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Tschechische RepublikWasser- und Abwassertechnologie, übergreifend / Abwasserentsorgung, Entwässerung / Wasser-, Hochwasserschutz
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Projekte der Wasser- und Abwasserwirtschaft haben in Tschechien Konjunktur. In einigen Landstrichen könnte 2020 das sechste trockene Jahr in Folge werden.
03.07.2020
Von Miriam Neubert | Prag
Eine intensive Regenphase hat in Tschechien im Juni 2020 Trockenheit und Wassermangel aus den Schlagzeilen verbannt. Dafür gab es mehr Nachrichten zu Überschwemmungen und Wasserschäden. Beides - die Verbesserung der Wasserqualität und Hochwasserschutzmaßnahmen - sind wichtige Investitionsfelder mit Hunderten von Projekten in Umsetzung und mehreren vor dem Start. Das führt zur Nachfrage nach neuen oder erweiterten Kläranlagen, nach Wasseraufbereitungsanlagen, Pumpstationen, Rückhaltebecken, Pufferspeichern, Brunnenbohrungen, Abwasser- und Wasserleitungen, Hochwasserschutzanlagen, digitaler Hochwasserprognostik und Frühwarnsystemen.
Die zwischenzeitlichen Regenfälle dürften wenig an dem grundsätzlichen Wasserproblem ändern, das der Klimawandel langfristig für die Tschechische Republik bedeutet. Ein Teil des Landes leidet unter der in mehreren Jahren aufgestauten Trockenheit, die besonders tiefere Schichten betrifft, Grundwasserspiegel absinken ließ und sich negativ auf die Wasserquellen in Hunderten von Gemeinden auswirkt. Extreme Temperaturausschläge häufen sich, lassen Oberflächenwasser verdunsten und machen der Landwirtschaft zu schaffen. In Verbindung mit der Dürre schwächt das die Wälder, denen der Borkenkäfer zusetzt. Hinzu kommt, dass in Regionen mit intensiver Landwirtschaft die Böden das Wasser nicht mehr gut speichern können.
Schon vor einigen Jahren hat der Staat den Kampf gegen die Dürre ausgerufen (Boj se suchem). Aus eigenen Quellen und mit Geldern der Europäischen Union (EU) fördert er Abertausende von Maßnahmen. "Seit 2014 haben wir 17.000 Projekte von Haushalten, Gemeinden, Städten, Landbesitzern zur Anpassung an die Trockenheit mit 13 Milliarden Kronen unterstützt“, zog Umweltminister Richard Brabec im Juni 2020 Bilanz. Umgerechnet ist von über 480 Millionen Euro die Rede (Wechselkurs am 29. Juni 2020: 1 Euro 26,850 Kronen; Kč).
Allein 2019 seien 359 Kilometer neue Wasserleitungen finanziert worden, für über 280.000 Menschen Trinkwasserquellen verbessert worden oder ein Anschluss an die Trinkwasserversorgung erfolgt, sagte der Minister. Hinzu kamen 3.164 Quadratmeter grüne Dächer, die Anlegung von rund 100 Tümpeln, Fischteichen, Sümpfen und 54.000 gepflanzte Bäume. Im Juni 2020 waren laut Umweltministerium zehn Programme offen, aus denen Projekte im Kampf gegen die Dürre schöpfen konnten. Umweltminister Brabec sprach von umgerechnet 93 Millionen Euro für solche Maßnahmen.
Als Land mit beschränktem Wasserreichtum hängt viel vom Rückhalt und der Verwendung des Regenwassers ab. Rückhaltevorrichtungen haben Konjunktur. Seit 2017 läuft das aus dem Nationalen Umweltfonds gespeiste Programm Dešt'ovka, mittlerweile in zweiter Auflage. Es wurde im April 2020 nochmal um 3,4 Millionen Euro aufgestockt und unterstützt Haushalte im ganzen Land bei der Installation von Anlagen und Systemen zur Regenwasserrückhaltung. Aus dem Programm Velká dešťovka, das im Februar 2020 um umgerechnet 37 Millionen Euro ergänzt wurde, können Gemeinden und Städte für Regenrückhaltungssysteme schöpfen. Verantwortlich sind das Umweltministerium und der Nationale Umweltfonds.
Boden- und Hydromeliorationsmaßnahmen sollen generell für eine bessere Speicherung des Regenwassers in der Landschaft sorgen. Hinzu kommt der sorgsame Umgang mit dem vorhandenen Wasser. Die geplante Novelle des Wassergesetzes will unter anderem als Verpflichtung bei neuen Bauten durchsetzen, dass sie über entsprechende Rückhaltevorrichtungen oder Pufferspeicher Regenwasser sammeln und nutzen, zur Versickerung auf das Gelände pumpen oder verdampfen lassen. Eine Ableitung in die Kanalisation soll nur in Ausnahmefällen möglich sein. Parallel läuft ein Vorstoß des Landwirtschaftsministeriums, das Recht der Einwohner auf Trinkwasser in einem Verfassungsgesetz zu verankern.
2004 | 2014 | 2019 | ||
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Anteil der mit Wasser versorgten Einwohner (in %) | 91,6 | 94,2 | 94,6 | |
Produziertes Trinkwasser (Mio. m3) | 720 | 575 | 602 | |
Berechnetes Trinkwasser (Mio. m3) insgesamt | 543 | 469 | 493 | |
Haushalte | 349 | 316 | 334 | |
Anteil der Einwohner, die in an Abwasserleitungen angeschlossenen Häusern wohnen (in %) | 77,9 | 83,9 | 85,5 | |
Eingeleitetes Abwasser ohne Niederschlagswasser (Mio. m3) | 540 | 446 | 461 | |
Gereinigtes Abwasser ohne Niederschlagswasser (Mio. m3) | 510 | 432 | 450 | |
Anteil des gereinigten Abwassers (in %) | 94,4 | 96,9 | 97,7 | |
Anzahl der Abwasserkläranlagen | 2.006 | 2.445 | 2.731 | |
Kapazität der Abwasserkläranlagen (1.000 m3 pro Tag) | 3.865 | 3.801 | 4.283 |
Tschechiens Operationelles Programm Umwelt kanalisiert Gelder aus den EU-Strukturfonds und nationale Mittel für Umweltbelange. Priorität 1 finanziert Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität und zur Senkung des Überschwemmungsrisikos. Von über 1.200 Projekten, die seit 2016 allein zu diesen Prioritäten Fördermittel bewilligt bekamen, sind über 900 noch in der Umsetzung. Auch 2020 wurden weitere Vorhaben gebilligt. In dem Zeitraum dieser Fördermittelperiode hat die Zahl der Kläranlagen sprunghaft zugenommen.
Nicht zufällig ist die Abwasserbehandlung aktuell das investitionsstärkste Segment unter den tschechischen Umweltschutzinvestitionen. Zusammen mit den Maßnahmen zum Boden-, Grund- und Oberwasserschutz machte sie 2018 rund 40 Prozent der Umweltinvestitionen aus.
2018 in Mio. Kč | Veränderung in % auf Kronenbasis 2018/17 | 2018 in Mio. Euro | Veränderung in % auf Eurobasis 2018/17 | |
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Insgesamt | 31.028 | -12,4 | 1.210 | -10,1 |
Abwasserinvestitionen | 9.879 | 8,5 | 385 | 11,4 |
Investitionen in Schutz und Sanierung des Bodens, Grund- und Oberwassers | 2.428 | 11,1 | 95 | 14,0 |
Auch 2020 steckten alle großen Städte und Dutzende von Gemeinden in der Umsetzung oder kurz vor dem Start von Vorhaben. Meist gilt es, sie bis 2023 abzuschließen, da sie häufig an die EU-Fördermittel der auslaufenden Haushaltsperiode 2014 bis 2020 gebunden sind. Das Wasserwerk Plzeň etwa plant allein 2020 fast 15 Millionen Euro zu investieren. Zu den größten Investitionen zählt das Rückhaltebecken Vinice und die Rekonstruktion und Erweiterung des Abwassersammlers Roudná. Es handelt sich um eine gemeinsame Investition der Gesellschaft und der Stadt Plzeň. Hinzu kommen 9,5 Kilometer Abwasserkanalisation und drei neue Abwasserpumpstationen für den Stadtteil Lhota.
Der Nachrichtenagentur ČIANEWS zufolge werden die Wasserwerke Brno (BVK) 2020 mehr als 11 Millionen Euro in Prozessoptimierung, Rekonstruktion und Ausbau der Kläranlage Brno-Modřice investieren. Das nordmährische Wasserversorgungs- und Abwasseramt Ostrava (SmVaK Ostrava) gibt mehr als 25 Millionen Euro für Projekte der Trinkwasserversorgung, Kanalisation und Abwasserbehandlung aus - darunter die Sanierung eines Wasserturms, die Rekonstruktion eines Wasserbeckens und den Bau eines Nachklärbeckens.
Projekt | Investitionssumme in Mio. Euro *) | Projektstand | Auftraggeber |
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Hochwasserschutzsystem (Sicherheitsüberlauf), Orlík | 56,6 | Ausschreibung; Baubeginn 2021, Fertigstellung 2025 | |
Neue Kanalisation, Anschluss von 3.000 Einwohnern, Brno | 40,6 | Umsetzung durch OHL ŽS, Hochtief CZ und Firesta-Fišer; Fertigstellung April 2022 | |
Erneuerung der Abwasserinfrastruktur, Rekonstruktion und Ausbau der Kläranlage Brno-Modřice | 11,2 | Umsetzung | |
Rückhaltebecken Vinice für 6.000 Kubikmeter Regen, Brno | 4,8 | Baustart Juni 2020, Fertigstellung 2022 | |
Ausbau des regionalen Wasserversorgungsnetzes, der Trinkwasseraufbereitung und Abwasserklärung, Ostrava | 4,1 | Umsetzung | SmVaK, Nordmährisches Wasserversorgungs- und Abwasseramt Ostrava |
Trinkwasserversorgung, Kanalisation und Abwasserbehandlung Nový Jičín | 3,4 | Umsetzung | SmVaK, Nordmährisches Wasserversorgungs- und Abwasseramt Ostrava |
Leistungssteigerung der Kläranlage Brandýs nad Labem - Stará Boleslav | k.A. | Umweltverträglichkeitsprüfung | |
Abwasserkanalisation und -sammler, Prag | 4,0 | Ausschreibung | |
Neue Abwasserkanalisation samt Pumpwerk und Auftriebsvorrichtung, Olomučany | 4,1 | Fördermittelbewilligung | |
Umbau von drei nordböhmischen Rekultivierungsseen Milada, Matylda und Most zu Freizeitnutzung und Schutz der Biotope | 3,7 | Umsetzung | |
Kanalisierung und Kläranlage, Vysoká (Ortsteile Strážnice und Střednice) | 2,2 | Vorbereitung, Fördermittel bewilligt | |
Wasseranschluss, Gemeinde Kojátky | 1,0 | Vorbereitung; Fördermittel bewilligt |