Dieser Inhalt ist relevant für:
UkraineLand- und Forstwirtschaft, übergreifend / Nahrungsmittel, Getränke
Branchen
Branchenbericht Ukraine Land- und Forstwirtschaft, übergreifend
Kiew (GTAI) - Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten Sektoren der ukrainischen Wirtschaft. Dank moderner Technik konnten die Ernteerträge im Pflanzenbau in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden. Die Vieh- und Milchwirtschaft hinken noch hinterher. Eine Reihe struktureller Hemmnisse sorgt dafür, dass der Agrarsektor bislang unter seinem Potenzial bleibt. Hierzu zählen das Moratorium auf den Verkauf von Agrarland, mangelnde Rechtssicherheit und fehlende günstige Kredite.
29.03.2018
Blauer Himmel, goldene Getreidefelder - passend zu den Nationalfarben präsentiert sich die Ukraine zur Erntezeit im Sommer. Große Anbauflächen und fruchtbare Schwarzerdeböden machen das Land zur Kornkammer Europas und - wegen der wachsenden Bevölkerung in Asien und Afrika - mehr und mehr auch der Welt.
Die Landwirtschaft spielt eine enorme Rolle für die ukrainische Wirtschaft. Fast 40 Prozent der Exporte entfielen 2017 auf Agrargüter und Nahrungsmittel. Dabei hat die Bedeutung des Sektors in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Gründe hierfür liegen nicht nur an höheren Ernteerträgen, sondern auch an der Wirtschaftskrise nach Ausbruch des Konflikts mit Russland und strukturellen Veränderungen in der ukrainischen Wirtschaft. Die einst vor allem auf Russland und den GUS-Raum ausgerichtete Industrie leidet stärker unter dem Wegfall der wichtigsten Absatzmärkte als der Agrarsektor.
Der ukrainische Staat unterstützt die Landwirtschaft, wenn auch mit begrenzten Mitteln. Das Förderbudget für 2018 beträgt umgerechnet rund 275 Millionen US-Dollar. Problematisch ist, dass ein Großteil der Subventionen auf Agrarholdings entfällt, die ohne Hilfe auskommen könnten.
Die Aussichten für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft sind positiv. Eine Reihe struktureller Hemmnisse sorgt aber dafür, dass der Sektor bislang unter seinem Potenzial bleibt. Hierzu zählt das Ende 2017 um ein weiteres Jahr verlängerte Moratorium auf den Handel mit Agrarland. Das Thema ist politisch sehr heikel. Während die einen vor einem Ausverkauf des Landes warnen, betonen die anderen, dass es gerade die großen Agrarholdings sind, die von der Pacht billigen Agrarlands profitieren, und, dass das Fehlen eines Bodenmarktes Investitionen und langfristiges Wirtschaften hemmt.
2017 | |
Einwohner (Millionen) | Ist 2017: 45,6 1), Prognose 2050: 36,4 2) |
Ackerfläche | 32,5 Mio. ha 3) |
Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) | 12,1 3) |
Exporte Agrargüter in Milliarden US-Dollar (HS-Warengruppen 1 bis 21 und 23) | 17,2 |
1) laut Auswärtigem Amt; durchschnittliche Bevölkerungszahl 2017 laut ukrainischem Statistikamt ohne Berücksichtigung der von Russland annektierten Autonomen Republik Krim, der Stadt Sewastopol und der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete im Osten des Landes: 42,3 Millionen Einwohner; 2) Prognose der Vereinten Nationen; 3) Angabe für 2016
Quellen: Auswärtiges Amt; ukrainischer Statistikdienst Derzhstat; Vereinte Nationen
Schwerpunkt der Landwirtschaft in der Ukraine ist die Pflanzenproduktion. Auf sie entfiel 2015 fast drei Viertel des gesamten Agrarausstoßes. Die wichtigsten Feldfrüchte sind Getreide (Weizen, Mais, Gerste) und Ölsaaten (Sonnenblumen, Soja, Raps). Bei Sonnenblumenöl ist die Ukraine sogar der weltweit größte Produzent. Bei vielen weiteren Produkten zählt das Land global zu den führenden Erzeugern und Exporteuren. Der Anbau von Ölsaaten und Mais wurde in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet, vor allem auf Kosten von Futtermitteln und Zuckerrüben.
Gleichzeitig haben sich die Erträge deutlich erhöht, so zum Beispiel bei Sonnenblumen. "Durch den Transfer von Know-how, neuen Technologien und Hochleistungssaatgut wurde ein rasantes Produktivitätswachstum erreicht, das fast zu einer Verdopplung der Ertragsleistung seit 2005 geführt hat. Hier haben auch deutsche Technologien und Beratung einen Beitrag geleistet", sagt Volker Sasse, Leiter des Deutsch-Ukrainischen Agrarpolitischen Dialogs (APD). Gefahren bergen die Degradierung der Böden wegen geringer Abwechslung in der Fruchtfolge und die fortschreitende Erosion.
Weniger erfreulich hat sich dagegen die Viehwirtschaft entwickelt. Die Produktion von Milch und Fleisch liegt heute deutlich unter dem Niveau von 1989. Eine Ausnahme ist die Geflügelzucht.
Laut Angaben des APD werden in der Ukraine 35 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche von individuellen Hauswirtschaften bewirtschaftet. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Anbau von Kartoffeln, Obst und Gemüse sowie der Fleisch- und Milchproduktion. Insgesamt stehen sie für 44 Prozent der landesweiten Agrarproduktion. Weit verbreitet ist dabei Substistenzwirtschaft. Die Arbeitsproduktivität, Mechanisierung und Finanzkraft der Familienbetriebe ist in der Regel gering.
Rund 45 Prozent der Flächen entfällt auf etwa 45.000 landwirtschaftliche Betriebe, die ihr Land überwiegend von privaten Landeigentümern, aber auch vom Staat pachten. Teil dieser Betriebe sind große, auf den Weltmarkt ausgerichtete Agrarholdings, deren Schwerpunkt auf dem Anbau von Getreide und Ölsaaten sowie der Geflügelzucht liegt. Laut Angaben des Portals Latifundist bewirtschaften die zehn größten dieser meist vertikal integrierten Konzerne Flächen von 120.000 bis über 600.000 Hektar.
Die Aussichten für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft in der Ukraine sind positiv. Hierfür sprechen die weltweit steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und die günstigen Kostenstrukturen vor Ort. Laut Weltbank waren 2017 immer noch 16 Prozent aller Arbeitskräfte in der Landwirtschaft tätig. Trotz hervorragender Böden liegen die durchschnittlichen Erträge in der Ukraine aber unter dem Niveau von Westeuropa. Chancen bieten sich in der verstärkten Weiterverarbeitung und Veredelung von Produkten, dem Ökolandbau sowie bei Nischenprodukten wie Beeren.
Die Aussichten für die Fleisch- und Milchwirtschaft sind dagegen getrübt. Ein Grund hierfür ist der im Vergleich zur Pflanzenproduktion deutlich höhere Investitionsaufwand und der längere Amortisationszyklus. Während es den Familienbetrieben, die in diesem Segment dominieren, an finanziellen Mitteln für Investitionen fehlt, hemmen Mängel in der Rechtssicherheit und Volatilität der Gesetzgebung das Engagement finanzstarker Investoren. Großes Potenzial besteht aber, wie die rasante Entwicklung der Geflügelzucht zeigt.
Für die Nutzung moderner Technologien bieten sich in der Ukraine sehr gute Voraussetzungen. Hierzu zählen finanzstarke Agrarholdings, die großen, ebenen Flächen und der IT-Sektor des Landes. Zahlreiche Start-ups suchen nach neuen innovativen Lösungen für die Landwirtschaft. Hierzu zählen Firmen wie Drone UA, SmartFarming, SkokAgro, Klever Systems und Preagri. Die Plattform Agrohub bildet eine Brücke zwischen den IT-Firmen und der Landwirtschaft. Vorreiter beim Einsatz moderner Technologien sind die großen Holdings.
Die Landwirtschaft zählt zu den investitionsträchtigsten Sektoren der ukrainischen Wirtschaft. Investitionen fließen in moderne Technik, den Ausbau der Schwarzmeerhäfen sowie den Bau neuer Getreidespeicher und Biogasanlagen. Eine aktive Rolle spielen internationale Geberorganisationen wie die Europäische Bank für Wiederaufbau (EBRD) und die International Finance Corporation (IFC; Teil der Weltbank-Gruppe).
Unternehmen: Investitionsprojekt | Projektverantwortlicher | Projektstand | Anmerkung |
Astarta: Bau von sechs neuen Getreidesilos (Gesamtkapazität: 480.000 t) und eines Lagers für Zucker (50.000 t); Gesamtkosten: 83,1 Mio. US$ | Viacheslav Chuk, E-Mail: office@astartakiev.com, Tel.: 0038 044/585 94 94 | Im Gang, geplante Fertigstellung 2019 | Kredite seitens EBRD und Europäischer Investitionsbank (EIB) in Höhe von 65 Mio. US$; IFC erwägt Kredit über 30 Mio. US$ für Investitionen in Modernisierung |
Nibulon: Investitionen in Infrastruktur für Getreidetransport; Gesamtinvestitionen: mehr als 200 Mio. US$ | Olga Babanina, Tel.: 0038 0512/76 62 52, E-Mail: obabanina@nibulon.com.ua | Im Gang, geplante Fertigstellung bis Sommer 2019 | IFC, EIB und EBRD unterstützen Projekt; Schwerpunkt: Investitionen in Getreidetransport auf Dnjepr und Südlichem Bug, darunter Investitionen in Flussterminals, Schiffe sowie Erweiterung des Hafenterminals in Mykolajiw |
Myronivsky Hliboproduct (MHP Group): Bau einer 10-MW-Biogasanlage; Kosten: 27 Mio. Euro | Victoria Nagirniak, E-Mail: v.sukhomlin@mhp.com.ua, Tel.: 0038 044/207 00 00, Mobil: 0038 050/41 63 055 | Im Gang | EBRD unterstützt Projekt mit 25 Mio. Euro; Produktion von Biogas aus Abfällen der Geflügelzucht; Erweiterung der Anlage auf 20 MW geplant |
MV Cargo und Cargill: Bau eines Getreideterminals im Hafen Yuzhny, Kapazität: 4 Mio. t; Investitionssumme: 150 Mio. US$ | Alexandr Nashchubskiy, E-Mail: mail@mv-cargo.com | Im Gang, geplante Fertigstellung im 2. Quartal 2018 | EBRD und IFC unterstützen Projekt mit je 37 Mio. US$ |
Orexim: Erweiterung eines Getreideterminals im Hafen Mykolajiw von 60.000 auf 150.000 t | Internet: http://www.orexim.com.ua, http://everi.com.ua | Im Gang | Black Sea Trade & Development Bank (BSTDB) unterstützt Projekt mit Kredit über 31 Mio. Euro |
Mriya: Investitionen in Landtechnik 2018 bis 2020; Investitionssumme: 36,5 Mio. US$ | Internet: http://mriya.ua | Im Gang | Geplante Ausgaben; 2018: 10,8 Mio. US$; 2019: 12,9 Mio. US$; 2020: 12,8 Mio. US$ |
ED&F Man: Wiederherstellung von Bewässerungsanlagen auf 20.000 ha in Gebieten Cherson und Mykolajiw; Investitionssumme: 60 Mio. US$ | Internet: http://www.edfman.com | Geplante Fertigstellung: 2020 |
Quellen: Pressemeldungen; Recherchen von Germany Trade & Invest
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstützt eine Reihe bilateraler Kooperationsprogramme in der Ukraine. Einen Länderbericht zur Ukraine können Sie auf der Seite des Bundesministeriums herunterladen: https://www.agrarexportfoerderung.de/index.php?id=943
Bezeichnung | Internetadresse |
Deutsch-Ukrainischer Agrarpolitischer Dialog (APD) | https://apd-ukraine.de |
Agrardemonstrations- und -fortbildungszentrum (ADFZ) | http://adfz-ukraine.de |
Deutsch-Ukrainische Zusammenarbeit im Bereich Ökolandbau | http://www.bioagro.znau.edu.ua |
Agritrade Ukraine (Beratung der Ukraine zu Agrarhandelsfragen) | http://agritrade-ukraine.com |
Förderung der beruflichen Ausbildung in landwirtschaftlichen Colleges der Ukraine | https://www.bmel-kooperationsprogramm.de/projekte/ukraine/foerderung-der-berufsausbildung-an-landwirtschaftlichen-colleges-in-der-ukraine/ |
Beratung zur Entwicklung einer effektiven und transparenten Bodenverwaltung in der Ukraine | https://apd-ukraine.de/de/zemelni-komponenti |
Weitere Informationen zur Nahrungsmittelindustrie in der Ukraine finden Sie unter: http://www.gtai.de/MKT201802238005
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll und Ausschreibungen in der Ukraine sind unter http://www.gtai.de/ukraine abrufbar.
Weitere Artikel zur Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie in Bulgarien, Rumänien, Russland, der Türkei und der Ukraine finden Sie unter: http://www.gtai.de/ernaehrung-gus-soe