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Branchenbericht Serbien Hochbau
Belgrad (GTAI) - Günstige Wärme und Strom, aber hoher Energieverlust: Rund 70 Prozent der Gebäude in Serbien müssen saniert werden, damit sie die Mindeststandards für Energieeffizienz erreichen.
03.05.2019
In Serbien benötigen Wohngebäude 2018 rund 4,1 Millionen Tonnen Erdöläquivalent, 46 Prozent des Gesamtverbrauchs. Das liegt weit über dem Niveau der Industrie (28 Prozent) und des Transports (25 Prozent).
Im Frühling herrschen in Serbien tagsüber Temperaturen um 20 Grad Celsius. Da die Temperatur nachts unter zehn Grad fällt, werden Gebäude, die ans zentral gesteuerte Fernwärmesystem angeschlossen sind, bis Mitte April noch geheizt - auch tagsüber. Im Winter wird geheizt, im Sommer mit Klimaanlagen gekühlt.
Rund ein Fünftel der Gebäude in Serbien verfügen nicht über eine thermische Isolation. Entsprechend hoch ist das Potenzial für Anbieter von Technik und Ausrüstungen für energieeffizienten Bau. Die Regierung hat für 2019 rund 200 Millionen Euro für Sanierungsvorhaben von Gebäuden vorgesehen.
Treiber | Hemmnisse |
Energiepolitik der Europäischen Union | Wenig Bewusstsein für Energieeffizienz in der Bevölkerung |
Förderprogramme für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude | Niedrige Preise für Strom und Heizung |
Wohnungsbau nimmt nach langem Rückgang wieder zu | Sehr wenige Hausbesitzer haben einen Energiepass für ihr Gebäude und kennen den Energieverbrauch |
Serbien will bis 2020 den Energieverbrauch der Wohnungen um 8 Prozent senken, heißt es im Energieeffizienz-Plan aus dem Jahr 2017. Damit folgt das Land den Mindestanforderungen für Energieeffizienz der europäischen Energieunion. Die aktuelle Prognose des Energieministeriums weist allerdings nur einen Rückgang des Verbrauchs um 1 Prozent aus.
Von den rund 4,8 Millionen Gebäuden sind rund 2,1 Millionen Wohnobjekte, wie aus dem Kataster der Republik Serbien hervorgeht. Rund 70 Prozent davon wurden vor und während der 1980er Jahre gebaut. Unsaniert verbrauchen diese Gebäude pro Jahr rund 170 Kilowatt Energie. Solche Häuser erhalten in der Regel die schlechteste Energieeffizienzklasse - G. Eine detaillierte Aussage über den Anteil der Wohngebäude mit der Kategorie G lässt sich schwer treffen, da in dem Register für Energieausweise bisher nur rund 10.000 Gebäude erfasst sind.
Im Zeitraum von 2012 und 2018 erteilten die Behörden lediglich 1.371 Baugenehmigungen für Gebäudesanierungen, berichtet das serbische Statistikamt. Davon entfiel rund ein Drittel auf Wohngebäude. Bei Sanierungen müssen Bauherren die Mindeststandards für energieeffiziente Gebäude einhalten, das heißt den Wärmeverlust durch Dach, Türen, Fenster, Wände und Fassaden senken, sodass sie eine höhere Energieeffizienzstufe erreichen.
Für Umbaumaßnahmen in öffentlichen Gebäuden will der Staat in diesem Jahr rund 200 Millionen Euro ausgeben, wie aus dem Haushaltsplan des Finanzministeriums hervorgeht. Davon sollen 48 Millionen Euro in die Sanierung von Schulen und Krankenhäusern fließen. Es müssen Dächer neu gedeckt, Heizsysteme optimiert oder Türen und Fenster ausgetauscht werden. Weitere 26 Millionen stehen für Sanierungsmaßnahmen von Gerichtsgebäuden und Haftanstalten zur Verfügung. Einzelne Vorhaben werden zeitnah innerhalb des Jahres - vom verantwortlichen Ministerium oder auf dem Portal für öffentliche Beschaffung (http://portal.ujn.gov.rs/Pretraga.aspx?tab=3) ausgeschrieben.
Projekt | Investitionssumme im Budget 2019 in Mio. Euro | Auftraggeber/Anmerkungen |
Sanierungsvorhaben | ||
Sanierung öffentlicher Gebäude der Sektoren Bildung, Gesundheit und Soziales | 45 | Amt für öffentliches Investitionsmanagement der Republik Serbien; Informationen zu Ausschreibungen: http://www.obnova.gov.rs/english/public-procurement |
Sanierung von Gerichtsgebäuden und Haftanstalten | 26 | Justizministerium https://www.mpravde.gov.rs |
Bauvorhaben | ||
Bau und Ausbau von öffentlichen Krankenhäuser in Serbien | 53 | Gesundheitsministerium https://www.zdravlje.gov.rs |
Ausbau und Sanierung von Schulen und Universitäten | 20 | Ministerium für Bildung, Forschung und Innovation http://www.mpn.gov.rs |
Bau von 8.022 Wohnungen für Armeeangehörige in den Städten Vranje, Nis, Kralijevo, Kragujevac, Novi Sad, Sremska Mitrovica und Belgrad | 34 | Verteidigungsministerium http://www.mod.gov.rs/; Baubeginn Februar 2019; Baudurchführung: Serbisch-türkisches Konsortium Tasyapi-Milenijum; ab 2020 übernehmen kommunale Unternehmen den Bau der restlichen Wohnungen |
Quellen: Finanzministerium, GTAI-Recherchen
Die Stadtverwaltung in Belgrad will gemeinsam mit dem Energieanbieter ESCO 100 ihrer öffentlich betriebenen Gebäude energetisch sanieren, darunter die Poliklinik für Studenten und die Stadtbibliothek. ESCO investiert 11 Millionen Euro, den Rest gibt die Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) dazu.
Das Bewusstsein für energiesparende Maßnahmen in der Bevölkerung ist begrenzt - Wärme und Strom sind verhältnismäßig günstig. Heizen kostet in Belgrad rund 1 Euro pro Quadratmeter. Die Haushalte zahlen eine pauschale Summe pro Monat. In einigen Haushalten fehlen Verbrauchszähler an den Heizkörpern. Einen Überblick über den individuellen Verbrauch zu bekommen ist somit schwer. Strom kostet 7 Cent pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Für eine Kilowattstunde Strom in Deutschland mussten Verbraucher 2018 im Schnitt rund 30 Cent zahlen.
Anreize für energetische Sanierung für Privatpersonen bieten die UniCreditBank und die Erste Bank. Beide Kreditinstitute vergeben an private Bürger Darlehen für die Installation von Umwälzpumpen, Kondenskessel, Luft-Wasser-Wärmepumpen oder für neue Fenster, Isolier- und Dämmmaterialen. Das Geld stammt aus einem Programm der EBRD zur Förderung der grünen Wirtschaft in Serbien.
Der Wohnungsbau erholte sich 2016 nach einem sechsjährigen Rückgang als Folge der Wirtschaftskrise und wächst rasant. Die Anzahl der neu fertiggestellten Wohnungen stieg 2016 um zehn Prozent auf 11.332 Wohnungen und 2017 um 24 Prozent auf 14.080 Wohnungen. Vor zehn Jahren zählte das Statistikamt rund 19.000 neu fertig gestellte Wohnungen. Der Anteil der energieeffizienten Neubauten an der Gesamtzahl der Wohngebäude liegt unter 1 Prozent. Am meisten gebaut wird in der Hauptstadt. Allein 296 neue Wohnungen entstanden 2018 im Rahmen des Großprojektes Belgrade-Waterfront. Direkt am Ufer der Save wird bis 2030 ein neues Stadtviertel mit rund 6.000 Wohn- und Büroeinheiten errichtet.
Neubauten müssen seit September 2012 mindestens der Energieeffizienzklasse C entsprechen, sie dürfen nicht mehr als 65 Kilowattstunden pro Quadratmeter verbrauchen. Auftraggeber müssen Dämmmaterial verbauen sowie energieeffiziente Türen, Fenster als auch Heiz- und Wärmekreisläufe installieren.
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Weitere Informationen zu Serbien sind unter http://www.gtai.de/serbien erhältlich.