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Das Gesundheitswesen investiert wegen der Covid-19-Epidemie verstärkt in E-Health. Digitale Technologien sind gefragt, allerdings fehlen der rechtliche Rahmen und die Koordination.
13.05.2020
Von Thomas Hundt | Bangkok
Das thailändische Gesundheitswesen erbringt hervorragende Leistungen, allerdings sind die Abläufe sehr arbeitsintensiv. Insbesondere die kleineren und mittleren Gesundheitseinrichtungen erfassen und verwalten Diagnosen, Behandlungen und Abrechnungen vielfach noch manuell.
Die öffentlichen und privaten Einrichtungen haben viele digitale Projekte und Programme unabhängig voneinander initiiert und implementiert. Die elektronischen Systeme sind aber nicht hinreichend miteinander verknüpft.
Fachkräfte, die komplexe Applikationen der Gesundheitsinformatik programmieren und umsetzen, fehlen zudem. Die technischen Voraussetzungen für E-Health - wie Verbreitung von Smartphones, schnelles Internet und eine Datenerfassung über Personalausweise - sind wiederum gegeben.
Indikator | |
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Bevölkerungsgröße (2019, in Millionen) | 69,6 |
Anzahl Ärzte pro 1.000 Einwohner (2017) | 0,81 |
Anzahl Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner (2018) | 2,25 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (in US$, 2017) | 224 |
Anteil der Haushalte mit Internetzugang (in Prozent, 2018) | 68 |
Mobilfunknutzer/100 Einwohner (2018) | 89 |
Das Gesundheitsministerium will den medizinischen Sektor auf Weltklasseniveau anheben und hat 2017 ein E-Health Strategiepapier vorgestellt, das bis 2026 einen Fahrplan für den digitalen Durchbruch skizziert. Die Abteilungen des Ministeriums sollen beispielsweise einen regulatorischen Rahmen verabschieden. Branchenvertreter beklagen, dass noch keine rechtlichen Grundlagen für Telemedizin eingeführt wurden, daher laufen die Online-Beratungen der Ärzte noch im rechtsfreien Raum. Die Ärztekammer Medical Council of Thailand arbeitet dem Vernehmen nach derzeit an entsprechenden Vorschriften.
Der E-Health-Plan sieht auch elektronische Gesundheitsakten und mobile Health-Programme vor. Die Krankenhäuser sollen künftig alle Daten elektronisch verarbeiten und analysieren. Das Thai Health Information Standards Development Center ist dabei für die Interoperabilität und Normung von Gesundheitsinformationen zuständig.
Das Gesundheitsministerium und der Telekomkonzern CAT Telecom haben 2019 eine Absichtserklärung unterzeichnet, die den Aufbau einer nationalen digitalen Gesundheitsplattform mit einem einheitlichen Standard vorsieht. Über diese Plattform sollen zunächst die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen Daten untereinander austauschen. Die Testphase ist für 2020 vorgesehen. Später können private Hospitäler und Kliniken ihre Datenbanken mit dem System verknüpfen.
Das staatliche Krankenhaus Samut Prakan im Süden von Bangkok wird nach Angaben des Gesundheitsministeriums zu einem digitalen Vorzeigeprojekt entwickelt, das anschließend auf andere öffentliche Krankenhäuser übertragen werde. Das Samut Prakan Hospital unterzeichnete im Mai 2019 mit der Beratungsfirma für künstliche Intelligenz Botnoi und mit der Krungthai Bank Absichtserklärungen, die smarte, automatisierte, IT-basierte Lösungen für die Aufnahme, Diagnose und Abrechnung vorsehen.
Auch die medizinische Fakultät des Siriraj Hospital, dem ältesten Krankenhaus Thailands, entwickelt derzeit neue, smarte Lösungen. Das Sirijay 4.0 Hospital werde künftig komplett digital sein. Kooperationspartner ist unter anderem Huawei aus China.
Die Gesellschaft Samitivej Hospital, die dem größten thailändischem Gesundheitskonzern Bangkok Dusit Medical Services (BDMS) gehört, hat 2017 ein virtuelles Krankenhaus entwickelt. Über die Webseite und die App SAMITIVEJ PLUS können Kunden sich per Videotelefon mit Ärzten beraten, Arzneimittel nach Hause bestellen oder Blutentnahmen vereinbaren.
BDMS unterzeichnete im September 2019 eine Vereinbarung mit der chinesischen Plattform Ping An Good Doctor. Über den Onlinedienst möchte BDMS unter anderem Patienten in China erreichen und sie für Behandlungen in seinen 46 Hospitälern in Thailand gewinnen. Die Kette Bangkok International Hospital, die ebenfalls zu BDMS gehört, wirbt auch mit elektronischen Patientenakten, computergestützten Hilfen bei Therapien sowie automatisierten Abläufen.
Der 2016 gegründete Dienst Doktor Raksa ist die größte Plattform der Telemedizin und meldet einen extremen Anstieg der Nachfrage. Doktor Raksa verknüpft über seine App und Webseite über 400.000 registrierte Kunden mit rund 600 Ärzten. Die Plattform verfügt auch über die Onlineapotheke Pharmacy. Der zweitgrößte Gesundheitskonzern in Thailand, Bumrungrad International, kooperiert mit Doktor Raksa. Gemeinsam haben sie die Applikation Bumrungrad Anywhere entwickelt.
Einige kleinere Krankenhäuser entwickeln zusammen mit IT-Firmen auch eigene Apps, mit deren Hilfe Patienten Termine vereinbaren können. Das Gesundheitsministerium und die Behörde National Broadcasting and Telecommunications Commission wollen nun kommunale Krankenhäuser und Kliniken mit Telemedizin ausrüsten. Das Budget für den Zeitraum 2019 bis 2024 beträgt umgerechnet circa 5 Millionen Euro.
Das Telekommunikationsunternehmen Advanced Info Services (AIS) kündigte im April 2020 an, dass es den geplanten Ausbau von 5G-Netzen und den Einsatz von Robotern im Gesundheitswesen beschleunigen werde. Die AIS 5G-Netze sollen Ende April in 130 Krankenhäusern in Bangkok und in acht weiteren Hospitälern in anderen Provinzen zur Verfügung stehen. Eine AIS-Abteilung entwickelt zudem 5G-gesteuerte Roboter, die Patienten thermisch scannen und Videogespräche zwischen Ärzten und Patienten ermöglichen. Die ersten der 23 Roboter liefert AIS unter anderem an die Universitätskrankenhäuser Chulalongkorn, Siriraj und Rajavithi. Die Universität Chulalongkorn hat zudem mit den Firmen Obodroid, HG Robotics einen eigenen Roboter entwickelt, der Medikamente und Gerichte zu Covid-19 Patienten transportiert.