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Branchen | Tschechische Republik | Automobilsektor

Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

Der Produktionswert der Branche ist wieder so hoch wie vor Corona. Doch liegt die Autofertigung noch erheblich darunter. Hohe Energiekosten dämpfen die Investitionsstimmung.

Von Miriam Neubert | Prag

Über ein Zehntel Elektrofahrzeuge

Trotz des russischen Kriegs und des immer wieder aufflammenden Halbleitermangels konnte Tschechiens Automobilindustrie (NACE 29) ihre Produktion 2022 preis- und kalenderbereinigt um 11,7 Prozent steigern. Dem Statistikamt zufolge übertraf sie dadurch auch die Werte aus 2019 um 2,1 Prozent und schob die Industrie insgesamt über die Vorcorona-Schwelle. Umsätze und Aufträge legten in laufenden Preisen um je 11,8 und 8,5 Prozent zu. Treiber war jeweils die fast doppelt so hohe Dynamik im Inlandsgeschäft. 

Nach dreijährigem Rückgang rollten 2022 wieder mehr Straßenfahrzeuge von den Bändern. Dem Verband der Automobilindustrie AutoSAP zufolge war es ein Plus von 9,4 Prozent auf 1,25 Millionen Einheiten. Elektrisch liefen 11 Prozent von ihnen - 135.000 Pkw und 56 Busse. Auto-SAP-Präsident Martin Jahn zeigte sich zuversichtlich, dass es trotz kurzfristiger Liefervolatilitäten und Produktionsschwankungen gelingen sollte, die Produktion 2023 weiter in Richtung der Vorkrisenwerte zu heben. Die Differenz zu 2019 beträgt rund 210.000 Pkw. Sie entfällt fast komplett auf Škoda Auto.

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Widerstand gegen die geplante Abgasnorm Euro 7

Positiv stimmte die Autohersteller Anfang 2023 der Auftragsbestand, pessimistisch die durch die Europäische Kommission angestrebte Abgasnorm Euro 7. Für das Autoland, in dem die Kfz-Branche fast ein Viertel der Industrieumsätze und der Warenexporte stemmt, hängt viel von dem Übergang zur emissionsfreien Mobilität ab. Auf das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 hat sich die Autoindustrie eingestellt. Durch den Euro-7-Entwurf aber, besonders die Kurzfristigkeit, sieht sie sich bedroht. Die Norm sei für Tschechien in der Form nicht annehmbar, sagte Verkehrsminister Martin Kupka.

Pkw-Produktion in der Tschechischen Republik
Stückzahl; Veränderung in Prozent
Pkw-Hersteller

2021

2022

2023

Veränderung 2023/2022

Škoda Auto

680.287

693.032

864.889

24,8

Hyundai Motor Manufacturing Czech

275.000

322.500

340.500

5,6

Toyota Motor Manufacturing Czech Republic

149.936

202.255

192.427

-4,9

Summe

1.105.223

1.217.787

1.397.816

14,8

Quelle: AutoSAP 2024

Škoda Auto und Hyundai steigern Batterieproduktion

Škoda Auto hat 2022 in Folge des Krieges die Produktion in Russland bis auf Weiteres eingestellt und einen Teil der Kabelbaumproduktion aus der Ukraine nach Tschechien verlagert. Ungeachtet der Lieferprobleme produzierte die Volkswagen-Tochter in Tschechien fast 13.000 Pkw mehr als 2021, musste aber auf dem Heimatmarkt Absatzrückgänge um 11 Prozent hinnehmen. Im Stammwerk Mladá Boleslav, wo die vollelektrische Enyaq-iV-Familie entsteht, nahm sie eine Fertigung von Batteriesystemen in Betrieb. Eine weitere Linie soll 2023 folgen und die Gesamtkapazität um 340 Prozent auf 1.500 Batteriesysteme pro Tag steigern. Bis 2026 will Škoda drei weitere vollelektrische Modelle vorstellen: Einen Kompakt-Stadtgeländewagen (SUV), einen Stadtwagen und einen siebensitzigen SUV. Es geht um Investitionen von 5,6 Milliarden Euro in die Elektromobilität und 700 Millionen Euro in die Digitalisierung.

Hyundai (HMMC) legte 2022 um 47.500 Pkw zu und überschritt damit die Zahlen von 2019. In Nošovice, sein einziges europäisches Werk, investierte der südkoreanische Konzern 180 Millionen Euro, um die neue Generation des Kona Electric zu starten. In Folge wird die Produktion von Batteriesystemen von 50.000 auf bis zu 200.000 Stück erhöht.

Am meisten steigerte sich Toyota (TMMCZ). In seinem Werk in Kolín liefen 52.000 Pkw mehr vom Band als 2021. Doch schmälern steigende Energiekosten und anhaltende Inflation das Investitionsbudget 2023.

Elektrifizierung auch bei Bussen, Wasserstoff im Test

Iveco Bus will 2023 eine vollelektrische Version des Stadtbusses Crossway produzieren. In Prag geht der von Škoda Group entwickelte Wasserstoffbus Škoda H’CITY in den Testbetrieb. Auf Wasserstoff setzt auch Lkw-Hersteller Tatra Truck in Kopřivnice. Mit nationalen Partnern entwickelt er H2Tatra, einen brennstoffzellenbetriebenen Lkw.

Das 2022 gegründete Batteriecluster soll die Kräfte zu dieser Technologie bündeln. Was fehlt, ist eine Großinvestition. Volkswagen hat seine Standortentscheidung für eine Batteriezellfertigung in Mitteleuropa auf 2023 verschoben. Tschechien ist mit einem Flughafengelände in Líně bei Pilsen im Rennen, auf dem die Regierung einen strategischen Unternehmenspark vorbereitet. Die Ansiedlung einer Gigafabrik wäre auch für den Zuliefersektor eine wichtige Perspektive. 

Zulieferer machen die Hälfte der Branchenumsätze

Gut 95 Prozent der Umsätze der Kfz-Industrie entstehen in 246 Unternehmen unter ausländischer Kontrolle. Die exportstarken Zulieferunternehmen (NACE 29.3) erlösten 2021 dem  Industrieministerium zufolge umgerechnet 23,7 Milliarden Euro. Sie machten damit die Hälfte der Branchenumsätze aus. Dutzende der weltweit wichtigsten TIER-1-Unternehmen und Hunderte von Zulieferfirmen fertigen im Land. Die umsatzstärksten sind Continental, Bosch und Kiekert.

Auch 2022 litt der Zuliefersektor unter dem erratischen Produktionsrhythmus der Endhersteller im In- und Ausland. Diese unklare Absatzperspektive steht weiter im Raum. Hohe Energiepreise und steigende Löhne erfordern Einsparungen. Größere Projektmeldungen sind rar. Doch erzwingt die Lage Investitionen in Energie- und Prozesseffizienz, weitere Automatisierung und Diversifizierung.

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in der Tschechischen Republik
Investitionssumme in Millionen Euro

Vorhaben

Investitionssumme *)

Projektstand

Anmerkungen

Hyundai

k.A.

Umbau für 2025 geplant, Vorbereitungsphase läuftUmstellung des Werkes Nošovice auf die Produktion von Elektroautos
Tatra Trucks

101

Investitionssumme für die erste Etappe; Vorhaben über drei Jahre geplantErweiterung der Lkw-Produktion in Kopřivnice
Škoda Auto, Bageterie Boulevard, Škoda CB Auto und Ionity

k.A.

Bau begonnen; Fertigstellung für Ende 2024 geplantLade-Hub für E-Autos und Škoda eMobility Experience Centre in Planá u Českých Budějovic zusammen mit Gastronomie
Tesla

k.A.

Bau begonnen; Eröffnung für 2024 geplantVertriebs-, Service- und Auslieferungszentrum in Brno
Flughafen Prag

k.A.

Planungsphase; Analyse wird durchgeführtModernisierung des Flughafens, unter anderem mit Ladestationen für Flughafentaxis und private Nutzer sowie neue Parkhäuser mit Ladepunkten
* Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 24,81 Tschechische Kronen (Tschechische Nationalbank, 19.1.2024).Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen 2024

Von Januar bis Oktober 2022 hat die Einfuhr von Kfz-Teilen laut Eurostat in den unten aufgeführten Kategorien nominal um 12 Prozent zugenommen. Deutschland ist wichtigstes Bezugsland vor Polen, der Slowakei und Südkorea.

Tschechiens Kfz-Zuliefersektor steigerte seine Ausfuhren um 8,6 Prozent auf über 14,5 Milliarden Euro. Überdurchschnittlich wuchsen die Lieferungen nach Deutschland, das 43 Prozent dieses Werts abnahm. Die bilateralen Lieferbeziehungen sind durch das Netz der Niederlassungen in Tschechien besonders eng. Im Ranking folgten die Slowakei und Frankreich. Russland als zuvor viertwichtigster Absatzmarkt verschwand auf Rang 18. An seine Stelle rückte Ungarn.  

Die weiter aufwertende Krone begünstigt die Einfuhr von Neu- und Gebrauchtwagen sowie Kfz-Teilen. Sie erschwert aber Tschechiens Exporteuren den Wettbewerb im Ausland. Am 10. Februar 2022 kostete der Euro mit 23,69 Tschechischen Kronen so wenig wie zuletzt 2008.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die Tschechische Republik
in Millionen Euro; Veränderung in Prozent
 

2022

2023

Veränderung 2023 / 2022

aus Deutschland (2023)

SITC 778.3 Kfz-Elektrik

1.3871.4232,6232

SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

10.64211.94712,34.421

SITC 773.13 Zündkabelsätze

1.6631.89614,0374

SITC 713.2 Motoren

2.0492.41818,01.175

Summe

15.74117.68412,36.202
Quelle: Eurostat 2024

(Stand Februar 2023)

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