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Tschechische RepublikCoronavirus / Personenkraftwagen (Pkw) / Kfz-Teile, Zulieferindustrie
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Tschechische Republik | Coronavirus | Kraftfahrzeugindustrie
Der Motor der tschechischen Wirtschaft wurde in der Coronavirus-Krise vorübergehend abgeschaltet. Die Regierung springt den Unternehmen zur Seite.
27.03.2020
Von Miriam Neubert | Prag
Es sollte der Start in ein elektrisches Jahr werden, doch das Coronavirus hat die Bänder der Pkw-Hersteller in der Tschechischen Republik zum Stillstand gebracht. Die Sicherheit der Beschäftigten angesichts von Covid-19, logistische Probleme durch die Schließung der Grenzen in immer mehr Ländern und Absatzprobleme haben zu dieser Entscheidung geführt. Die drei Werke von Škoda Auto und die Fabrik von TPCA schlossen am 18. März 2020, Hyundai folgte zwei Tage später. Vorerst sollen es zwei bis drei Wochen sein, doch könnte es sich auch länger hinziehen. Da überall in Europa das Bild ähnlich aussieht, fuhr auch der Zuliefersektor die Produktion herunter oder stellte sie ein. Der Verband der Automobilindustrie AutoSAP teilte mit, dass ab dem 23. März 2020 etwa ein Viertel der Branchenunternehmen geschlossen ist. Rund 30 Prozent fahren die Produktion erheblich, weitere 30 Prozent spürbar herunter.
Der Stillstand kam mitten in der Bewegung: Škoda Auto hatte 2019 in seinen tschechischen Werken erstmals über 900.000 Pkw hergestellt und wollte 2020 mit der Serienproduktion des rein elektrischen Modells Vision iV auf der Basis des Modularen Elektrifizierungsbaukastens beginnen. Hyundai hatte eine Woche vor Schließung in seinem einzigen europäischen Werk in Nošovice mit der Produktion des elektrischen SUV Kona begonnen, von dem 2020 rund 30.000 Stück geplant sind. TPCA, das gemeinsame Unternehmen von PSA und Toyota hatte gerade angekündigt, in Kolín rund 180 Millionen Euro in die Produktion des neuen Hybrid-Modells Toyota Yaris investieren zu wollen.
Zu den Zulieferern, die seither ihre Produktion unterbrochen haben, gehören der Nachrichtenagentur ČTK zufolge Borgers CZ, Marelli Automotive Lighting, Fränkische CZ, Saar Gummi Czech und Schaeffler. Einige, wie zum Beispiel Brano Group, fertigen noch einige Teile für bestimmte Marken auf Lager, um bei Wiederaufnahme der Produktion gerüstet zu sein.
Durch die Einbindung in die globalen Zulieferketten ist die Automobilindustrie von der Covid-19-Pandemie extrem betroffen. „Schon jetzt ist klar, dass das erneute Anlaufen der Produktion für den Automobilsektor schrittweise und kompliziert verlaufen wird“, heißt es in einer Pressemeldung von AutoSAP. Der Verband vereint 140 Unternehmen. Er erwartet nicht, dass der Sektor bis Ende 2020 auf den Wert vor der Pandemie kommen wird.
Noch stehen die Umsatzzahlen für das Jahr 2019 nicht zur Verfügung. Doch sind die Produktionszahlen der Kraftfahrzeughersteller noch einmal solide ausgefallen. Mit 1,43 Millionen Pkw produzierten sie nur um 0,7 Prozent weniger als im Rekordjahr 2018. Der leichte Rückgang um rund 10.000 Fahrzeuge deutete auf die Wolken hin, die sich über der Branche zusammenzogen in Gestalt schärferer Emissionsvorschriften, neuer Trends in der Mobilität und disruptiver Technologien. Das Coronavirus war auf dem Radar noch gar nicht aufgetaucht.
Pkw-Produktion in der Tschechischen Republik (Stückzahl, Veränderungen in %)
Pkw-Hersteller | 2017 | 2018 | 2019 |
---|---|---|---|
Škoda Auto | 858.103 | 886.103 | 907.942 |
Hyundai | 356.700 | 340.300 | 309.500 |
TPCA (Toyota, Peugeot, Citroën) | 199.078 | 210.993 | 210.121 |
Summe | 1.413.881 | 1.437.396 | 1.427.563 |
Quelle: AutoSAP
Damit die Unternehmen bis zum Neustart durchhalten, haben der Verband AutoSAP wie auch andere Branchen von der Regierung Soforthilfen gefordert. Diese hat rasch reagiert mit einem Bündel aus Kredithilfen, der Subvention von Lohnersatzzahlungen (Kurzarbeit) und steuerlichen Maßnahmen (Verschiebung des Abgabetermins der Steuererklärung und der Vorauszahlungspflicht bei der Körperschaftsteuer, Verrechnung der Verluste 2020 mit Gewinnen in den beiden Jahren davor). Ziel ist es, Entlassungen zu vermeiden.
Tschechien ist in der Europäischen Union der fünftgrößte Pkw-Hersteller. Rund 170.000 Arbeitsplätze sind direkt, über 400.000 indirekt mit der Kfz-Industrie verbunden. Der durch ausländisches Kapital dominierte Kraftfahrzeugbau ist die wichtigste Industriebranche. Auch Unternehmen vieler anderer Branchen wie Metallverarbeitung, Elektronikindustrie, Gummi- und Kunststoffverarbeitung, arbeiten ihm zu.