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Geht es nach den Zielen, könnten 2030 bis zu 50.000 Wasserstoffautos in Tschechien registriert sein. Noch gibt es keine, da die Ladeinfrastruktur fehlt. Das wird sich 2021 ändern.
07.10.2020
Von Miriam Neubert | Prag
Die Petrochemie-Gruppe Unipetrol hat mit der Gesellschaft Bonett einen Vertrag über die Installation von drei Wasserstoffstationen unterschrieben. Es werden die ersten allgemein zugänglichen Tankstellen für diese alternative Antriebsform in der Tschechischen Republik sein.
Sie entstehen in Prag, Litvínov, Brno und werden mit Mitteln der Europäischen Union (EU) gefördert. Das Verkehrsministerium hatte im Rahmen des Operationellen Programms Verkehr insgesamt drei Förderrunden für Wasserstoffinfrastruktur ausgeschrieben. Zum Zuge gekommen sind mit ihren Vorhaben bislang Unipetrol und die öffentlichen Verkehrsbetriebe Ostrava. Über die Anträge der dritten Runde, bei der die Annahme im Mai 2020 endete, wurde im Herbst noch beraten.
Als Generalauftragnehmer soll Bonett mit dem Aufbau der ersten Wasserstoffstationen noch 2020 beginnen. Das Unternehmen ist in Tschechien langjähriger Technologieanbieter und Betreiber von Gastankstellen (CNG, LPG, Biomethan). Mit dem Auftrag von Unipetrol steigt es in die Wasserstoffmobilität ein.
Die Ladestationen werden in Tankstellen der zu Unipetrol gehörenden Gesellschaft Benzina integriert. Jeweils eine soll 2021 in Prag und Litvínov in Betrieb gehen, eine weitere in Brno folgen. "Gleichzeitig bereiten wir weitere öffentliche Ausschreibungen vor, um einen Auftragnehmer für zwei weitere Projekte in Plzeň und Prag auszuwählen", sagte Tomasz Wiatrak, Vorstandsvorsitzender der Unipetrol Gruppe, nach der Vertragsunterzeichnung. Unipetrol setzt darauf, dass mit der Zeit der Wasserstoff die Batterie-Elektromobilität ergänzt. Über die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff im öffentlichen Nahverkehr verhandelt das Unternehmen mit der Hauptstadt Prag, der Region Mittelböhmen und der Region Ústí nad Labem.
Die ersten drei Tankstellen werden mit Wasserstoff beliefert, der in den Unipetrol-Raffinerien in Litvínov und Kralupy nad Vltavou anfällt. Gleichzeitig beschäftigt sich die zum polnischen Konzern PKN Orlen gehörende Unipetrol aber auch mit der Herstellung von Wasserstoff aus alternativen Quellen, wie etwa der Wasserelektrolyse unter Nutzung von aus photovoltaischen Zellen produzierter Elektrizität.
Nicht zufällig sehen besonders die im Strukturwandel stehenden Kohleregionen Chancen in der Wasserstoffwirtschaft. Im mährisch-schlesischen Ostrava bereitete der Verkehrsbetrieb Dopravní podnik Ostrava im Herbst 2020 die Projektdokumentation zur Entwicklung der Wasserstoffmobilität vor. In einer ersten Phase soll eine öffentliche Wasserstofftankstelle mit vier Säulen ausgeschrieben werden, die in der zweiten Phase technologisch erweitert wird.
In der Region Ústí nad Labem in Nordböhmen arbeiten 18 Subjekte (Städte, Unternehmen, Universitäten) daran, die Nutzung des Wasserstoffs als Energiequelle voranzutreiben. Die Stadt Ústí nad Labem plant eine Wasserstofftankstelle in Zusammenarbeit mit dem Chemieunternehmen Spolchemie.
Noch hat Tschechien keine Wasserstoffstrategie. Doch werden Potenziale und Ziele für die Brennstoffzellenmobilität im Straßenverkehr sehr ausführlich in dem im April 2020 aktualisierten Nationalen Plan Saubere Mobilität behandelt. Dieser berücksichtigt die Ziele im Klimaplan und Green Deal der EU, die bis Mitte des Jahrhunderts die Klimaneutralität anstrebt. Er spricht explizit von Wasserstoff-Elektromobilität und empfiehlt, auf Brennstoffzellenfahrzeuge die Gesetzgebung anzuwenden, die für Elektrofahrzeuge gilt, einschließlich der Befreiung von der Straßensteuer.
Als Ziele nennt der Plan bis 2030: rund 40.000 bis 50.000 Pkw und 870 Autobusse mit Wasserstoffantrieb sowie 80 Tankstellen. Dies erfordere allein bei den Autos von privater und öffentlicher Seite Investitionen von circa 28 Milliarden Kronen (Kč; über 1 Milliarde Euro; Wechselkurs am 1. Oktober 2020: 1 Euro = 26,905 Kč). Bei den Autobussen werden die Ausgaben auf 2,4 Milliarden Kč (90 Millionen Euro) geschätzt, bei den Wasserstoffstationen auf 3,5 Milliarden Kč (130 Millionen Euro).
Mittel der EU werden weiterhin das zentrale Förderinstrument bleiben. Hinzu kommt als Impulsgeber der Staat, der bei der Erneuerung seiner Fahrzeugflotte künftig auch Wasserstoffantriebe berücksichtigen soll. Neben der Entwicklung des Fahrzeugmarkts und der Infrastruktur ist es auch ein strategisches Ziel, die Forschung und die internationale Zusammenarbeit in Sachen Wasserstoffmobilität voranzubringen. Dazu zählt die Einbindung in grenzüberschreitende Wasserstoffregionen. Der Blick richtet sich dabei vor allem auf Deutschland.
Kfz | Jahr 2030 |
---|---|
Elektromobile | 220.000 - 500.000 |
Elektrobusse | 800 - 1.200 |
CNG Pkw | 20.000 - 44.600 |
CNG Busse | 1.740 - 2.650 |
LNG Lkw | 3.500 - 6.900 |
LPG | 170.000 - 250.000 |
Wasserstoff Pkw | 40.000 - 50.000 |
Wasserstoff Busse | 870 |
Ladepunkte/Füllstellen | Jahr 2030 |
Elektro | 19.000 - 35.000 |
CNG | 350 - 400 |
LNG | 30 |
Wasserstoff | 80 |
Durch ein frühes Projekt gehört Tschechien mit zu den Wasserstoffpionieren. Die erste, wenn auch nicht öffentlich zugängliche, Wasserstofftankstelle ging im Rahmen eines Testvorhabens 2009 im mittelböhmischen Neratovice in Betrieb. Sie diente der Betankung eines hybriden Busses, der als Prototyp (TriHyBus) vom Institut für Kernforschung in Řež (UJV) bei Prag und verschiedenen Firmen entwickelt wurde und im städtischen Nahverkehr zum Einsatz kam.
Bereits seit 2007 gibt es die Tschechische Wasserstofftechnologie-Plattform HYTEP. Sie vereint wichtige in dem Bereich engagierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen des Landes und organisiert die internationale Konferenz Hydrogen Days. Die 2020 wegen Covid-19 verschobene Veranstaltung findet vom 24. bis 26. März 2021 statt.