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Das Geschäft mit dem Auge bietet in den USA lukrative Chancen

Der US-Umsatz mit Brillen und Kontaktlinsen ist zwar pandemiebedingt stark eingebrochen. Doch gibt es in der Augenpflege, -optik und -medizin viele Nischen mit Potenzial.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Die längere Bildschirmzeit im Zuge des Homeoffice und der Lockdowns löst Änderungen im Konsumverhalten aus. Um trockenen Augen vorzubeugen, greifen deshalb mehr US-Amerikaner als vor der Pandemie zu Tränenersatzmitteln. Davon wollen auch deutsche Anbieter profitieren: So führt der Saarbrücker Pharmahersteller Ursapharm zusammen mit Scope Eyecare in den USA neuartige Tropfen gegen trockene Augen ein.

Heimarbeit begünstigt das “Office-Eye-Syndrom”

„Außerdem kaufen viele Menschen eine zusätzliche Brille oder lassen ihre Brillengläser mit Blaulichtfiltern beschichten“, meint Tiffanie Burkhalter von VSP Ventures. Laut einer Umfrage des Optikeinzelhändlers sind neun von zehn US-Amerikanern der Meinung, dass es wichtig ist, sich um ihre Sehkraft zu kümmern, besonders jetzt in der Coronakrise, da sich vieles geändert hat.

Zwar ist der Umsatz mit Sehhilfen im Zuge von Pandemie und Geschäftsschließungen 2020 gegenüber dem Vorjahr um etwa 17 Prozent auf 31,2 Milliarden US-Dollar (US$) gesunken. Die Rückgänge betrafen vor allem verschreibungspflichtige Brillen und Sonnenbrillen ohne Sehstärke. Umgekehrt legten rezeptfreie Lesebrillen und verordnete Sonnenbrillen sogar leicht zu.

Andererseits erholte sich das Geschäft mit Augengläsern im 1. Quartal 2021 wieder – um ebenfalls rund 17 Prozent. „Die Verbraucher kaufen auch weiterhin Brillen, sie haben das nur in den ersten Monaten der Pandemie aufgeschoben“, meint Steve Kodey vom Vision Council. Der Verband, der die Zahlen veröffentlichte, repräsentiert die Hersteller und Lieferanten der optischen Industrie der USA.

Kleinere Optikhändler besonders von Pandemie betroffen

Insgesamt trifft die Pandemie kleinere Einzelhändler härter als große Ketten. Die 50 größten Unternehmen im Brillen- und Optikeinzelhandel büßten 2020 „nur“ rund 5 Prozent ein. Allerdings verlief das Geschäft der Top-50 alles andere als homogen: Während 30 Prozent von ihnen sogar höhere Erlöse erzielten als 2019, verzeichneten 60 Prozent rückläufige Einnahmen. LensCrafters zum Beispiel, eine Einzelhandelsmarke von EssilorLuxottica, musste im letzten Jahr 40 Geschäfte schließen, darunter viele in Filialen der US-Einzelhandelskette Macy's.

„Covid-19 hat viele Trends, die die Branche in den letzten Jahren beobachtet hat, noch beschleunigt“, sagt Reade Fahs von der US-Optikerkette National Vision. Der Geschäftsführer spricht damit vor allem die Vertriebsstrukturen an. So schreitet das Wachstum der größeren Ketten voran.

Außerdem setzen immer mehr Händler auf Omnikanalstrategien. Zwar sind rein digitale Geschäftsmodelle bei Brillen schwierig. Die Konkurrenz durch den Internethandel nimmt aber dennoch zu. Ein Grund dafür dürften die gewaltigen Preisunterschiede sein: Laut Versant Health zahlen Verbraucher bei einem Optiker im Geschäft im Durchschnitt rund 234 US$ für eine Brille, während der Preis bei reinen Onlinehändlern im Mittel nur 91 US$ beträgt. Beliebte Onlineshops sind Warby Parker und EyeBuyDirect.

High Tech wird fürs Auge immer wichtiger

Nicht nur der Markt für Pflege und augenoptische Erzeugnisse bietet in den USA große Geschäftschancen. Auch die Medizin birgt viel Potenzial durch die steigende Lebenserwartung, neue Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz (KI) und Gentherapien. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat bereits 2018 eine KI des Start-ups IDx Technologies aus Iowa zugelassen, die Fundusfotografien hinsichtlich möglicher Augenerkrankungen begutachten kann. Die südkalifornische Firma Eyenuk hat 2020 grünes Licht für eine KI-basierte Augen-Screening-Software bekommen. Innovationen kommen auch aus der Biotechnologie: So vermarktet Novartis in den USA bereits eine optogenetische Therapie des Pharmaunternehmens Spark Therapeutics.

Da sich immer mehr Patienten auch für Laser- und andere minimalinvasive Behandlungen entscheiden, stehen Intraokularlinsen hoch im Kurs. Gerade in der Entwicklung hochwertiger Linsenimplantate gab es in den letzten Jahren große Fortschritte. Dadurch steigt die Nachfrage nach modernen Linsensystemen wie Blaufilterlinsen. Das Unternehmen für Augenheilkunde Alcon hat Anfang 2021 eine künstliche Linse auf den US-Markt gebracht, die Presbyopie (Alterssichtigkeit) verringern soll. Und macht damit heimischen Platzhirschen wie Johnson & Johnson und The Cooper Companies Konkurrenz.

An Bedeutung gewinnen auch elektronische Kooperationsportale: Dabei handelt es sich um webbasierte Plattformen, die Ärzten einen digitalen Zugriff auf patientenbezogene Daten ermöglichen. So hat der deutsche IT-Anbieter ifa systems im Oktober 2020 einen 80-Prozent-Anteil an Sophrona Solutions erworben, um sein US-Geschäft auszubauen: Die Portalplattform gilt mit fast 2.000 Installationen als eine der führenden in den USA für die Onlinekommunikation zwischen Patienten und Augenärzten.

Facebook und EssilorLuxottica kooperieren

Neue Technologien halten auch Einzug in die Welt der Sehhilfen: Zwar blieben größere Erfolge in dem Bereich bislang aus, doch tüfteln die Technologiekonzerne aus dem Silicon Valley fleißig weiter an smarten Brillen. Facebook hat nun EssilorLuxottica als Partner für eine Datenbrille gewonnen. Es ist zu erwarten, dass „erweiterte Realität“ (Augmented Reality; AR), mit der sich digitale Inhalte in die reale Welt einblenden lassen, dabei künftig eine größere Rolle spielen wird.

Logistikdienstleister setzen bereits AR-Brillen des US-Anbieters Vuzix für Schulungszwecke ein. Ferner habe der Smartglassanbieter einen namentlich nicht genannten Großkunden aus dem Bereich Versicherungen und Finanzdienstleistungen gewonnen, verlautet es aus Branchenkreisen. Auch deutschen Technologieanbietern könnte dieser Markt Chancen eröffnen: Medienberichten zufolge werde Bosch, dessen Bewegungssensoren bereits in Apples iPhone stecken, auch in dem Bereich bereits als ein möglicher Zulieferer des Smartphoneherstellers gehandelt – der ebenso wie Facebook, Google, Microsoft und andere Techgrößen an AR-Brillen arbeitet.

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