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Vietnam etabliert sich als internationaler Elektronikcluster. Weltweit agierende Branchengrößen treiben den Sektor, lokale Unternehmen hingegen können kaum mithalten.
16.02.2021
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Hanoi
Vietnams Elektronikindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zur wohl wichtigsten Branche des Landes entwickelt. Smartphones, Computer sowie Komponenten wie Bildschirme sind die mit Abstand wichtigsten Exportgüter Vietnams. 2020 beliefen sich die Gesamtausfuhren dieser Produktgruppen laut Zollangaben auf 95,8 Milliarden US-Dollar (US$), gut ein Drittel der vietnamesischen Gesamtexporte. Weltweit lag Vietnam 2019 auf Rang neun aller Elektronik exportierenden Länder, 98 Prozent aller exportierten Telefone und 97 Prozent aller Computer stammen aus ausländischer Produktion.
Giganten der Weltelektronikindustrie, allen voran Samsung oder Apple-Zulieferer wie Wistron, Pegatron oder Foxconn bauen bestehende Produktionsanlagen aus oder siedeln sich gleich neu im Land an. Die Einbindung Vietnams in internationale Freihandelsabkommen, im Asienvergleich niedrige Löhne, bereits bestehende Cluster sowie der Trend zur Diversifizierung der Produktion aus China heraus machen Vietnam als Investitionsstandort zunehmend attraktiv.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung |
---|---|---|---|
Techtronic Industries (HK) | 650 | Im Bau, Fertigstellung 3. Quartal 2021 | Produktion von Elektrowerkzeugen und Aufbau eines Forschungs- und Entwicklungszentrums, Saigon High-tech Park, HCMC |
Pegatron (Taiwan) | 500 (zwei Projekte) | Investitionslizenz März und Oktober 2020, Baubeginn September 2020 | Produktion von Computern und Bauteilen; Deep C Industrial Park, Haiphong |
Wistron Infocomm (Taiwan) | 273,9 | Investitionslizenz April 2020, Baubeginn Juli 2020 | Produktion von Notebooks, Dong Van III Industrial Zone, Provinz Ha Nam |
Foxconn (Taiwan) | 270 | Investitionslizenz Januar 2021 | Produktion von Apple iPad und MacBook, Quang Chau Industrial Park, Provinz Bac Giang |
Hayward Quartz Technology (USA) | 110 | Investitionslizenz Januar 2021 | Produktion von Halbleiterkomponenten; High Tech Park Danang |
Auch der Halbleitersektor expandiert. Der Marktanalyst Technavio prognostiziert für den Bereich zwischen 2020 und 2024 ein jährlich aggregiertes Wachstum von knapp 19 Prozent. Internationale Chip- und Halbleiterunternehmen entdecken das Land als Herstellungsstandort oder bauen bestehende Produktionen aus.
So hat Intel zwischen Juni 2019 und Dezember 2020 rund 475 Millionen US$ in seine bereits bestehende Chipproduktion in Vietnam investiert, die Gesamtinvestition des Unternehmens liegt damit bei knapp 1,5 Milliarden US$. Qualcomm hat im Juni 2020 mit dem Interoperability Testing Laboratory sein erstes Halbleitertest- sowie Forschungs- und Entwicklungszentrum in Hanoi eröffnet.
Die Regierung möchte den Sektor weiter vorantreiben und hat unter anderem Samsung aufgefordert, Teile seiner Halbleiterproduktion nach Vietnam zu verlegen. Firmenmeldungen zufolge wird sich Samsung aber zunächst auf den Aufbau eines neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Hanoi, eine Investition in Höhe von 220 Millionen US$, konzentrieren.
Südkoreanische und japanische Weltunternehmen beherrschen den Markt, chinesische und taiwanesische Konzerne ziehen nach. Internationale Branchengrößen wie LG, Panasonic, Hitachi, Toshiba oder Foxconn sind im Land mit eigenen Produktionen vertreten.
Der mit Abstand bedeutendste Elektronikkonzern in Vietnam ist Samsung mit Gesamtinvestitionen in Höhe von 17,3 Milliarden US$ bis Ende 2020. Die Exporte Samsungs beliefen sich 2019 laut Berichten der Staatszeitung Dau Tu (Investment) auf 59 Millionen US$, das sind annähernd 23 Prozent der vietnamesischen Gesamtexporte. Samsung sowie alle anderen für den Export produzierenden Elektronikkonzerne sind aber auf die Zulieferung von Komponenten und Bauteilen aus dem Ausland, vorrangig aus China und Südkorea, angewiesen.
So ist Vietnam bislang im Wesentlichen ein reiner Montagestandort. In weiten Bereichen ist die Elektronikindustrie noch nicht in der Lage, international geforderten Qualitätsansprüchen zu genügen. Die Betriebe kommen damit in der Regel lediglich als Zulieferer technologisch wenig komplexer Bestandteile wie Kabel oder einfacher Plastikkomponenten in Betracht. Großunternehmen wie Samsung unterstützen lokale Hersteller bei der Aufwertung ihrer Produktion, um Kosten zu senken und besser vor internationalen Versorgungsengpässen und der Unterbrechung von Lieferketten geschützt zu sein.
Lediglich vereinzelte lokale Unternehmen, wie die Vingroup-Tocher Vinsmart, oder der staatliche Mobilfunk- und Technologiekonzern Viettel positionieren sich als Original Equipment Manufacturer (OEM). Beide Konzerne arbeiten in Kooperation mit Qualcomm an der Produktion 5G-fähiger Endgeräte.
Deutsche Elektronikunternehmen sind im Land bislang wenig vertreten. Im Umfeld von HCMC stellt Pepperl und Fuchs Sensoren her. Der Ladetechnikhersteller Friwo produziert ebenfalls im Süden des Landes und zählt mit seinen knapp 2.500 Angestellten mittlerweile zum drittgrößten deutschen Arbeitgeber in Vietnam.
Marktbeobachter bewerten die Möglichkeiten für deutsche Zulieferer gemischt. Grundsätzlich gute Chancen für deutsche Maschinen, Anlagen und Komponenten bestehen in all den Fällen, in denen entweder Spezialkomponenten und -anlagen gefragt sind oder mit dem Zielunternehmen schon in anderen Märkten kooperiert wurde. Bereits in Vietnam fertigende Unternehmen haben Branchenkennern zufolge verhältnismäßig gute Geschäftschancen. Da eine lokale Zulieferstruktur bislang fehlt, ist die Nachfrage nach im Land gefertigten Komponenten extrem hoch.