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Branchenbericht Spanien Abfallentsorgung, Recycling
Spaniens neue Regierung hat das ehrgeizige Ziel "Null Abfall" für 2050 ausgerufen. Der Weg dahin ist noch lang und erfordert umfangreiche Investitionen.
20.02.2020
Von Oliver Idem | Madrid
Die neue spanische Regierung zielt auf eine Kreislaufwirtschaftsstrategie ab, damit das Land 2050 mit "zero waste" auskommt. Kurzfristig steht aber infrage, ob Spanien überhaupt die Vorgaben der Europäischen Union (EU) für 2020 erfüllen kann. Der Anteil der Abfälle, die auf Deponien landen, ist nach wie vor hoch und das Recycling ausbaufähig. Der Abfallsektor benötigt mehr Investitionen in die Sammlung, Sortierung und Behandlung, um die Vorgaben zu erfüllen. Entsprechende Projekte bieten deutschen Unternehmen Zulieferchancen bei Technologien für neue und optimierte Anlagen zur thermischen, biologisch-mechanischen und chemisch-physikalischen Behandlung, zur Geruchs- und Emissionsvermeidung und zum Monitoring.
Abfallart | Menge (in 1.000 t) | Veränderung 2017/16 (in %) |
---|---|---|
Insgesamt | 132.119 | 2,3 |
Mineralische Stoffe | 69.080 | 3,1 |
Gemischte Stoffe | 35.887 | 2,8 |
Tierische und pflanzliche Stoffe | 8.910 | -5,0 |
Metallische Stoffe | 5.843 | 2,5 |
Papier und Pappe | 3.625 | 2,7 |
Chemische Stoffe | 2.437 | -1,0 |
Gewöhnliche Schlämme | 1.579 | 8,3 |
Ausrangierte Geräte | 1.216 | 1,0 |
Holz | 1.173 | 9,7 |
Glas | 1.123 | -4,4 |
Kunststoffe | 758 | 3,7 |
Andere Stoffe | 489 | 11,5 |
Spaniens Abfallgesetzgebung setzt die jeweiligen EU-Richtlinien um. Es gilt der staatliche Rahmenplan zum Abfallmanagement PEMAR 2016-2022 (Plan Estatal Marco de Gestión de Residuos), der bereits eine Abkehr vom linearen Produktionsmodell zu mehr Wiederverwertung enthält. Ihren Koalitionsvertrag von Ende 2019 nutzte die neue rot-rote Regierung, um eine ehrgeizige Kreislaufwirtschaftsstrategie anzukündigen. Noch liegt kein Plan vor, jedoch sind wesentliche Eckpfeiler bereits formuliert. Dazu zählen Ökodesign und Ökoinnovationen sowie die Wiedereinführung von Nebenprodukten und Abfällen als Rohstoffe für andere Produktionszyklen. Als Zielbranchen für mehr Effizienz sieht die Regierung die Bauwirtschaft, die Lebensmittelindustrie, den Tourismus, den Verpackungssektor, die Textilbranche sowie die Elektro- und Elektronikindustrie.
Abfall | Menge (in 1.000 t) | Veränderung 2017/16 (in %) |
---|---|---|
Insgesamt | 132.119 | 2,3 |
Industrie, Bergbau, Energie | 41.122 | 7,0 |
Bauwirtschaft | 35.347 | -1,3 |
Haushalte | 22.572 | 2,9 |
Wasser- und Abfallwirtschaft | 21.325 | 5,8 |
Land- und Viehwirtschaft | 6.055 | -3,5 |
Dienstleistungen | 5.698 | -13,4 |
Die EU-Kommission bescheinigt Spanien in ihrem "Environmental Implementation Review" vom April 2019 gleichermaßen Fortschritte und Handlungsbedarf. Letzterer besteht bei Investitionen in die Wiederverwertung und dem Zurückdrängen der Deponierung. Die Recyclingquote inklusive Kompostierung lag 2017 bei 34 Prozent. Bereits 2018 wies die EU darauf hin, dass Spanien das Recyclingziel von 50 Prozent für Siedlungsabfälle im Jahr 2020 verfehlen könnte.
In Spanien wird zwar weniger Siedlungsmüll produziert als in anderen Ländern, dieser wird jedoch nur zum Teil wiederverwertet. Pro Kopf fielen 2017 rund 462 Kilo kommunale Abfälle an, womit das Land um rund 5 Prozent unter dem EU-Mittel lag. Die EU-Kommission kritisiert auch, dass noch immer Abfälle in Spanien illegal oder unter unzureichenden Standards deponiert werden. Mit einer Deponiequote von 54 Prozent liegt das Land um ganze 30 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt. Mit einem Anteil von 13 Prozent sind Müllverbrennungen, anders als im EU-Mittel, deutlich seltener. Aus einer Recyclingquote von rund 18 Prozent und einer Kompostierung von gut 15 Prozent summiert sich eine Wiederverwertungsrate von 34 Prozent. Als fehlenden Anreiz wertet die EU, dass die lokalen Abfallgebühren meistens unabhängig von der anfallenden Menge erhoben werden. Damit tragen sie nicht zum Ausbau einer getrennten Sammlung und mehr Wiederverwertung bei.
Stoffgruppe | Recyclingmenge (in 1.000 t) | Anteil am recycelten Material (in %) | Veränderung 2017/16 (in %) |
---|---|---|---|
Insgesamt | 44.922 | 100,0 | 13,5 |
Mineralische Stoffe | 20.406 | 45,4 | 26,2 |
Metalle | 10.595 | 23,6 | 16,6 |
Papier und Pappe | 3.841 | 8,6 | -5,7 |
Gemischte Abfälle | 2.873 | 6,4 | -5,1 |
Tierische/pflanzliche Abfälle | 1.632 | 3,6 | 0,7 |
Gewöhnliche Schlämme | 1.257 | 2,8 | 10,6 |
Chemische Stoffe | 1.115 | 2,5 | -8,9 |
Holz | 1.026 | 2,3 | 5,0 |
Glas | 1.009 | 2,2 | 1,7 |
Ausrangierte Geräte | 522 | 1,2 | 5,2 |
Kunststoffe | 467 | 1,0 | -21,5 |
Andere Stoffe | 180 | 0,4 | 1,3 |
Die EU-Kommission weist auch auf starke regionale Unterschiede bei der Verbesserung des Abfallmanagements hin. Ein Grund dafür liegt in der dezentralen Organisation des Landes. Autonome Regionen und Kommunen genießen umfangreiche Selbstbestimmungsrechte. Die 17 Autonomen Regionen folgen dem staatlichen Rahmenplan zum Abfallmanagement PEMAR 2016-2022 (Plan Estatal Marco de Gestión de Residuos) in eigenen mehrjährigen Abfallwirtschaftsplänen.
Die Kommunen füllen eine wichtige Rolle darin aus, Abfälle getrennt einzusammeln. Dies geschieht zum Teil über Sammelpunkte, bei denen Bürger Reststoffe abgeben können, sowie über die Leerung von Tonnen oder Containern etwa für Papier und Altglas. Die Hauptstadt Madrid liefert mit der schrittweisen Einführung der "Biotonne" für organische Abfälle ein positives aktuelles Beispiel. Bis auf das Zentrum haben bereits 20 von 21 Bezirken die Tonnen mit den braunen Deckeln erhalten. Eine erste Bilanz der Stadt fällt mit einer korrekten Befüllung von circa 80 Prozent zufrieden aus. Zuvor wurden die organischen Abfälle mit dem Restmüll zusammen entsorgt.
Die zweitgrößte Stadt Barcelona hat sich eigene Ziele für die getrennte Abfallsammlung von 50 Prozent für 2020 und 60 Prozent für 2030 gesetzt. Bislang spielen öffentliche Container für die Trennung des Mülls eine wichtige Rolle. Auf der Suche nach besseren Systemen testete die Stadtverwaltung 2019 ein System zur täglichen Abholung verschiedener Wertstoffe durch das Einsammeln von Säcken. Ein anderes Modell basiert auf einer Karte zur Identifizierung der Bürger, mit der sie die Behälter öffnen. Das eröffnet die Möglichkeit, individuelle Abfallmengen zu messen und perspektivisch verbrauchsabhängige Tarife einzuführen.
Eine Reihe größerer Investitionsprojekte wurde 2018 und 2019 fertiggestellt. Zu den größeren aktuellen Vorhaben gehören drei neue Abfallbehandlungsanlagen für die Region Madrid im Wert von 280 Millionen Euro. Gemäß dem Plan 2018 bis 2024 entstehen die Anlagen in Colmenar Viejo, Loeches und Pinto. In Vilorteo (Gijón) entsteht bis 2023 eine Anlage zur mechanisch-biologischen Behandlung von 300.000 Tonnen Feststoffabfällen pro Jahr. Diese werden sich aus Siedlungs- und ungefährlichen Industrieabfällen zusammensetzen. Das Vorhaben realisieren für 58 Millionen Euro Viviendas y Obras Civiles und Setec Building gemeinsam.
Öffentliche Ausschreibungen in der Abfallwirtschaft finden sich auf dem spanischen Portal für öffentliche Beschaffung und im European Tender Information System (ETIS). Als ETIS-Partner bietet Germany Trade & Invest Ihnen Zugang unter https://www.gtai-eu-ausschreibungen.de/gtai/home/index.do.
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