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Branchen | Frankreich | Boden-, Erosionsschutz

Frankreich will Altlastensanierung beschleunigen

Neue Bestimmungen und Finanzmittel sollen das Flächenrecycling antreiben. Der Flächenbedarf steigt während bis 2030 die Verbauung von Natur- und Agrarflächen halbiert werden soll.

Von Peter Buerstedde | Paris

Frankreich weist aufgrund seiner langen Industriegeschichte eine große Anzahl von verunreinigten Industriebrachen aber auch von ehemaligen Bergbau- und Militärflächen auf, die vor einer erneuten Nutzung saniert werden müssen. Die hohen und oftmals unsicheren Kosten für eine Sanierung führen allerdings vielfach dazu, dass Unternehmen Flächen "einfrieren", indem sie eine minimale Aktivität aufrechterhalten, aber die Flächen weder sanieren noch weiter nutzen. Dies geschieht vor allem in Regionen mit niedrigen Grundstückspreisen, weil sich hier das Flächenrecycling für die Unternehmen nicht auszahlt. Neue Industrieansiedlungen greifen daher häufig auf neues Bauland zurück, weil das Flächenrecycling zu teuer und aufwendig ist.

Unfälle haben Risiken durch Altlasten sichtbar gemacht

Doch der Druck zu mehr Flächenrecycling wächst. Ein Grund dafür sind Unfälle im Zusammenhang mit Altlasten: Im Flusstal des Orbiel nördlich von Carcassonne kam es im Oktober 2018 zu Überschwemmungen, die eine 2004 stillgelegte Goldmine erfassten und die Umgebung stark mit Arsen verseuchten.

Ein weiterer Fall, der in der Öffentlichkeit viel Beachtung fand, betrifft eine Schule in Vincennes, südöstlich von Paris. Bei Renovierungsarbeiten 2017 wurden hier hohe Konzentrationen von Lösungsmitteln auf Chlorbasis gefunden. Die Schule ist seitdem geschlossen.

In beiden Fällen wird der Staat die Sanierungskosten tragen, weil die verantwortlichen Unternehmen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.

Umwidmung zu Bauland soll begrenzt werden

Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten für Gemeinden, Natur- und Landwirtschaftsflächen in Bauland umzuwidmen, künftig stärker beschnitten werden. Präsident Emmanuel Macron hat 2019 einen Bürgerkonvent eingerichtet, der Vorschläge erarbeitet hat, wie bis 2030 eine sozialverträgliche Rückführung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent erreicht werden kann. Ein Teil der Vorschläge ist in ein Gesetz (Loi Climat et Résilience) eingeflossen, das Ende März 2021 dem Parlament vorgelegt worden ist.

Das Gesetz soll bis Ende des Jahres das Parlament passieren. In dem Gesetz wird das Ziel definiert, bis 2030 die Umwidmung von Natur- und Agrarflächen zu Bauland gegenüber den letzten zehn Jahren zu halbieren. Gegen das Gesetz gibt es jedoch Widerstand seitens der Gemeinden.

Gesetzesänderung ermöglicht mehr Sanierungen

Eine Beschleunigung des Flächenrecyclings hatte bereits eine Änderung am Umweltgesetzbuch im Jahr 2014 (dispositif de tiers demandeur) bewirkt. Diese hatte es den Eigentümern einer Altlast, ermöglicht, die Verantwortung für die Sanierung mit entsprechenden Garantien und in Absprache mit der Gemeinde auf einen Investor zu übertragen.

Diese Möglichkeit wird nach Darstellung von Sanierungsfirmen noch zu wenig genutzt, wenngleich schon etliche Projekte realisiert worden sind. Ein prominentes Beispiel ist die Übertragung von 50 Grundstücken mit insgesamt 350.000 Quadratmetern des Energieversorgers Engie an die Immobilienentwickler Vinci Immobilier und Brownfields im Mai 2019. Auf dem  Gelände standen zuvor Gaswerke. Engie will in den kommenden Jahren weitere 187 ähnliche Flächen veräußern.

Altlasten in Frankreich

In verschiedenen staatlichen Datenbanken sind etwa 320.000 ehemalige Industrie- oder Dienstleistungsflächen und 3.000 ehemalige Bergbaustätten erfasst.


Wichtigste Datenbanken: Basias (Inventar von Industrieflächen, 1998 geschaffen), Basol (ICPE-Flächen, das heißt Flächen mit erhöhten Umweltrisiken, 1994), SISOP (ehemals von der Armee genutzte Flächen), SIS (vielfach sonst nicht erfasste urbane Altlasten, 2019).


Diese Datenbanken sollen noch 2021 zu einer Datenbank InfoSols zusammengeführt werden. Parallel hat das Umweltministerium das staatliche Forschungszentrum Cerema beauftragt, eine Onlinedatenbank (Cartofriches, Beta-Version) zu entwickeln, damit Gemeinden ungenutzte Industrieflächen einstellen und bekannt machen können.

Quelle: Ministère de la transition écologique, Géorisques

Hinzu kommen Hilfen von der Umweltbehörde Ademe (Agence de l'environnement et de la maîtrise de l'énergie). Ademe führt seit Jahren Projektaufrufe für die Flächensanierung durch. Zwischen 2010 und 2019 sind nach Aussagen von Umweltministerin Barbara Pompili etwa 130 Projekte mit insgesamt 42 Millionen Euro gefördert worden. Dabei kamen auch biologische Sanierungsmethoden etwa durch Phytosanierung zum Zuge. Fördermittel gibt es auch über den Regionalfonds (EFRE) der Europäischen Union oder über die staatliche Förderung von Industrieansiedlungen. In der Regel tritt der Staat aber erst auf den Plan, wenn eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung erkannt wird und Verursacher einer Altlast nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. 

Erster Projektaufruf erhält viel Zuspruch

In der Coronakrise hat die Regierung zusätzliche Mittel bereitgestellt. Im Konjunkturpaket France Relance von 100 Milliarden Euro, das die Regierung im September 2020 vorgestellt hat, sind 300 Millionen für zwei Jahre für die Rehabilitierung von Flächen (Fonds pour le recyclage des friches) vorgesehen. Der Großteil soll in Vorhaben zur Stadterneuerung in strukturschwachen Landesteilen fließen.

Für rund 40 Millionen Euro wird die Ademe aber die Sanierung von ehemaligen Industrie- und Bergbaustätten fördern. Ein erster Projektaufruf ist im Februar 2021 mit 192 eingereichten Projekten und 190 Millionen Euro an beantragten Subventionen beendet worden. Derzeit erfolgt die Auswahl. Ein weiterer soll im Herbst 2021 folgen.

Regierung stellt permanenten Fonds in Aussicht

Die Ministerin hat in einer Anhörung vor dem Senat Anfang Januar 2021 einen permanenten Fonds in Aussicht gestellt. Allerdings müsse zunächst untersucht werden, in welchen Fällen Zuschüsse sinnvoll sind und wie hoch diese ausfallen könnten. Dafür sollten die zwei Jahre für das 40-Millionen-Euro-Programm genutzt werden, so die Ministerin.

Es ist geplant, mit dem Klimagesetz (Loi Climat et Résilience) auch das Bergbaugesetz (Code minier) anzupassen. So soll die Möglichkeit geschaffen werden, Lizenzen aus Umweltgründen zu verweigern und Finanzgarantien für eine spätere Sanierung einzufordern. Außerdem will die Regierung die Verantwortung von Unternehmen für eine Sanierung auf 30 Jahre nach Stilllegung einer Mine ausweiten. Hinzu kommen höhere Strafen und 50 Prozent mehr Inspektionen bis 2022.

Informationen zur Entwicklung des Sektors und zur Branchenstruktur bietet der GTAI-Beitrag  "Altlastensanierung profitiert von Großprojekten".

Kontaktanschriften

Bezeichnung

Anmerkungen

AHK Frankreich

AHK berät beim Markteinstieg

Ministère de la transition écologique

Umweltministerium

Agence de la transition écologique (Ademe)

Umweltbehörde

Union des Professionels de la Dépollution des Sites (UPDS)

Verband für Bodensanierung

Pollutec

Führende Umweltmesse

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