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Nach dem Ende der Maskenpflicht ist dekorative Kosmetik gefragt

Mit Abflauen der Coronakrise steigt die Nachfrage nach Kosmetika. Die Drogeriekette DM eröffnet erste Filialen, Rossmann expandiert. Der Ukrainekrieg beeinträchtigt die Exporte.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Die Verkäufe von Kosmetika und Pflegeprodukten dürften in Polen 2022 nominal um 6,1 Prozent auf fast 6 Milliarden Euro steigen. Das erwartet die polnische Tochtergesellschaft PMR Ltd. Sp. z o. o. der aus den USA stammenden Marktforschungsfirma PMR Market Experts in ihrem 2022 erschienenen Bericht "Einzelhandel mit Kosmetikartikeln in Polen 2022, Marktanalyse und Entwicklungsprognosen für die Jahre 2022 bis 2027" (Handel detaliczny artykułami kosmetycznymi w Polsce 2022, Analiza rynku i prognozy rozwoju na lata 2022-2027). Nach dem Wegfall vieler Coronabeschränkungen ist speziell dekorative Kosmetik stärker gefragt. Die Flüchtlinge aus der Ukraine erhöhen den Bedarf zusätzlich. Der allgemeine Preisauftrieb trägt ebenfalls zum nominalen Branchenwachstum bei.

Frühjahrsputz im Lockdown

In der Coronakrise stagnierte die Inlandsproduktion, insbesondere von dekorativer Kosmetik. Hingegen erhöhte sich der Bedarf an Hygieneprodukten ebenso wie der an Wasch-, Reinigungs- und Geschirrspülmitteln sowie Seifen. Der Output von für den Einzelhandel abgepackten Wasch- und Putzmitteln stieg 2020 laut dem Statistischen Hauptamt GUS um 16,7 Prozent auf 931.642 Tonnen (2019: 798.386 Tonnen).

Bei Haarpflegemitteln blieb der Output bei 174.507 Tonnen stabil (-0,1 Prozent). Hier ist der französische Konzern L’Oréal führend. Jährlich verlassen rund 360 Millionen Kosmetika die Produktionsstätte in Warschau. Ein Großteil davon ist für den Export bestimmt.

Produzentenumsätze mit Kosmetika und Haushaltschemie in Polen (in Millionen Euro)

Produktgruppe

2019 1), 2)

2020 1), 2)

Veränderung 3)

Wasch- und Putzmittel, Seifen

1.284

1.444 

16,4

Kosmetika, Körperpflegemittel

1.752

1.691

-0,3

Wasch-, Putz-, Körperpflegemittel, Seifen, Kosmetika insgesamt

3.036

3.135

6,8

1) umgerechnet zum jeweiligen Jahresdurchschnittskurs, 2019: 1 Euro=4,2976 Złoty, 2020: 1 Euro=4,4430 Złoty; 2) berücksichtigt sind Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten; 3) nominale Veränderung auf Złoty-Basis in ProzentQuelle: GUS 2021

Führende Drogeriekette bekommt Konkurrenz

Ein wichtiger Vertriebskanal für Haushaltschemie, Körperpflegemittel und Kosmetika sind Drogeriemärkte. Marktführer Rossmann hatte Ende 2021 bereits 1.578 Filialen in Polen. Im Jahr 2022 sollen 90 weitere hinzukommen. Die Lagerkapazitäten werden ausgebaut. Rossmann hält einen Anteil von einem Viertel an den Verkäufen von Kosmetika in Polen. Der Umsatz der Kette bezogen auf das gesamte Sortiment stieg 2021 auf Złoty-Basis um 9,3 Prozent gegenüber 2020 und erreichte 2,1 Milliarden Euro.

Neu auf dem polnischen Markt ist die deutsche Drogeriemarktkette DM. Gestartet war DM zunächst mit dem reinen Onlinegeschäft. Im April 2022 öffnete dann die erste DM-Filiale in Wrocław (Breslau). Weitere Neueröffnungen sollen folgen, zunächst im Raum Wrocław.

Die zweitgrößte Drogeriekette in Polen ist Hebe mit 291 Filialen. Sie gehört zum portugiesischen Konzern Jeronimo Martins. Ihr Anteil an den Kosmetikverkäufen in Polen liegt bei etwa 5 Prozent. Ihr Umsatz 2021 auf dem polnischen Markt erreichte 278 Millionen Euro.

Ukrainekrieg verändert Exporte und Lieferketten

Die dynamische Entwicklung der Exporte der vergangenen Jahre dürfte sich 2022 nicht fortsetzen. Der Grund ist der Krieg in der Ukraine. Im Jahr 2021 gingen noch 12 Prozent der polnischen Ausfuhren von Kosmetika in die Russische Föderation und in die Ukraine, in letztere allein 4 Prozent. Auch Belarus entfällt als Absatzmarkt teilweise.

Polens Ausfuhr an Kosmetika insgesamt war 2021 auf 4,25 Milliarden Euro gestiegen. Noch 2015 lag der Wert erst bei 2,6 Milliarden Euro. Das ergeben Berechnungen der Bank Pekao S.A. und Santander Bank Polska zusammen mit dem Polnischen Verband der Kosmetikindustrie (Polski Związek Przemysłu Kosmetycznego; PZPK).

Die inländischen Hersteller müssen sich daher zum einen alternative Absatzmärkte suchen. Sie haben dabei die Länder in Nahost und Asien im Visier, außerdem Westeuropa. Zum anderen müssen die Unternehmen neue Lieferketten für Verpackungen und Rohstoffe aufbauen. Laut der Direktorin des PZPK, Blanka Chmurzyńska-Brown, wurden diese bislang vielfach aus der Ukraine importiert.

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Ende 2020 erwirtschafteten Polens Kosmetikfirmen laut Pekao S.A. bereits 30 Prozent ihrer gesamten Einnahmen über das Exportgeschäft. Die größte Produktgruppe bei der Ausfuhr von Kosmetika bildeten Pflegepräparate wie Cremes.

Firmen suchen neue Absatzmärkte

Die führende polnische Firma im Premiumsegment, Dr Irena Eris, erzielte laut ihrem Vorsitzenden Paweł Orfinger vor dem Ukrainekrieg fast 10 Prozent ihrer Einnahmen in der Russischen Föderation, der Ukraine und Belarus. Orfinger zeigt sich optimistisch, alternative Absatzmärkte zu finden. Seine Firma beliefert bereits 67 Länder und will ihre Position im Exportgeschäft stärken. Dazu erwägt sie, auch in- und ausländische Marken und Produzenten zu übernehmen, schwerpunktmäßig in Mittel- und Osteuropa.

Dr Irena Eris strebt an die Börse, um über eine Aktienemission zusätzliches Kapitel zu generieren. Zu der Firma gehören nicht nur bekannte Produktmarken, sondern auch eine Kette von Schönheitssalons und drei Spa-Hotels. Ein viertes Spa-Hotel ist in Świnoujście (Swinemünde) geplant. Die Einnahmen von Dr Irena Eris betrugen 2021 rund 65,2 Millionen Euro, mit einem Nettogewinn von 5,6 Millionen Euro. Die Firma erwirtschaftet etwa 80 Prozent ihres Umsatzes im Kosmetikbereich.

Neue Exportmärkte sucht auch die Firma Eveline Cosmetics. Deren Ausfuhranteil am Umsatz betrug 2021 rund 70 Prozent, mit der Russischen Föderation als wichtiger Abnehmerin. Als Zielregionen nimmt Eveline Cosmetics nun Westeuropa und Nahost stärker ins Visier. Die Firma Ziaja, die das preiswerte Segment der Pflegeprodukte abdeckt, führt nur gut ein Fünftel ihrer Waren aus. Für sie war bisher die Ukraine ein wichtiges Abnehmerland.

Der führende Hersteller dekorativer Kosmetik, Inglot, ist ebenfalls stark auf Auslandsmärkten vertreten, wobei die Russische Föderation 2021 einen Anteil von rund 5 Prozent an den Exporten hatte. Durch den Wegfall der östlichen Absatzmärkte müssen auch deutsche Unternehmen mit einer stärkeren Konkurrenz auf anderen Märkten rechnen, insbesondere in Europa, Nahost und Asien.

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