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Chiles Wasserstoffstrategie zieht Investitionen an

Chile will zum weltweit führenden Produzenten für grünen Wasserstoff werden. Investitionen aus dem Ausland sind willkommen – und die Bedingungen im Land hervorragend.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chile hat ehrgeizige Pläne in seiner Energiepolitik. Dies gilt insbesondere für die 2020 aufgestellte Grüne-Wasserstoff-Strategie. Diese verfolgt drei Ziele: bis 2025 zumindest 5 Gigawatt Elektrolysekapazität im Aufbau zu haben, bis 2030 der günstigste Hersteller von Wasserstoff zu sein (angestrebt ist ein Preis nach Einspeisen der Transportkosten von 1,3 US-Dollar (US$) pro Kilogramm Wasserstoff) und bis 2050 zu den drei weltgrößten Exporteuren für grünen Wasserstoff zu gehören. Auslandsinvestitionen, die zum Erreichen dieser Ziele führen, sind mehr als erwünscht. 

Staat fördert Wasserstoffprojekte

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die erste internationale Ausschreibungsrunde für staatlich geförderte Wasserstoffprojekte. Am 27. Dezember 2021 gab die staatliche Entwicklungsagentur CORFO (Corporación de Formento de la Prodcción de Chile) die Gewinner bekannt. Weitere Ausschreibungen dürften folgen.

Insgesamt weisen die Projekte eine Elektrolysekapazität von 388 Megawatt aus. Dies sei so viel wie derzeit weltweit an grünem Wasserstoff produziert werde, erläuterte der stellvertretende Präsident der CORFO, Pablo Terrazas. Damit könnten 45.000 Tonnen grüner Wasserstoff im Jahr erzeugt werden, was wiederum einer Ersparnis an Kohlendioxid-Emissionen von 600.000 Tonnen entspräche. Die sechs Projekte hätten gemeinsam einen Investitionswert von 1 Milliarde US$, Ziel sei eine Inbetriebnahme bis Ende 2025.  

Deutsche Unternehmen sind dabei

Zwei der sechs Projekte haben mehr oder weniger direkten Bezug zu Deutschland. Zum einen hat mit der Linde AG nach der Pilotanlage Haru-Oni ein weiterer Player aus Deutschland den Zuschlag erhalten. Im 2020 initiierten Haru-Oni-Projekt (was in der Sprache der indigenen lokalen Bevölkerung „Starker Wind“ bedeutet) sollen ab 2022 synthetische, klimaneutrale Elektrokraftstoffe hergestellt werden. Beteiligt sind hier Siemens Energy und die Porsche AG. Außerdem wird Haru-Oni durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie gefördert.

Das Projekt HyPro Aconcagua, wofür wiederum die Linde AG den Zuschlag erhielt, ist an eine Niederlassung der staatlichen Erdölfirma ENAP (Empresa Nacional de Petróleos) angebunden. Es umfasst eine Kapazität von 20 Megawatt und soll nach Fertigstellung bis zu 3.000 Tonnen Wasserstoff erzeugen.

Sozusagen ein Anschlussprojekt an das Haru-Oni-Werk von Siemens und Porsche stellt das CORFO-Vorhaben „Faro del Sur“ (Leuchtturm des Südens) dar. Beteiligt ist die lokale Tochter des italienischen Enel-Konzerns Enel Green Power Chile S.A. Neben dem lokalen Energieunternehmen AME und dem chilenischen Mineralölkonzern ENAP ist ENel überdies Projektpartner der Pilotanlage Haru-Oni. Kalkuliert sind eine Elektrolyseleistung von 240 Megawatt für 25.000 Tonnen grünen Wasserstoff. Dieser soll an die lokale Projektgesellschaft HIF-Chile verkauft werden, um Ethanol und grünes Benzin für den Export nach Europa zu produzieren. 

Die anderen vier Gewinner der ersten CORFO-Ausschreibung sind Air Liquide und Engie S.A. (beide Frankreich), der chilenische Betreiber des größten Flüssiggasterminals GNL Quintero S.A. sowie der chilenische Stahlproduzent CAP S.A.

Sieger-Projekte der ersten CORFO-Wasserstoffausschreibung 2021

Projekt; Ort

Beteiligte Firmen

Technische Daten

Fördersumme durch CORFO (in Mio. US$)

HyPro Aconcagua; Region Valparaíso

Linde AG (Deutschland), Empresa Nacional de Petróleos (ENAP; Chile)

Elektrolysekapazität: 20 Megawatt;

Jährliche Produktion von 3.000 Tonnen grünen Wasserstoffs; Umstellung der Herstellung von grauem auf grünen Wasserstoff in der zu ENAP gehörenden Aconcagua-Ölraffinerie

2,43

Faro del Sur; Region Magallanes

Enel Green Power Chile S.A. (zu Enel, Italien)

Elektrolysekapazität: 240 Megawatt;

Jährliche Produktion von 25.000 Tonnen grünen Wasserstoffs (als Energieträger zur Herstellung von Ethanol und grünem Benzin für Europa)

17,0

HyEx; Region Antofagasta

ENGIE S.A. (Frankreich)

Elektrolysekapazität: 26 Megawatt

Jährliche Produktion von 3.200 Tonnen grünen Wasserstoffs (als Input zur Produktion von grünem Ammoniak durch den chilenischen Bergbaukonzern Enaex)

9,5

Antofagasta Mining Energy Renewable (AMER); Region Antofagasta

Air Liquide S.A. (Frankreich)

Elektrolysekapazität: 80 Megawatt

Jährliche Produktion von 60.000 Tonnen Ethanol aus erneuerbaren Energieträgern


11,8

Hidrógeno Verde Bahía Quintero; Region Valparaíso

GNL Quintero S.A. (Chile)

Elektrolysekapazität: 10 Megawatt

Jährliche Produktion von 430 Tonnen grünen Wasserstoffs


5,7

H2V CAP; Region Biobío

CAP S.A. (Chile)

Elektrolysekapazität: 20 Megawatt

Jährliche Produktion von 1.550 Tonnen grünen Wasserstoffs

3,6

Quelle: CORFO

Bislang größtes Wasserstoffprojekt angekündigt 

Die neuen Projekte bringen Chile seinem Ziel, zur führenden Nation für die Produktion und den Export von grünem Wasserstoff zu werden, ein gutes Stück näher. Ein weiterer Meilenstein war die Bekanntgabe des Mega-Projektes „H2 Magallanes“. Dieses wurde Anfang Dezember 2021 von dem chilenischen Energie- und Bergbauminister Jobet vorgestellt. Der Bau des bislang größten Wasserstoffprojektes des Landes (unter dem französischen Energiekonzern Total Eren) soll 2025 beginnen und zwei Jahre später abgeschlossen sein. „H2 Magallanes“ umfasst eine installierte Windkapazität von 10 Gigawatt, eine Elektrolysekapazität von 8 Gigawatt, eine Entsalzungsanlage, eine Ammoniakanlage sowie eine Hafenanlage für den Transport von grünem Ammoniak.

Chile bietet exzellente natürliche Bedingungen

Das Interesse ausländischer Investoren an Chile ist nicht unbegründet. Nach dem Bloomberg-Bericht  „Climatrescope 2021“ belegt das Land derzeit im Energiesektor unter 136 Staaten Rang zwei (2020 noch Rang eins) knapp hinter Indien und vor China. In seinem Ranking misst Bloomberg seit zehn Jahren den Umfang und die Entwicklung erneuerbarer Energieträger. Erstmals kam 2021 der Faktor Dekarbonisierung des Verkehrs- und Gebäudesektors hinzu - Elemente, die in Chile noch stark steigerungsfähig sind.

Seine hervorragende Stellung verdankt Chile dagegen den exzellenten natürlichen Voraussetzungen zur Gewinnung von Strom aus Wind- und Sonnenenergie: So ist die Atacama-Wüste im Norden einer der Orte mit der intensivsten Sonneneinstrahlung der Welt, und an der Küste blasen Onshore-Winde in einer Intensität, die andernorts nur offshore erreicht wird. Laut einer Studie der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), gemeinsam mit dem chilenischen Energieministerium, besitzt Chile ein Potenzial für erneuerbare Energieträger von 1.800 Gigawatt.

Ambitionierte Klimaziele 

Andererseits betreibt das Land schon seit Jahren eine zielgerichtete Klimapolitik hin zur Energiewende. Chile will bis 2050 klimaneutral werden. Der Ausstieg aus der Kohle wurde 2021 auf 2030 vorgezogen. Bereits heute stammt etwa ein Viertel des vor Ort produzierten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern und wird konsequent ausgebaut.

In der Folge zählte das Land „am Ende der Welt“ 2020 laut Bloomberg zu den 15 Ländern mit den höchsten Investitionen in erneuerbare Energieträger. Im Durchschnittswert 2015 bis 2020 war es hier noch gar nicht zu finden gewesen.

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Für deutsche Unternehmen, die sich für den chilenischen Energie- und Bergbausektor interessieren, empfiehlt sich insbesondere der Besuch der Exponor. Die Messe findet vom 13. bis 16. Juni 2022 in Antofagasta statt. Partnerland ist in diesem Jahr erstmals Deutschland, nachdem dies bisher nur klassische Bergbauländer und die VR China waren.

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