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Branchenbericht/Slowakei/Batteriezellfertigung
Für Hersteller von Elektroautos will die Firma InoBat mit Partnern Batterien nach Maß entwickeln und produzieren. Die Regierung unterstützt das Projekt.
25.02.2020
Von Miriam Neubert | Bratislava
Die junge Gesellschaft InoBat Auto hat Großes vor. Als gemeinsames Unternehmen der Anfang 2019 in der Slowakei gegründeten InoBat und ihres Technologiepartners Wildcat Discovery Technologies aus den USA will es zur größeren Unabhängigkeit der europäischen Automobilindustrie von asiatischen Batterieherstellern beitragen. Der erste Schritt sieht eine Investition von 100 Millionen Euro in der Slowakei vor - für die Errichtung eines Forschungs- und Entwicklungszentrums und einer Pilotproduktionslinie für Batteriezellen (Jahreskapazität: 100 Megawattstunden). Der Aufbau soll im 2. Quartal 2020 beginnen, die Produktion Ende 2021 anlaufen. In einer zweiten Phase könnte schrittweise bis 2024 eine Massenproduktion von Batterien mit einer Jahreskapazität von 10 Gigawattstunden folgen. Diese Investition wird auf 1 Milliarde Euro angesetzt.
Anfang Februar 2020 hat die slowakische Regierung 5 Millionen Euro an Investitionsbeihilfen zugesagt. „Da die Slowakei pro Kopf der Bevölkerung die meisten Autos herstellt, ist es sehr wichtig, so eine Produktion hier zu haben“, begründete Finanzminister Ladislav Kamenický die Entscheidung. Mit 202 produzierten Pkw pro 1.000 Einwohner hat sich das Land auch 2019 weltweit bei dieser Kennziffer an der Spitze gehalten. Die Abhängigkeit der Volkswirtschaft von der Kraftfahrzeugbranche ist hoch. Diese steht durch die Klimaziele und schärfere Emissionsziele der Europäischen Union (EU) unter Transformations- und Innovationsdruck.
„Die Investition von InoBat Auto hat das Potenzial, einen erheblichen Beitrag für die Forschung in der Slowakei zu leisten“, sagte Marian Boček, Vorstandsvorsitzender der Firma, nach Zusage der Förderung. Die Mittel würden zur Finanzierung der Spezialisten und des Technologietransfers für das F&E-Zentrum genutzt. Geht es nach dem Geschäftsmodell, ist es gerade diese Verbindung von Forschung, Entwicklung und Produktion, die eine beschleunigte Entwicklung eigener Batterien in Zusammenarbeit mit den Herstellern von Elektroautos in der Region ermöglichen soll. Boček ist zugleich Mitgründer und Managing Partner der Investmentgruppe IPM, die hinter InoBat steht.
Ziel von InoBat ist es, weltweite Leittechnologien über Partnerschaften mit führenden Industriegruppen in Mittel- und Osteuropa einzuführen. Dabei geht es um drei Bereiche: Elektromobilität, Energiespeicher und Wasserstoffantrieb. Weitere Aktionäre von InoBat sind neben IPM die Industriegruppe CSG, das Automobilzuliefer- und Engineering-Unternehmen Matador Group, die Energiegesellschaft A.EN und MSM Group. Als strategische Partner werden der deutsche Anlagenbauer Manz (führend bei Technologien zur Herstellung unter anderem von Lithium-Ionen-Batterien), der tschechische Energiekonzern ČEZ und die ungarische Petrochemie-Gruppe MOL angeführt.
Finanziert werden soll das Projekt über eine Kombination von Krediten und privaten Quellen. Um bis zu 60 Prozent des Volumens über Darlehen aufbringen zu können, führt InoBat Auto Gespräche mit Banken und Investoren. Bereits im Sommer 2019 begannen Verhandlungen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB). Die EIB hat für eine Demonstrationsanlage des Batterie-Projekts Northvolt in Schweden Ende 2017 ein Darlehen von 52 Millionen Euro gewährt. Eine Kreditierung der geplanten schwedischen Giga-Factory ist in Prüfung.
Die Europäische Kommission ist daran interessiert, dass sich eine wettbewerbsfähige und nachhaltige europäische Batterieindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette etabliert. Gegenwärtig werden in der EU vor allem Batteriesätze montiert. Die Zellen kommen in der Regel aus Drittstaaten, besonders Asien. Durch den Aufschwung der Elektromobilität wird die Nachfrage rasant steigen. In ihrem Strategischen Aktionsplan zur Batteriefertigung beruft sich die Europäische Kommission auf Prognosen, die ab 2025 den europäischen Batteriemarkt auf 250 Milliarden Euro jährlich beziffern. Das erfordere 10 bis 20 Giga-Fabriken.
Auf diesen Markt baut InoBat Auto – und auf die Technologie des Partners Wildcat. Spezialisiert auf F&E zu Lithium-Ionen-Batterien hat das in San Diego ansässige Laborunternehmen eine Plattform entwickelt, die High-Throughput-Systeme (parallele Testverfahren für Substanzen unter einer Vielfalt von diversen Bedingungen) mit künstlicher Intelligenz kombiniert. Geht es nach Wildcat, befähigt dies seine Wissenschaftler, jede Woche Tausende von neuen Materialien in Zellen vorzubereiten und zu testen. Das beschleunige die Forschung zu neuen Elektrodenmaterialien und die Abschätzung ihrer Potenziale. Die Übertragung der Wildcat-Forschungsplattform nach Europa soll dazu führen, europäische Automobilhersteller mit eigenen patentierten Batteriezellen zu beliefern.
Ähnlich ist das Konzept von InoBat im Bereich Energiespeicher. Im Mai 2019 hat die Gesellschaft mit dem US-amerikanischen technologischen Start-up-Unternehmen ESS ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft unterschrieben, um Energiespeicheranwendungen in Mittel- und Osteuropa zu entwickeln. Die Dekarbonisierung der Energieerzeugung erfordert neue Speicherlösungen. ESS bietet solche auf der Basis von Eisen-Redox-Flussbatterien an. Strategischer Partner bei der Auslotung der Potenziale ist ČEZ.
Um die EU auf dem Gebiet der Innovation und Produktion von Batterien voranzubringen, ist 2017 die Europäische Batterie-Allianz gegründet worden. Sie umfasst über 260 Akteure aus allen Segmenten der Batterie-Wertschöpfungskette. Die Slowakische Batterie-Allianz (Slovenská Batériová Aliancia) entstand 2019. Gründungspartner waren InoBat, Infrapartners Management, MSM Holding, Greenway Infrastructure, Slovnaft, Matador Holding, A.EN Slovensko, das Zentrum zur Nutzung fortgeschrittener Materialien der Akademie der Wissenschaften und die Technische Universität in Košice.