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Branchen | Brasilien | Druck-, Verlagserzeugnisse

Verlagsgewerbe

Für den Buchverlag verbesserten sich die Aussichten nach dem Einbruch 2020. Die Druckauflagen von Zeitschriften und Zeitungen werden das Vorkrisenniveau nicht wieder erreichen.

Von Gloria Rose | São Paulo

Markttrends: Brasilianer finden zurück zum Buch 

2020 mussten Brasiliens Verlagshäuser einen Rückgang um 8,8 Prozent auf einen Jahresumsatz von etwa 1 Milliarde US-Dollar (US$) hinnehmen. Mit dem Verkauf von digitalen Büchern erreichte das Verlagsgewerbe eine Absatzsteigerung um 85 Prozent, die auch durch deutliche Preisminderungen stimuliert wurde. Damit wurde weniger als 3 Prozent des Umsatzes über E-Books erzielt.

Laut der Erhebung des Marktforschungsinstituts Nielsen wurden 2020 mit 354 Millionen Exemplaren 18 Prozent weniger Bücher verkauft als im Vorjahr. Besonders stark litt der Verkauf an den Staat. Mit dem alljährlichen Programa Nacional do Livro Didático (PNLD) ist der Staat der größte Abnehmer von Schulbüchern, Lehr- und Lernmaterial, die etwa die Hälfte des brasilianischen Buchmarktes ausmachen.

Die private Nachfrage nach Büchern belebte sich im Laufe der Pandemie, so dass im Dezember 2020 fast 7 Prozent mehr Exemplare verkauft wurden als im Vorjahresmonat. Der Trend zum Buch soll den Absatz in diesem Jahr um voraussichtlich 20 Prozent steigern. Im 1. Halbjahr 2021 wurden 48,5 Prozent mehr Bücher verkauft als im Vorjahreszeitraum. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, der geringen Kaufkraft und der starken Konkurrenz von Medienanbietern wie Netflix dürften die Verlagshäuser vorsichtig bleiben. Risikominimierung durch kleinere Auflagen bleibt eine wichtige Strategie. 2020 ging die Anzahl von Neuauflagen um 17,4 Prozent zurück. Insgesamt sank die Anzahl der verlegten Titel damit um 7,8 Prozent auf 46.382. Die durchschnittliche Auflage pro Titel nahm um 20,5 Prozent ab.

Zeitungen und Zeitschriften verlieren Leser und Einnahmen

In der Pandemie schrumpfte der Markt für Zeitungen und Zeitschriften dramatisch. Die Druckauflage ging besonders stark zurück und wurde in einigen Fällen ganz eingestellt. Bei vielen Titeln nahmen auch die digitalen Abos ab. Die Finanzlage der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage wird zudem durch die stark rückläufigen Werbeeinnahmen belastet. 

Für die Zeitungsverleger bricht eine weitere Einnahmequelle ein. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu etwa 15 Millionen US$ dürfen ihre Bilanzen nun auch online veröffentlichen. Dadurch entfallen den Zeitungen jährliche Zuwendungen von rund 150 Millionen US$. Bis zur Verabschiedung des neuen Rechtsrahmens für Start-ups im Juni 2021 war die Veröffentlichung in gedruckten Tageszeitungen vorgeschrieben. Zudem erleichtert das Gesetz 13.818/2019 ab 2022 die Publizitätspflichten für Aktiengesellschaften.

Branchenstruktur/Wettbewerb: Pandemie beschleunigt den Umbruch im Vertrieb

Unter den weltweit umsatzstärksten Verlagshäusern finden sich zwei brasilianische: Somos Educação auf Rang 44 und FTD auf Rang 53. Somos Educação mit den Verlagen Atica, Scipione und Saraiva Educação kam 28,5 Prozent der staatlichen Ausgaben für das Schuljahr 2020 zu. Somos Educação gehört zu Vasta Educação, das sich im Oktober 2021 erneut über den Aufkauf des Verlags Editora Eleva vergrößerte. Vasta Educação wiederum ist Teil des börsennotierten Konglomerats Cogna Educação, das zu den weltgrößten Bildungskonzernen zählt.

Nach Somos Educação sind Moderna, FTD und Edicoes SM der spanischen Gruppe SM die bedeutendsten Schulbuchverlage Brasiliens. Moderna ist Teil von Santillana Brasil. Die Verlagsgruppe erwirtschaftet heute 42 Prozent des weltweiten Umsatzes des spanischen Medienkonglomerats Prisa. In den kommenden vier Jahren will Santillana Brasil rund 45 Millionen US$ in Schulmaterial für Privatschulen investieren und den Umsatz bis 2025 verdoppeln.

Laut dem Verband der Buchverleger SNEL verfügt Brasilien über mehr als 700 Verlagshäuser. Die Umstrukturierung im Vertrieb sorgt für eine hohe Dynamik. 2020 erfolgte nur noch 30 Prozent des Handels über Buchläden. Große Ketten, die über ihre Marktmacht die Preise diktieren, rutschten bereits vor der Coronakrise in Finanzschwierigkeiten. Nach dem Bankrott von Laselva mussten Saraiva und Livraria Cultura zahlreiche Läden schließen. Der virtuelle Verkauf von Büchern schloss auf und erzielte 2020 ein Viertel des Branchenumsatzes. Neben großen Onlinehändlern profitieren davon auch kleine unabhängige Verlage, die bei den großen Buchhandelsketten ohnehin kaum vertreten waren. In der Regel nutzen diese alternative Vertriebskanäle wie Online-Marktplätze, konzentrieren sich auf Marktnischen und punkten durch differenzierte Produkte. Zudem gewinnt der Selbstverlag einen immer größeren Stellenwert. 

Druckauflage von Zeitschriften und Zeitungen wird sich nicht erholen

Brasiliens Presselandschaft wird immer schmaler. Viele traditionelle Zeitungen stellten die Herausgabe ein. Andere beendeten die Druckauflage und erscheinen nur noch digital. Auch die großen Konzerne wie Brasiliens Mediengigant Globo sind von der Krise betroffen. Die Zeitschriftengruppe Abril löste 2021 ihre Druckerei auf.

Laut Daten des Instituts IVC ging die durchschnittliche Druckauflage der zehn bedeutendsten Tageszeitungen zwischen Dezember 2018 und Dezember 2020 um 33 Prozent zurück. Dafür erweiterten Folha, Globo, Estado, Super Notícia, Zero Hora, Valor Econômico, Correio Braziliense, Estado de Minas, A Tarde und O Povo die digitalen Abos um insgesamt 25,3 Prozent. Einen deutlicheren Einbruch verzeichnen die Zeitschriftenverlage. Allein 2020 fiel die Druckauflage der drei größten von IVC auditierten Zeitschriften Veja, Época und Exame um 38,9 Prozent. Die Gruppe Globo stellte im Mai 2021 die Druckauflage von Época ganz ein.

Rahmenbedingungen: Preisdruck würde Buchverkauf drosseln

Immer noch macht die lesende Bevölkerung weniger als 60 Prozent aus. Ausschlaggebend für die Nachfrage sei das Preisniveau am privaten Buchmarkt, urteilen Branchenvertreter. Maschinen und Vorprodukte werden durch die drastische Abwertung der brasilianischen Währung nach und nach verteuert und könnten Preisnachlässe beeinträchtigen. Besorgnis erregt auch die Steuerreform. Ein möglicher Steuersatz von 12 Prozent führte im 1. Halbjahr 2021 zu breiten Protesten des Sektors.

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