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Wirtschaftsumfeld | Chile | Währung, Inflation

Höchste Teuerungsrate in Chile seit 14 Jahren

In Chile steigen die Preise 2022 weiter. Auch nach außen verliert der Peso an Wert. Trotzdem bleibt das Inflationsrisiko kalkulierbar.


Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chile schloss 2021 im Jahresvergleich mit einer rekordträchtigen Teuerungsrate von 7,2 Prozent ab. Seit Ende 2020 eine Inflation von 3 Prozent verzeichnet worden war, kannte die Inflationskurve nur noch eine Richtung: nach oben - und das dürfte 2022 zunächst so bleiben.

Zentralbank steuert gegen 

Die chilenische Zentralbank hob bereits im Dezember 2021 den Leitzins auf 4 Prozent an, den höchsten Wert seit 2014. Eine weitere Erhöhung auf über 5 Prozent ist noch im Januar 2022 zu erwarten. Doch ob das ausreicht, den Zielkorridor für die Inflation im Jahr 2022 von 2 bis 4 Prozent einzuhalten, ist eher zweifelhaft. Denn die erwarteten Maßnahmen unter der neu gewählten Regierung wie zusätzliche Ausgaben oder die angekündigte Erhöhung der Mindestlöhne werden die Preisspirale (ungewollt) weiter nach oben schrauben.

US-Dollar als Alternative

Ebenfalls dürfte sich - unabhängig von den politischen Unsicherheiten über die künftigen Entwicklungen - die ohnehin schon stattfindende Flucht in den US-Dollar (US$) weiter verstärken. Laut Zentralbank haben in den sechs Monaten von März bis August 2021 rund 8,8 Milliarden US$ das Land verlassen. In den vergangenen zwei Jahren von September 2019 bis August 2021 waren es rund 50 Milliarden US$.

Ferner boomt die Zahl der im Land in ausländischer Währung geführten laufenden Konten (davon die Mehrheit in US-Dollar). Hatte die Finanzmarktkommission (Comisión para el Mercado Financiero, CMF) 2020 noch 141.678 solcher Konten registriert, waren es bis Oktober 2021 schon 181.847; und waren dort 2020 noch etwas über 35 Milliarden US$ gehalten worden, so stieg der akkumulierte Wert bis Oktober 2021 auf fast 47 Milliarden US$.

Sinkende Investitionsneigung befürchtet

Da die Zinsen im Zuge der Inflationsbekämpfung steigen und eine striktere Kreditpolitik erwartet wird, steht 2022 weniger Geld für Investitionen zur Verfügung. Ferner haben die vorgezogenen Auszahlungen aus den Rentenfonds (Coronahilfen) deren Liquidität stark geschwächt. Damit stehen diesen Fonds als Investoren - etwa für große Infrastrukturvorhaben - entsprechend weniger Mittel zur Verfügung.

Mit seinen inflationären Tendenzen steht Chile 2021 angesichts 7 Prozent Inflation in den USA und 5 Prozent im Euro-Raum weder im globalen noch im regionalen Kontext allein. Auch ist die Situation keinesfalls derart drastisch wie etwa in Argentinien. Hier sind die Konsumentenpreise im Jahr 2021 um mehr als 50 Prozent in die Höhe geschnellt.

Inflations- und Währungsrisiken lassen sich absichern

Tatsächlich können sich Unternehmen und selbst Privatpersonen in Chile relativ gut gegen Inflations- und Währungsrisiken absichern. So sind in einigen Branchen Vertragsabschlüsse in US-Dollar möglich oder sogar gängig. Außerdem ist der Unidad de Formento (UF) eine Alternative bei Vertragsabschlüssen. Dabei handelt es sich um eine Rechnungswährung, deren Wechselkurs zum Peso regelmäßig an den Inflationsindex angepasst wird. Ihre Kaufkraft bleibt daher im Zeitverlauf konstant.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer nach wie vor eher geringen Staatsverschuldung von rund 33 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleibt Chile daher für Investoren absehbar ein Land mit finanztechnisch gesehen kalkulierbaren Risiken.

Preistreiber hohe Inlandsnachfrage plus weltwirtschaftliche Verwerfungen

Dessen ungeachtet müssen die Statistiker tatsächlich bis ins Jahr 2007 zurückgehen, um auf höhere Teuerungsraten als 2021 zu stoßen (damals 7,8 Prozent). Hauptgründe für die aktuelle Geldentwertung sind die große Liquidität, die die Nachfrage angeheizt hat, aber auch der Dollarkurs. 

Erstere ist vor allem auf die zahlreichen staatlichen Finanzhilfen während der Pandemie zurückzuführen. Diese summierten sich laut staatlichem Statistikamt (Instituto Nacional de Estadísticas; INE) auf mehr als 50 Milliarden US$. Dazu gehörten Subventionszahlungen sowie Sonderzahlungen aus den Pensionsfonds. Hinzu kam die weltweite Problematik der Lieferketten, welche auch in der chilenischen Wirtschaft ihre Spuren hinterließ.

Dabei schien das Gespenst der Geldentwertung in Chile - anders als in vielen anderen Staaten der Region - schon gebannt zu sein. In der vergangenen Dekade (2010 bis 2020) hatte sich der Inflationswert fast zuverlässig zwischen 1,5 und 4,6 Prozent bewegt; der Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre (2016 bis 2020) betrug 2,7 Prozent plus/minus 0,3 Prozent.

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Mit der steigenden Inflation im Inland geht eine Abwertung des Chilenischen Pesos insbesondere gegenüber dem US-Dollar einher. Dies ist umso gravierender, da dessen Stärke bislang stets mit der Höhe des Kupferpreises korrelierte. Dieser erreichte 2021 Höchststände - und trotzdem tauschten die Banken zum 31. Dezember 2021 für 1.000 Pesos nur noch 1,177 US$ -  am 1. Januar 2021 waren es noch 1,400 US$ gewesen.

Teurer Dollar - teure Importe

Entsprechend verteuerten sich Importprodukte. Besonders groß waren die Anstiege bei Energie und Transport: Benzin wurde im Jahresverlauf 2021 um 33,7 Prozent teurer und Flüssiggas um 23,5 Prozent. Die Preise für den überregionalen Busverkehr schnellten um 37 Prozent in die Höhe und die für Flüge sogar um 61,5 Prozent. Wer ein neues Auto (alle Autos in Chile sind importiert) kaufen wollte, musste im Schnitt 19,5 Prozent tiefer in die Tasche greifen. Hier wirkte speziell die Kombination aus boomender Nachfrage und Lieferschwierigkeiten infolge des weltweiten Chipmangels und von Engpässen im Schiffstransport preistreibend. 

Aber auch die Preise für Nahrungsmittel legten ordentlich zu. Für Brot beispielsweise mussten die Verbraucher Ende Dezember 2021 rund 8 Prozent mehr bezahlen als noch zu Jahresbeginn - und für Rindfleisch sogar 20,6 Prozent. Auch hier steht Chile nicht allein. Der Lebensmittelpreisindex der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) stieg 2021 weltweit um 125,7 Punkte und lag damit um 28,1 Prozent über dem Wert des Jahres 2020. Es wird erwartet, dass die Lebensmittelpreise  2022 weiter hoch bleiben.

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