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Für Smart-City-Projekte ist die Pandemie Fluch und Segen zugleich

Zwar wurde es in den USA für manche Initiative finanziell eng. Covid-19 hat aber verdeutlicht, wie wichtig digitale Alternativen sind, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Die südkalifornische Stadt Ventura hat im August ein neues Onlineportal für behördliche Genehmigungen gestartet. Es soll mit der Zeit noch weiter ausgebaut werden, zum Beispiel für Anmeldungen an Kindergärten und Schulen. Denn die Nachfrage nach digitalen Verwaltungsleistungen ist in der Coronakrise stark gewachsen. Außerdem plant die Hafenstadt bis zum Herbst 2022 einen One-Stop-Shop für öffentliche Dienste mit "hybriden" Besprechungsräumen.

Covid-19 hat so manche neue Smart-City-Initiative aus der Taufe gehoben. Wobei digitale Lösungen nicht nur Behördengänge ersetzen sollen: Sie sind zum Beispiel auch im Gesundheitsbereich und für Heimunterricht stark gefragt.

Pandemie bietet Chancen für Anwendungen zur erweiterten Realität

Auch Arbeitskräfte können in Zeiten des Social Distancing und Homeoffice nicht wie gewohnt ausgebildet werden. Könnten ihre Mitarbeiter sicher mit erweiterter Realität, im Englischen "Augmented Reality" (AR) umgehen, wäre das für viele Fertigungsbetriebe von Vorteil. Die Stadt Raleigh startet deshalb einen AR-Innovationswettbewerb und kooperiert dabei mit Facebook Reality Labs, US Ignite und RI0T, einem IoT-Community-Netzwerk (Internet of Things): Aus den eingereichten Vorschlägen sollen neue städtische Dienstleistungen oder kommunale Programme entwickelt werden. Raleigh liegt im "Research Triangle" in North Carolina, das die Metropolregionen Raleigh und Durham-Chapel Hill umfasst und als Innovations- und Technologiezentrum gilt.

Philadelphia will AR-Technologien ebenfalls stärker in Smart-City-Projekte einbinden. Dort geht es primär darum, das öffentliche Verkehrssystem für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich zu machen.

Hitzewelle treibt Digitalisierung voran

Die Pandemie ist nicht der einzige Treiber für neue Digitalisierungsinitiativen. Ein weiterer sind die extremen Temperaturen, unter denen vor allem Großstädte im Westen der USA im Sommer 2021 gelitten haben. Bereits im Jahr 2020 haben 13 US-Städte Projekte und Forschungsvorhaben gestartet, um innerstädtische Temperaturunterschiede zu untersuchen und daraus Handlungsanweisungen für die Stadtplanung abzuleiten. Los Angeles nutzt zum Beispiel Künstliche Intelligenz (KI), um mithilfe von Luftbildaufnahmen die städtische Baumdichte zu analysieren und drohende Lücken frühzeitig erkennen und gegensteuern zu können.

Dallas, Pittsburgh und weitere US-Städte verfolgen ähnliche Projekte. Dabei setzen sie eigene Akzente, da die Hitzeinseln je nach Ort verschiedene Ursachen haben: zum Beispiel Einwohnerdichte, Gebäudehöhe und Lichtreflexionsvermögen von Bauteilflächen. Neben Begrünungskonzepten spielt ausreichende Luftzirkulation eine wichtige Rolle. Laut einem aktuellen Bericht der Organisation Climate Central zählen New Orleans, Newark, New York City und Houston zu den schlimmsten urbanen Hitzeinseln der USA.

Joe Bidens Infrastrukturpaket käme auch Smart Cities zugute

Für so manches traditionelle Smart-City-Projekt ist es in US-Städten und -Gemeinden durch die Pandemie finanziell enger geworden. Um Finanzierungsmodelle und Strategien zur Förderung neuer Technologien voranzutreiben, schließen sich daher immer mehr Organisationen zusammen: So kooperiert die North Texas Innovation Alliance über US-Bundesstaatsgrenzen hinweg mit Partnern aus Arizona. Auch in Colorado haben mehrere Städte, Unternehmen und Forschungseinrichtungen eine Allianz gebildet, um vernetzte Technologien und IoT-Lösungen in der Verkehrs- und Stadtplanung voranzubringen.

Neue Möglichkeiten zur Finanzierung von Technologie und Mobilität könnte das nach zähen Verhandlungen Mitte August vom US-Senat verabschiedete große Infrastrukturprogramm bieten. Allerdings muss das Repräsentantenhaus noch über das insgesamt 1,2 Billionen US-Dollar (US$) schwere Paket abstimmen. Es sieht zum Beispiel Zuschüsse in Höhe von 500 Millionen US$ über einen Zeitraum von fünf Jahren vor für Projekte, bei denen es um vernetzte Fahrzeuge, autonomes Fahren und "intelligente" Sensoren für die Verkehrsinfrastruktur geht. Außerdem sind danach neue Ausgaben für den Breitbandausbau in Höhe von 65 Milliarden US$ geplant.

Hohe Investitionen auch in traditionelle Smart-City-Bereiche

In den Bereichen Verkehr, Mobilität, Logistik, Energie und Umwelt treiben viele US-Städte ihre Smart-City-Initiativen weiter voran. So installiert Chicago im ganzen Stadtgebiet kabellos und digital steuerbare LED-Leuchten und Sensoren. Mithilfe der gesammelten Daten sollen unter anderem Verkehrssicherheit, Luftqualität und Überschwemmungsschutz verbessert werden. Das auf Außenwerbung spezialisierte Unternehmen JCDecaux gab im Juli bekannt, ein Pilotprojekt mit Luftqualitätssensoren an 100 Bushaltehallen in Chicago zu starten, in Kooperation mit der Urban Innovation Group von Microsoft Research und weiteren Partnern.

Auch Atlanta, Boston, Chattanooga und Denver investieren hohe Summen in Smart-City-Initiativen und konzentrieren sich dabei vor allem auf die Entflechtung des Verkehrs und die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Chattanooga richtet gerade eine Testumgebung ein, die es Forschern ermöglicht, auf Daten aus vernetzten städtischen Umgebungen zuzugreifen, die mithilfe von Algorithmen Erkenntnisse für die Vernetzung von Straßen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder intelligente Parksysteme liefern sollen.

Einige US-Städte holen sich Automobilunternehmen ins Boot, die in autonome Technologien investieren: Um fahrerlose Autos auf seinen Straßen testen zu lassen, schloss Phoenix sich unter anderem mit General Motors und Lyft zusammen. Auch mit Waymo kooperiert die Hauptstadt Arizonas, um eine selbstfahrende Taxiflotte in den nahe gelegenen Städten Tempe und Chandler zu starten. Gefördert vom US-Energieministerium (Department of Energy), untersucht Los Angeles gerade, wie sich eine Elektrobusflotte und E-Fahrzeuge in kommerziellen Flotten am besten einführen lassen: Das Vorhaben stellt große Herausforderungen an eine nachhaltige, grüne Energieversorgung.

US-Städte mit besonders vielen Smart-City-Initiativen 1)

Stadt (Bundesstaat)

Schwerpunkt

New York City (New York)

Umwelt- und Infrastrukturmanagement

San José (Kalifornien)

Umweltmanagement

Boulder (Colorado)

Energiemanagement

Pittsburgh (Pennsylvania)

Verkehrsmanagement

Boston (Massachusetts)

Verkehrsmanagement

Washington, D.C. (District of Columbia 2))

Verkehrsmanagement

San Francisco (Kalifornien)

Energiemanagement

Charlotte (North Carolina)

Verkehrsmanagement

Seattle (Washington)

Umwelt- und Infrastrukturmanagement

Austin (Texas)

Energiemanagement

Chicago (Illinois)

Umwelt- und Infrastrukturmanagement

Dallas (Texas)

Wassermanagement

1) Auswahl, Untersuchung von Oktober 2020; 2) BundesdistriktQuelle: Untersuchungen von digi.com

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