.

Einer Neuevaluierung könnten auch Besitzer kleinerer Abwärmepotenziale nicht abgeneigt sein. Im Jahr 2018 plante die Handelskette Coop, in ihrem über 1.100 Standorte umfassenden Ladennetz Wärmepumpen zur Abwärmegewinnung einzuführen. Mangels Rentabilität wurde die Idee damals aber wieder verworfen. Konkurrent Salling Group hat sich zumindest entschlossen, seine größten Läden entsprechend auszurüsten. "Aber natürlich haben auch wir eine Schmerzgrenze in Bezug auf den hohen Verwaltungsaufwand", argumentierte der damalige Energiemanager Lars C. Christensen die Entscheidung gegen eine Umrüstung aller Standorte. Mit den Sonderregeln für Kleinlieferanten dürfte dies ab 2022 viel attraktiver sein.

Der Industrieverbande Dansk Industri sieht noch viel mehr potenzielle Abwärmespender. Laut seiner Ende 2020 vorgestellten Marktanalyse, könnten landesweit bis zu 128.000 Einfamilienhäuser ausschließlich mit Überschusswärme beheizt werden.

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