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Branchenbericht Thailand Bau, übergreifend
Bangkok (GTAI) - Thailands Markt für öffentliche Aufträge ist enorm. Ausschreibungen sind beschränkt zugänglich und erfordern Flexibilität. Ausländische Anbieter kommen über lokale Partner an Aufträge.
30.12.2019
Thailand setzte am 23. August 2017 ein neues Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen in Kraft. Es hat zum Ziel, eine einheitliche Vergabepraxis zu etablieren. Der Government Procurement and Supplies Management Act 2017 standardisiert die öffentlichen Vergabeverfahren. Einheitliche Kriterien und Verträge sollen die Annahme und Gewährung von Vorteilen bei Auftragsvergaben verhindern. Es sieht in der Regel offene Ausschreibungen vor und definiert die möglichen Ausnahmen. Fachleute bezeichnen das Gesetz als relativ fair und transparent.
Das Gesetz werde in der Praxis aber nicht optimal implementiert, so die Ansicht internationaler Experten und des thailändischen Rechnungshofs (Comptroller General's Department, CGD, http://www.cgd.go.th), der dem Finanzministerium untersteht. Die Ausführungsbestimmungen und Vergabedokumente der ausschreibenden Stellen entsprächen nicht immer dem Charakter und den Zielen des Gesetzes.
Das zentrale Portal Thai Government Procurement (http://www.gprocurement.go.th), verwaltet vom CGD, veröffentlicht die Richtlinien, Ankündigungen und Vergaben. Das Marktvolumen ist beträchtlich: Das Portal meldet für den Zeitraum Oktober 2018 bis September 2019 circa 5 Millionen inserierte Projekte mit einem Auftragswert von insgesamt umgerechnet 57 Milliarden Euro.
Über 9.000 staatliche Stellen und Unternehmen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene unterliegen dem gesetzlich vorgeschriebenen einheitlichen Vergabeprozess. Sie können allerdings Ausnahmen beantragen, falls das vorgeschriebene Verfahren ihre Wettbewerbsfähigkeit oder internationale Verpflichtungen einschränkt.
Das Finanzministerium bewilligte diese Ausnahmen unter anderem dem Petroleum-Konzern PTT, der Fluggesellschaft Thai Airways, den Stromversorgern Electricity Generating Authority of Thailand (EGAT), Metropolitan Electricity Authority, Provincial Electricity Authority, der Telefongesellschaft TOT, dem Rundfunksender MCOT und mehreren öffentlichen Banken. Besonders die Vergabeverfahren, -dokumente und Verträge der EGAT würden sich auch für andere öffentliche Stellen als Vorbild anbieten, meinen Fachleute (http://www4.egat.co.th/fprocurement/biddingeng).
Thailand hat das WTO Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) nicht unterzeichnet, soll aber an einer Teilnahme interessiert sein. Die derzeitigen Schwellenwerte, die eine internationale Ausschreibung erfordern, sind allerdings sehr hoch angesetzt und entsprechen nicht dem GPA.
Ausländische Firmen können an öffentlichen Ausschreibungen auch aus anderen Gründen oft nicht teilnehmen. Die komplexen Registrierungsvorgaben schließen ausländische Unternehmen faktisch aus. Die Teilnahmebedingungen fordern häufig, dass anbietende Unternehmen mehrheitlich thailändischen Eigentümern gehören. Das heißt, selbst den Niederlassungen ausländischer Firmen ist dann der Zugang verwehrt.
Internationale Bieter schrecken zudem einige Vergabekriterien ab. Diese verlangen eine unbegrenzte Haftung und sind nicht wie üblich auf den Auftragswert beschränkt. Auch eine internationale Schiedsgerichtsbarkeit und neutrale Streitschlichtung müssen oft noch nachverhandelt werden. Die Vergabeverfahren können zudem sehr lange dauern. Gelegentlich werden Projekte mit neuen Leistungsbeschreibungen und veränderten Kriterien neu ausgeschrieben.
Die Vereinigung europäischer Unternehmen European Association for Business and Commerce (EABC) moniert in einem Positionspapier, dass Ausschreibungen von Verkehrsprojekten den technischen Fortschritt ignorierten. Vergabepapiere spezifizierten oft veraltete Technik und enthielten überholte oder falsche technische Standards. Die EABC empfiehlt, dass unabhängige Fachleute die Leistungsbeschreibungen (Terms of Reference) prüfen.
Die thailändische Wirtschaft kann viele Produkte und Dienstleistungen nicht bereitstellen. Öffentliche Projekte sind deshalb an vielen Stellen auf ausländische Technik und internationales Know-how angewiesen. Das CDG führt beispielsweise eine nicht öffentliche Liste mit internationalen Unternehmen, die zu Ausschreibungen eingeladen werden und direkt teilnehmen dürfen.
Bei großen Projekten laden ausschreibende Stellen internationale Bieter selektiv ein. Im Vorfeld von großen Verkehrsprojekten schließen sich nationale und internationale Unternehmen häufig zu Konsortien zusammen und geben gemeinsame Angebote ab.
Auf mittlere und kleinere Vorhaben bewerben sich nur thailändische Bieter, die auch ausländische Produkte und Dienstleister repräsentieren. Die öffentlichen Stellen können dann nur auf eine begrenzte Auswahl an Zwischenhändlern und deren international limitiertes Angebotsspektrum zugreifen.
Die US-amerikanische Botschaft empfiehlt in ihrem Leitfaden für Geschäfte in Thailand, sich von namhaften, seriösen Firmen vertreten zu lassen. Diese sollten über frühzeitige Einblicke in Vergabekriterien und über fundierte Kenntnisse der jeweiligen Vergabepraxis verfügen. Wartung und After-Sales-Service seien beispielsweise besonders wichtige Leistungsmerkmale. Deren Kosten sollten im Vorfeld einkalkuliert und Teil der Angebotsabgabe sein.
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll, Ausschreibungen und Entwicklungsprojekten in Thailand können Sie unter http://www.gtai.de/thailand abrufen. Die Seite http://www.gtai.de/asien-pazifik bietet einen Überblick zu verschiedenen Themen in Asien-Pazifik.